Großer Überblick
Die Windkraft-Pläne für Kärnten
DOSSIER. 18.000 Haushalte können derzeit in Kärnten mit dem Strom von zehn Windrädern versorgt werden. Potenzial gäbe es für zahlreiche mehr. Doch am 12. Jänner 2025 stimmten die Kärntnerinnen und Kärntner in einer Volksbefragung für ein Verbot des weiteren Ausbaus. Die Landesregierung wollte ausbauen, allerdings klar begrenzt. Ein Überblick, Stand 13. Jänner 2025.
Von Jonas Binder (Karten), Günter Pichler (Infografiken) und Uwe Sommersguter
Anfang Jänner 2025 waren in Kärnten zehn Windräder am Netz. Sie produzieren jährlich 64 Gigawattstunden Strom, versorgen in Summe also 18.000 Haushalte. Nicht mitgezählt sind dabei Kleinwindkraft-Anlagen wie jene auf dem Frantschacher Hof von Landwirt und Energie-Pionier Franz Dorner, der den Windkraft-Ausbau im Bundesland vorantreiben will.
Neben dem Bestand ist in Kärnten der Bau von acht weiteren Windrädern rechtskräftig genehmigt, über 15 weitere entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. Bei neun Anlagen laufen Genehmigungsverfahren.
Damit könnten in den nächsten Jahren 32 neue Windräder entstehen, die großteils dem Zugriff des Landes (und damit einem möglichen Verbot) entzogen sind. Denn: Ob in Zukunft darüber hinaus noch weitere Anlagen gebaut werden können, ist mehr als ungewiss: Am 12. Jänner 2025 waren die Kärntnerinnen und Kärntner aufgerufen, in einer Volksbefragung über die Zukunft der Windkraft in ihrem Land abzustimmen: 51,5 Prozent sprachen sich für ein Verbot von Windrädern in Kärnten aus. Das Ergebnis ist für die Politik (im Gegensatz zu einer Volksabstimmung) aber nicht bindend.
Soll zum Schutz der Kärntner Natur (einschließlich des Landschaftsbildes) die Errichtung weiterer Windkraftanlagen auf Bergen und Almen in Kärnten landesgesetzlich verboten werden?
So lautete die Fragestellung, zu beantworten mit Ja oder Nein. Die Volksbefragung wurde von der FPÖ und dem Team Kärnten im Landtag erwirkt. Stimmberechtigt waren alle österreichischen Staatsbürger ab 16 Jahren mit Hauptwohnsitz in Kärnten. Gegen ein Verbot positionierten sich etwa Wirtschaft, Industrie, die Kirche, der Klimabeirat oder diverse Aktivistengruppen (Fridays for Future, Scientists for Future, Attac). Der Österreichische Alpenverein spricht sich seit Jahren gegen Windräder in den Kärntner Bergen aus, hat aber keine klare Empfehlung für die Befragung abgegeben.
So hat Kärnten abgestimmt
Zum Ergebnis der Windkraft-Volksbefragung
Die aktuelle Lage
Im Bundesländervergleich liegt Kärnten aktuell in Sachen Windkraft weit abgeschlagen hinter Niederösterreich, dem Burgenland, der Steiermark und auch Oberösterreich. Österreichweit ist eine Leistung von 4028 Megawatt (MW) verbaut.
Laut der Interessensgemeinschaft (IG) Windkraft würde Kärnten indes über das technische Potenzial für 400 Windräder bzw. 6300 Gigawattstunden jährlichen Strom aus Windkraft verfügen.
Gegen ein Verbot sind auch die Landes-SPÖ und -ÖVP. Geht es nach dem zuständigen Landeshauptmann-Stellvertreter und Raumordnungsreferenten Martin Gruber sowie Energiereferenten Sebastian Schuschnig (beide ÖVP), soll in Kärnten ausgebaut werden, allerdings begrenzt. Zu den bestehenden oder im Genehmigungsverfahren befindlichen Windrädern sollen demnach maximal 50 hinzukommen. Damit gäbe es also insgesamt weniger als 100 Anlagen (mit einer Jahresleistung von maximal 800 bis 1000 Gigawattstunden) in ganz Kärnten – und das in klar definierten Zonen.
Wo wird ausgebaut? Anders als in der Steiermark, wo die Landesregierung bereits 2013 ein Windkraft-Sachprogramm mit Ausbau-Vorrangzonen vorgelegt und 2019 novelliert hat, gab es in Kärnten bis dato kein entsprechendes Entwicklungsprogramm.
Windkraftzonen
Windverhältnisse
Bestehende Anlagen
Ausbauprojekte
Plöckenpass
Soboth und Lavamünd
Steinberger Alpe
Bärofen
Peterer Alpe
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Wo wird ausgebaut? Anders als in der Steiermark, wo die Landesregierung bereits 2013 ein Windkraft-Sachprogramm mit Ausbau-Vorrangzonen vorgelegt und 2019 novelliert hat, gab es in Kärnten bis dato kein entsprechendes Entwicklungsprogramm.
Windkraftzonen
Die Zonen erstrecken sich auf die sieben Gemeinden Metnitz, Friesach, Hüttenberg, Reichenfels, Preitenegg, St. Georgen im Lavanttal und Lavamünd. Alle liegen im Nordosten des Landes an der Grenze zur Steiermark, teilweise unweit von bestehenden steirischen Vorrangzonen.
Windverhältnisse
Bestand und Ausbau
Plöckenpass
Soboth und Lavamünd
Steinberger Alpe
Bärofen
Peterer Alpe
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Hinweis: Die Lage der geplanten Windräder ist ungefähr und anhand von Plänen nachgezeichnet, während die Bestandsanlagen anhand von Geodaten des Bundesamts für Eich- und Vermessungswesen verortet wurden. Die neuen (nicht maßstabsgetreuen) Windkraftzonen sind gemäß einer Karte des Landes Kärnten nachgezeichnet. Schematische Darstellung der Windräder, Größenverhältnisse zueinander bzw. zum Gelände sind nicht maßstabsgetreu.
Wo es weitere Projektideen gibt
Mit dem bereits genehmigten Projekt (Bärofen/Frantschach-St. Gertraud) sowie jenen im laufenden Genehmigungsverfahren würde sich die insgesamt installierte Leistung in Kärnten verfünffachen.
Eine weitere Projektidee im Lavanttal steht bereit seit mehr als zehn Jahren im Raum: ein Windpark in Preitenegg auf der Pack, unweit der Grenze zur Steiermark. Zehn Windkraftanlagen mit einer Leistung von 45 Megawatt sollen entstehen, 2024 schien wieder etwas Bewegung in die Sache zu kommen.
Vorstöße gibt es auch im Bezirk St. Veit: Von Projekten im Metnitztal, die in frühen Entwicklungsstadien seien, berichtete Martin Jaksch-Fliegenschnee von der IG Windkraft bereits im Herbst 2023. Tatsächlich erstrecken sich die vom Land geplanten Windkraftzonen auch auf die Gemeinden Metnitz, Friesach und Hüttenberg.
Für in Summe 44 Windräder gäbe es Projektideen in der Gemeinde Metnitz: Auf der Kuchalm waren 16 Windräder geplant (das Vorhaben musste zurück an den Start), 16 Windkraftanlagen sollten im Projektgebiet Mödringberg und zwölf Windkraftanlagen im Projektgebiet Ackerlhöhe entstehen.
„Bei uns sind auf der Grebenzen rund zehn Windräder geplant, und es gab auch schon Optionsverträge“, berichtet der Friesacher Bürgermeister Josef Kronlechner (SPÖ). Ein Adler könnte dem Vorhaben aber einen Strich durch die Rechnung machen.
Im Bezirk Feldkirchen gab es um Gnesau auf der „Schön“ (12) und der „Lichteben“ (5) ebenfalls Projektideen. Allerdings: Das Land plant dort keine Windkraftzonen. Projektinitiator Franz Dorner und die Firma Ecowind haben sich seit der Zonierung zurückgezogen und verfolgen derzeit das Projekt nicht mehr.
So funktioniert die Windenergie-Erzeugung
Windradtypen
Im Wesentlichen haben sich bis heute zwei verschiedene Windradtypen durchgesetzt: Anlagen mit und Anlagen ohne Getriebe. Neben diesen zwei Typen gibt es, je nach Hersteller und Region, noch andere Bauformen.
(schematische Darstellungen)
Das getriebelose System ist sehr kompakt und kommt mit weniger Bauteilen aus, der Generator (Ringgenerator) ist schwerer und größer als bei Getriebeanlagen. Ringgeneratoren sind teurer als klassische Synchrongeneratoren.
Um sich an die Windsituation anzupassen, können Gondeln und Rotorblätter bei den meisten Anlagen elektronisch verstellt (gedreht) werden. Eingebaute Bremsen sichern die Rotoren bei Sturm oder Wartungsarbeiten.
Das klassische Konzept – Rotor, Getriebe und Generator – ermöglicht kleinere Bauweisen (Gondeln).
Getriebeanlagen haben als Nachteil höhere Wartungskosten. Getriebe nützen sich ab, benötigen u. a. Ölwechsel und sind reparaturanfälliger.
Getriebe produzieren Wärme. Um ein Überhitzen zu verhindern, müssen sie gekühlt werden und benötigen ein Kühlsystem.
Das hier beschriebene Modell erklärt das Prinzip einer durchschnittlichen Festlandanlage. Je nach Hersteller, Bauweise, Anlagentyp, regionaler Boden- und Geländebeschaffenheit oder Baujahr kann es zu Abweichungen zu den hier beschriebenen Angaben kommen.
Die wichtigsten Bauteile einer Windkraftanlage sind Fundament, Turm, Gondel und Rotor. Drei Rotorblätter sind in gleichmäßigen Abständen an der Gondel über dem Turm angebracht. Dieses Baudesign hat sich seit den 1980er-Jahren durchgesetzt.
Das Fundament dient der Standfestigkeit der Anlage. Die meisten Fundamente von Windkraftanlagen auf dem Festland bestehen aus Beton und Stahl.
Der Turm ist der größte und schwerste Teil der Anlage. An den Kosten der gesamten Anlage hat der Turm einen Anteil zwischen 15 und 25 %. Je nach Standort und Bodenbeschaffung variieren die Turmhöhen. Im Turm befinden sich auch der Aufstieg zur Gondel und die Kabelstraße.
Die aerodynamischen, meist aus glasfaserverstärktem Kunststoff bestehenden Rotorblätter können per Computersteuerung an die Windrichtung und Windstärke angepasst werden.
Die Gondel beherbergt mit Getriebe, Generator zur Stromerzeugung und zahlreichen Messsystemen die wichtigsten Komponenten der Anlage. Die Gondel ist drehbar und kann sich dadurch den Windrichtungen anpassen.
Ein Windrad mit 5 Megawatt Leistung kann pro Jahr Strom für ungefähr 3700 Haushalte erzeugen.
Technische Entwicklung
Windkraftanlagen gibt es mittlerweile in jeder Größenordnung, von kleinen Balkonanlagen bis hin zu großen Windrädern in Windparks, die Höhen über 200 Meter erreichen. Hinweis: Die folgende Grafik illustriert, was technisch im Laufe der Jahre möglich wurde – das heißt aber nicht, dass derartige Anlagen auch tatsächlich in Kärnten bzw. Österreich stehen.
Das Prinzip der Energiegewinnung einer Windkraftanlage ist die Umwandlung der Bewegungsenergie des Windes in Strom.
Man unterscheidet auch zwischen Onshore-Windkraftanlagen an Land und Offshore-Windparks, die sich im Wasser, z. B. auf See, befinden. Das Prinzip der Energiegewinnung ist an Land oder auf See gleich.
Diese Illustration zeigt Onshore-Anlagen an Land.
Prandtl-Schicht nennt man die bodennahe Grenzschicht der Atmosphäre, die unmittelbar an die Erdoberfläche anschießt (bis etwa 100 m Höhe).
In der bodennahen Luftschicht ist die Luft – wegen der vielen Hindernisse wie z. B. Häuser, Bäume usw. – sehr turbulent.
Als Ekman-Schicht bezeichnet man den oberen Teil der atmosphärischen Grenzschicht. Sie reicht vom Ende der Prandtl-Schicht in ca. 100 Meter bis in etwa 1000 Meter Höhe.
In den höheren Luftschichten bläst der Wind gleichmäßig konstant. Deshalb werden Windräder möglichst hoch gebaut.
Je gleichmäßiger der Wind bläst, desto mehr Strom kann mit einer Windkraftanlage erzeugt werden.
Mit jedem Meter Bauhöhe steigt der Stromertrag um 1 %.
Mit einer Verdoppelung der Flügellänge steigt der Stromertrag um das Vierfache.
Die doppelte Windgeschwindigkeit erzeugt den achtfachen Energieertrag.
Hinweis: Die beispielhaften Angaben zur technischen Entwicklung stammen vom deutschen Bundesverband Windenergie. Die österreichische IG Windkraft weist darauf hin, dass Anlagen mit einer Leistung von 12 MW derzeit weltweit noch nirgends im Regelbetrieb eingesetzt werden.
Quellen: IG Windkraft, UVP-Datenbank, Land Kärnten, Kleine Zeitung, Bundesverband Windenergie Deutschland, Wien.Info
Kartengrundlage: Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen
Windrad-Standorte: Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen, IG Windkraft, Projektwerber
Renderings und Illustrationen: Adobe Stock (7), Bundesverband Windenergie Deutschland
Video: Adobe Stock