Windkraft in der Steiermark

Wo sich bereits Windräder drehen und wo noch ausgebaut wird

ÜBERBLICK. 118 Windräder gibt es in der Steiermark und etliche weitere sollen demnächst dazukommen. Unser großer, grafisch aufbereitete Überblick über die Windkraft im Land, Stand Februar 2024.

Von Günter Pilch (Text), Günter Pichler (Infografiken) und Jonas Binder (Karten)

In den vergangenen 20 Jahren ist die Windkraft in der Steiermark kräftig ausgebaut worden. Besonders stark war der Zuwachs seit 2012: Die installierte Windkraft-Leistung im Land hat sich seither fast versechsfacht. Heute sind in der Steiermark 118 Windräder mit einer gesammelten Leistung von rund 310 Megawatt (MW) am Netz. Zum Vergleich: Das ist deutlich mehr als die elektrische Leistung des einstigen Kohlekraftwerks in Mellach (225 MW) und das 17-Fache des Grazer Murkraftwerks (17,7 MW). 

Im Bundesländervergleich liegt die Steiermark in Sachen Windkraft hinter Niederösterreich und dem Burgenland mit ihren weiten, windigen Ebenen an dritter Stelle. Der Branchenverband IG Windkraft ordnet der Steiermark allerdings in Summe ein größeres Windkraftpotenzial zu als dem Burgenland. Die übrigen Alpenbundesländer liegen noch weit abgeschlagen hinter der Grünen Mark. Tirol, Vorarlberg und Salzburg verfügen bislang über kein einziges Windrad. 

Genug konstanten Wind, um kommerzielle Windräder betreiben zu können, gibt es in der Steiermark vor allem auf den Bergrücken, während sich der Süden des Landes dafür nicht eignet.

Die steirische Landesregierung hat 2013 ein Entwicklungsprogramm erarbeitet, das einen rechtlichen Rahmen für den Ausbau von Windkraftwerken vorgibt. 2019 wurde es novelliert.

Die Steiermark ist 16.400 Quadratkilometer groß. Etwa 77 Prozent der Landesfläche unterliegen der  Alpenkonvention.  Das Entwicklungsprogramm bezieht sich nur auf diesen Raum.
Denn nur im Alpenraum gibt es Gebiete, in denen in der Steiermark das Windangebot für einen effizienten Betrieb von Windrädern ausreicht. Diese Gebiete wiederum machen weniger als zehn Prozent der Landesfläche aus. Gelbe Bereiche zeigen dabei Windstärken  von 18 bis 23 km/h  an, rote Bereiche kennzeichnen Geschwindigkeiten von  mehr als 28,8 km/h. 
Doch knapp ein Drittel des Alpenraumes – darunter viele Gebiete mit großem Windpotenzial – sind im Entwicklungsprogramm als  Ausschlusszonen  definiert, dort dürfen also keine Windparks angelegt werden. Es handelt sich dabei unter anderem um besonders sensible Landschaften und Lebensräume, etwa für Birkhühner.

44,6 Quadratkilometer sind hingegen als sogenannte  Vorrangzonen  festgelegt. Dort soll vorrangig ausgebaut werden, die Gebiete sind bereits für Windkraftnutzung gewidmet. Diese insgesamt 14 Gebiete machen nur 0,35 Prozent der steirischen Alpenfläche aus. Weiters gibt es noch drei  Eignungszonen  mit einer Gesamtgröße von 1,4 Quadratkilometern (0,01 Prozent der Alpen). In Eignungszonen obliegt die Widmung den Standortgemeinden.
In acht der 14  Vorrangzonen  sowie in zwei der drei  Eignungszonen  ...

... drehen sich bereits Windräder – die eine Anlage am Präbichl liegt außerhalb der Eignungszone. Auch weitere Windräder gibt es, die sich außerhalb der Zonen befinden.
Neben den steiermarkweit insgesamt 118  bestehenden Windrädern sind Anfang 2024 auf der weststeirischen Freiländeralm 17 Windräder im Bau, während im Bezirk Leoben die Errichtung von vier Anlagen im Frühling begonnen und noch im Laufe des Jahres abgeschlossen werden soll.
Außerdem sind bereits einige weitere Windparks geplant. Behördliche Verfahren laufen bei drei neuen Projekten, die insgesamt  42 Windräder* umfassen. Scrollen Sie weiter, um Details zu den laufenden Projekten zu erfahren!
*Nicht eingerechnet ist in diese Zahl das Modernisierungsprojekt Steinriegel (Gemeindegebiet von Langenwang, Krieglach und Ratten).

Hinweis: Die Lage der geplanten Windräder ist ungefähr und anhand von Plänen nachgezeichnet, während jene der Bestandsanlagen überwiegend anhand von Geodaten des Bundesamts für Eich- und Vermessungswesen bestimmt ist. Schematische Darstellung der Windräder, Größenverhältnisse zueinander bzw. zum Gelände sind nicht maßstabsgetreu.

Windpark Silbersberg

An der Gemeindegrenze von Trofaiach und Vordernberg (Bezirk Leoben) soll im Laufe des Jahres 2024 der kleine Windpark "Silbersberg" entstehen (Baubeginn im Frühling). Errichtet werden die  vier Windräder  mit einer Gesamtleistung von 13,8 MW allerdings nicht auf dem namensgebenden Berg, sondern dem benachbarten Klammkogel. Das Projektgebiet liegt außerhalb von Vorrang- oder Eignungszonen. Aufgrund der Größe war keine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich.

Vorrangzonen Pretul und Steinriegel

Gleich vier Windparks mit 45 Windrädern sind in den beiden Vorrangzonen Steinriegel und Pretul (Foto) zu finden, die an der Bezirksgrenze von Weiz und Bruck-Mürzzuschlag in den Gemeinden Ratten, Rettenegg, Langenwang und Mürzzuschlag liegen. Gesamtleistung: mehr als 100 Megawatt (MW).

Außerhalb der beiden Vorrangzonen gingen Anfang 2024 nach einem Probebetrieb die vier Windräder des Windparks Pretul 2 ans Netz. Sie leisten zusammen 16,6 MW.
Zudem sollen die zehn Anlagen des bestehenden Parks  Steinriegel 1  durch zwölf neue Windräder ersetzt werden. Somit werden künftig in Summe um 38,6 MW mehr produziert. Das Ausbauprojekt ist bereits genehmigt.

Vorrangzone Gruberkogel

Gegenüber der Pretul liegt in der Gemeinde Rettenegg auf der anderen Talseite der Gruberkogel – dieser ist noch windradlos. In der gleichnamigen Vorrangzone sollen aber  9 Windräder  errichtet werden und eine Gesamtleistung von 38,7 MW erbringen. Das Projekt liegt in zweiter Instanz des Genehmigungsverfahrens.
Die  6 Windräder  weiter südlich gehörigen übrigens zum bestehenden Windpark Herrenstein.

Vorrangzone Freiländeralm

Vier Windräder hat die Energie Steiermark 2014 bzw. 2018 schon auf der Freiländeralm im Bezirk Deutschlandsberg errichtet.

Auf der Freiländeralm gesellen sich bald  17 weitere Windräder  dazu, die in Summe 102 MW Leistung liefern. Fünf der Windräder liegen dabei außerhalb der Vorrangzone, die Gebiete der Gemeinden Deutschlandsberg, Edelschrott und Hirschegg-Pack (Bezirke Deutschlandsberg und Voitsberg) umfasst. Das Projekt hat im Herbst 2023 grünes Licht bekommen.

Vorrangzone Soboth

Ebenfalls noch keine Windräder stehen aktuell in der Vorrangzone Soboth in der Gemeinde Eibiswald (Bezirk Deutschlandsberg). Künftig sollen sich dort  15 Rotoren  drehen und eine Gesamtleistung von 93 MW produzieren. Das Projekt bekam in erster Instanz grünes Licht, das Verfahren dürfte aber in die zweite Instanz wandern.

Vorrangzone Stubalpe

Am Salzstiegl an der Bezirksgrenze von Voitsberg und Leoben thronen aktuell zwei Windräder – die beiden Anlagen erzeugen den Strom für das Skigebiet. Fünf weitere Windräder drehen sich am Gaberl (Foto).

 18 weitere Anlagen  sollen in Zukunft im Rahmen des gleichnamigen Windparks in der Vorrangzone Stubalpe, der sich auf die Gemeinden Hirschegg-Pack, Maria Lankowitz und Weißkirchen erstreckt, errichtet werden und dabei 57,6 MW leisten. Das Projekt liegt vor dem Höchstgericht.

Wo noch Platz für Windkraft wäre

Doch wo wäre, neben den bestehenden, im Bau befindlichen und neu geplanten Windrädern im Genehmigungsverfahren, überhaupt noch Platz für weitere Anlagen? Noch keine Windräder – also grundsätzlich Ausbau-Potenzial – gebe es in vier Vorrangzonen und einer Eignungszone.

Und tatsächlich sind in den Vorrangzonen Kletschachkogel und Rosskogel Projekte geplant, wie Martin Jaksch-Fliegenschnee vom Branchenverband IG Windkraft weiß. Doch auch in manchen bereits "besetzten" Vorrangzonen ist teils noch Platz – Jaksch-Fliegenschnee nennt hier die Vorrangzone Hochpürschtling als Projektgebiet.

Weitere geplante Projekte

Aber nicht nur in den Vorrang- oder Eignungszonen werden neue Windparks geplant. Ein Projekt, zu dem noch nicht viele Details bekannt sind, soll etwa in der Veitsch (Bezirk Bruck-Mürzzuschlag) auf dem Schwarzkogel entstehen. Sechs Windräder wollen dort die Industriebetriebe RHI Magnesita und Breitenfeld Edelstahl errichten. Im Bezirk Liezen will indes eine Investorengruppe mehrerer steirischer Energieunternehmen auf dem Hubereck (zwischen Admont und Rottenmann) sechs bis 14 Windräder errichten.

Konkreter, aber Anfang Juli 2023 ebenfalls noch nicht im Genehmigungsverfahren, ist das Projekt Herrenwaldrücken am Bergrücken im Norden von Trieben (Bezirk Liezen). In einer Befragung stimmte die Gemeindebevölkerung zu 55 Prozent für den Windpark. Errichtet werden sollen  sechs Anlagen  mit einer Gesamtleistung von 27 MW.

Zusammenfassend befinden sich mit Stand Februar 2024 steiermarkweit also Projekte mit 42 Windrädern mit einer Gesamtleistung von knapp 190 MW im behördlichen Genehmigungsverfahren. Das entspricht gut 60 Prozent der aktuell verfügbaren Leistung. Zusätzlich sind bereits Anlagen mit etwa 115 MW im Bau bzw. beginnt deren Bau heuer. Die bereits genehmigte Modernisierung des Windparks Steinriegel bringt zudem einen Netto-Zuwachs von zwei Windrädern bzw. 38,6 MW. Darüber hinaus sind laut Fliegenschnee noch etwa 90 Windräder mit einer Leistung von 550 MW im Planungs-, allerdings noch nicht im Genehmigungsverfahren.

Insgesamt hat sich das Land Steiermark in der Klima- und Energiestrategie das Ziel gesetzt, bis 2030 jährlich 2,9 Terawattstunden Windstrom zu produzieren. Dafür müsste der Windrad-Bestand auf rund 250 Rotoren anwachsen. Machbar ist das allerdings nur, wenn weitere Windpark-Standorte geplant werden. Beim Land hat man deshalb bereits die Vorarbeiten für eine zweite Überarbeitung des Entwicklungsprogramms Windkraft gestartet. Am Ende des Prozesses dürften weitere Vorrangzonen stehen. 

Abgeblasene Windparks

Keinen Windpark bekommt jedenfalls die Gemeinde Gaal (Bezirk Murtal). Fast 72 Prozent der Bürger stimmten gegen die geplanten acht Windräder auf der Brandkuppe. Abgeblasen wurde auch ein Projekt in der Vorrangzone Bocksruck-Habring. Der geplante, gleichnamige Windpark in den Gemeinden Unzmarkt-Frauenburg, St. Georgen ob Judenburg und Pölstal (Bezirk Murtal) habe sich nach Angaben der Projektwerber als unrentabel herausgestellt und wurde daher nicht umgesetzt. Fraglich ist nun, ob dort künftig überhaupt ein Windpark wirtschaftlich betrieben werden könnte.

Trotz aller Diskussionen zu den einzelnen Projekten wird der weitere Ausbau der Windkraft lauf Umfragen von den meisten Steirern begrüßt. So ergab das im Juli 2023 veröffentlichte Klimaschutzbarometer eine Zustimmungsrate von 77 Prozent. 

So funktioniert die Windenergie-Erzeugung

Windradtypen

Im Wesentlichen haben sich bis heute zwei verschiedene Windradtypen durchgesetzt: Anlagen mit und Anlagen ohne Getriebe. Neben diesen zwei Typen gibt es, je nach Hersteller und Region, noch andere Bauformen.
(schematische Darstellungen)

Das getriebelose System ist sehr kompakt und kommt mit weniger Bauteilen aus, der Generator (Ringgenerator) ist schwerer und größer als bei Getriebeanlagen. Ringgeneratoren sind teurer als klassische Synchrongeneratoren.

Um sich an die Windsituation anzupassen, können Gondeln und Rotorblätter bei den meisten Anlagen elektronisch verstellt (gedreht) werden. Eingebaute Bremsen sichern die Rotoren bei Sturm oder Wartungsarbeiten.

Das klassische Konzept – Rotor, Getriebe und Generator – ermöglicht kleinere Bauweisen (Gondeln).

Getriebeanlagen haben als Nachteil höhere Wartungskosten. Getriebe nützen sich ab, benötigen u. a. Ölwechsel und sind reparaturanfälliger.

Getriebe produzieren Wärme. Um ein Überhitzen zu verhindern, müssen sie gekühlt werden und benötigen ein Kühlsystem.

Das hier beschriebene Modell erklärt das Prinzip einer durchschnittlichen Festlandanlage. Je nach Hersteller, Bauweise, Anlagentyp, regionaler Boden- und Geländebeschaffenheit oder Baujahr kann es zu Abweichungen zu den hier beschriebenen Angaben kommen.

Die wichtigsten Bauteile einer Windkraftanlage sind Fundament, Turm, Gondel und Rotor. Drei Rotorblätter sind in gleichmäßigen Abständen an der Gondel über dem Turm angebracht. Dieses Baudesign hat sich seit den 1980er-Jahren durchgesetzt.

Das Fundament dient der Standfestigkeit der Anlage. Die meisten Fundamente von Windkraftanlagen auf dem Festland bestehen aus Beton und Stahl.

Der Turm ist der größte und schwerste Teil der Anlage. An den Kosten der gesamten Anlage hat der Turm einen Anteil zwischen 15 und 25 %. Je nach Standort und Bodenbeschaffung variieren die Turmhöhen. Im Turm befinden sich auch der Aufstieg zur Gondel und die Kabelstraße.

Die aerodynamischen, meist aus glasfaserverstärktem Kunststoff bestehenden Rotorblätter können per Computersteuerung an die Windrichtung und Windstärke angepasst werden.

Die Gondel beherbergt mit Getriebe, Generator zur Stromerzeugung und zahlreichen Messsystemen die wichtigsten Komponenten der Anlage. Die Gondel ist drehbar und kann sich dadurch den Windrichtungen anpassen.

Ein Windrad mit 5 Megawatt Leistung kann pro Jahr Strom für ungefähr 3700 Haushalte erzeugen.

Windkraftanlagen gibt es mittlerweile in jeder Größenordnung. Von kleinen Balkonanlagen bis hin zu großen Windrädern in Windparks, die Höhen über 200 Meter erreichen.

Das Prinzip der Energiegewinnung einer Windkraftanlage ist die Umwandlung der Bewegungsenergie des Windes in Strom.

Man unterscheidet auch zwischen Onshore-Windkraftanlagen an Land und Offshore-Windparks, die sich im Wasser, z. B. auf See, befinden. Das Prinzip der Energiegewinnung ist an Land oder auf See gleich.

Als Beispiel in diesem Dossier nehmen wir Onshore-Anlagen an Land.

Prandtl-Schicht nennt man die bodennahe Grenzschicht der Atmosphäre, die unmittelbar an die Erdoberfläche anschießt (bis etwa 100 m Höhe).

In der bodennahen Luftschicht ist die Luft – wegen der vielen Hindernisse wie z. B. Häuser, Bäume usw. – sehr turbulent.

Als Ekman-Schicht bezeichnet man den oberen Teil der atmosphärischen Grenzschicht. Sie reicht vom Ende der Prandtl-Schicht in ca. 100 Meter bis in etwa 1000 Meter Höhe.

In den höheren Luftschichten bläst der Wind gleichmäßig konstant. Deshalb werden Windräder möglichst hoch gebaut.

Je gleichmäßiger der Wind bläst, desto mehr Strom kann mit einer Windkraftanlage erzeugt werden.

Mit jedem Meter Bauhöhe steigt der Stromertrag um 1 %.

Mit einer Verdoppelung der Flügellänge steigt der Stromertrag um das Vierfache.

Die doppelte Windgeschwindigkeit erzeugt den achtfachen Energieertrag.

Die Angaben stammen von "IG Windkraft" (Österreich) und "Bundesverband Windenergie" (Deutschland)

Quellen: IG Windkraft, Bundesverband Windenergie Deutschland, Wien.Info, Land Steiermark

Kartengrundlage: Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen, WebGIS Steiermark

Windangebot, Alpenkonvention, Vorrangzonen, Eignungszonen, Ausschlusszonen: Land Steiermark

Windrad-Standorte: Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen, IG Windkraft, Land Steiermark, Projektwerber

Renderings und Illustrationen: Adobe Stock (7), Bundesverband Windenergie Deutschland

Fotos: Bundesforste, Land Steiermark (2), Energie Steiermark, Stefan Gratzer, Windheimat.

Video: Adobe Stock