Dossier
Jahrhundertprojekt
Weizer Ortsdurchfahrt
Die Weizer Ortsdurchfahrt ist für den Verkehr freigegeben. Sechs Jahre lang wurde gebaut, die Gesamtkosten liegen bei 90 Millionen Euro.
Von Raimund Heigl
Es ist jenes Projekt, das nach Aussagen des Weizer Bürgermeisters Erwin Eggenreich (SPÖ) den Industriestandort Weiz nachhaltig erhält: die neue Ortsdurchfahrt. Bisher schlängeln sich mehr als 15.000 Fahrzeuge durch die Gleisdorfer Straße, Birkfelder Straße und Kapruner-Generator-Straße der 11.000-Einwohner-Stadt.
Seit 27. Mai 2022 fließt der Verkehr nun über die neue Straße, die in insgesamt drei Abschnitten geplant worden war.
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Insgesamt 90 Millionen Euro kostete der Bau der 1,9 Kilometer langen Straße mit zwei Tunnels.
Zählt man auch die 30 Millionen Euro teure Ortsumfahrung Preding (Abschnitt 1) dazu, ist das Gesamtprojekt 4,7 Kilometer lang und hat 120 Millionen Euro gekostet.
Zuletzt fertig wurde der Abschnitt 2. Vom Kreisverkehr beim Interspar geht es von Süden kommend in den 425 Meter langen Tunnel Weiz 1.
Danach folgt ein Kreisverkehr mit Ausfahrtsmöglichkeit Richtung LKH. Der zweite Tunnel – Weiz 2 – ist 274 Meter lang und führt unter dem Bahnhof durch.
Unter der Fußgängerbrücke über den Bahnhof kommt man wieder ans Tageslicht, beim nächsten Kreisverkehr kann man zum neuen Weizer Stadtparkquartier mit dem Cineplexx-Kino abfahren.
Bereits 2017 fertiggestellt wurde der Abschnitt 3a – Ausbau der Kapruner-Generator-Straße mit Verlegung des Gleises auf einen eigenen Gleiskörper. Seither wird auch der Personenverkehr bis zum Weizer Fußballstadion geführt.
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Langwieriges Projekt
Als im Jahr 2013 die Ortsumfahrung von Preding als Abschnitt 1 des Gesamtprojekts eröffnet wurde, hatte eigentlich noch kaum jemand damit gerechnet, dass an deren nördlichen Ende jemals weiter gebaut wird, auch wenn die Trasse dafür vorhanden war. Aber von der Landespolitik kamen unter den verschiedensten Verkehrslandesräten immer nur Absagen für das Projekt: "keine Priorität für die Steiermark", "zu teuer" oder "nicht notwendig" waren da die Aussagen.
Als die Ortsumfahrung Preding mit dem Interspar-Kreisverkehr gebaut wurde, war die Ausfahrt Richtung Norden noch durch eine Mauer begrenzt.
Jetzt geht es hier weiter vom Süden Richtung Norden, quer durch die Stadt.
Die Sachlage änderte sich im Jahr 2015, als die Stadtgemeinde beschloss, den Abschnitt 3a – Umbau der Kapruner-Generator-Straße – vorzufinanzieren. 20 Millionen Euro hat dieser Teil gekostet. Hintergrund für diese Maßnahme war eine damals verabschiedete Änderung des Eisenbahngesetzes, die besagt, dass ab 2024 Züge auf einem eigenen Gleiskörper zu führen sind.
Beim Spatenstich 2015 präsentierte Bürgermeister Eggenreich auch einen Plan aus dem Jahr 1956, der eine erste schematische Darstellung einer möglichen Ortsdurchfahrt zeigt, die der jetzt realisierten Version ziemlich ähnlich ist. Daher sah er sich zu der Aussage, dass es sich um ein "Jahrhundertprojekt für die Stadt Weiz" handelt, veranlasst.
Zu diesem Zeitpunkt wurden die Züge mit den Transformatoren aus dem Werk von Siemens und Andritz mitten auf der Straße geführt – der Verkehr wurde dafür immer extra angehalten. Um die Großfirmen in der Stadt zu halten, musste also gehandelt werden. Im Zuge des Umbaus wurde die Gleistrasse auf die Seite verlegt, einige Gärten mussten deutlich verkleinert werden, um genug Platz für Straße und Zug zu haben.
Vor dem Umbau verliefen in der Kapruner-Generator-Straße die Gleise noch mitten auf der Fahrbahn.
Um genug Platz für die Fahrspuren und eine separate Zugtrasse zu haben, mussten einige Vorgärten weichen.
Die neue Lösung wurde auch dazu genutzt, das Gleis bis direkt vor das Weizer Stadion (und damit nur wenige Meter vom Bundesschulzentrum entfernt) zu führen. Dadurch wurde der Personenverkehr der Landesbahn um rund 900 Meter verlängert. Tausende Schüler und Arbeiter, die in die Stadt pendeln, nutzen seither dieses Angebot, direkt vor der Schule bzw. dem Werk auszusteigen.
Ein ganzes Jahr lang war die Weizer Innenstadt 2016 und 2017 durch die Sperre der wichtigsten Verbindung lahmgelegt, eine großräumige Umleitung mit einem Einbahnkonzept wurde eingerichtet. Nach Fertigstellung des Abschnitts 3a verkündete der aus Weiz stammende damalige Landeshauptmann-Stellvertreter Michael Schickhofer (SPÖ):
Wir haben den Teil 1 und den Teil 3a, es wäre ein Schildbürgerstreich, Teil 2 nicht zu bauen.
Die Bauarbeiten zu Abschnitt 3a hatten die innerstädtischen Handelsbetriebe erheblich gestört, weil die wichtigste Verbindung der Stadt ein Jahr lang gesperrt war. Warum eigentlich "3a"? Abschnitt 3b wäre eine Untertunnelung der Kapruner-Generator-Straße, dieses Projekt ist aber wohl eher theoretischer Natur.
Bildergalerie: Fotos von den Bauarbeiten der Weizer Ortsdurchfahrt
Abschnitt 2 – die Weizer Tunnels
Der 1200 Meter lange Abschnitt 2 stellte die baulich deutlich größeren Herausforderungen dar, die Verkehrseinschränkungen hielten sich aber in Grenzen. Das Gleis der Landesbahn musste im Bereich zwischen Interspar und Schubertgasse einmal verlegt werden, um die Unterflurtrasse errichten zu können. Für einige Wochen konnten keine Züge verkehren, was wiederum zu logistischen Herausforderungen für die Unternehmen Siemens und Andritz sorgte. Um den nördlichen Tunnel errichten zu können, musste ein Teil einer Halle des Weizer Bahnhofs abgerissen werden.
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Insgesamt wurden für den Bau des Abschnitts 2 mehr als 140.000 Kubikmeter Material ausgebaggert. Das entspricht etwa dem halben Stubenbergsee.
Mehr als 35.000 Kubikmeter Beton wurden verbaut. Damit könnte man die Basilika am Weizberg einmal füllen.
Verbaut wurden außerdem mehr als 5000 Tonnen Betonstahl. Damit könnte man einen halben Eiffelturm errichten.
Herzstück des Abschnitts 2 sind zwei Unterflurtrassen. Die südliche ist 425 Meter lang, die nördliche 274 Meter. Beim südlichen Tunnel kreuzt die Landesbahn die Straße, der nördliche führt unter dem Bahnhof durch. Von 2018 an wurde gebaut, der nördliche Tunnel war im August 2020 fertig. Der südliche wurde dann 2021 und heuer fertiggestellt. Zwischen den beiden Tunnels gibt es einen Kreisverkehr mit einer Ausfahrt zum LKH.
Das Baufeld in der Schubertgasse hat sich in den vergangenen drei Jahren entsprechend verändert. Hier ist noch die alte Straße zu sehen.
Hier sieht man bereits die Lärmschutzwände der Ortsdurchfahrt und die versetzte Franz-Pichler-Straße.
Am nördlichen Ende des Bauabschnitts 2 sind dann die weiteren bahnbrechenden Veränderungen für die Stadt Weiz zu sehen: das neue Stadtparkquartier mit dem fünf Säle umfassenden Cineplexx-Kino, einem Steak-Restaurant und Handelsflächen (Lidl, Hervis, Sorger) im Untergeschoss.
Noch 100 Meter weiter nördlich wurde ein H&M angesiedelt, ebenfalls ein jahrzehntelang gehegter Wunsch der Stadtpolitik. Mit dem direkt angrenzenden Fussl-Modehaus und einer New-Yorker-Filiale wurde eine kleine Modemeile geschaffen.
"All diese Investitionen hätte es nie gegeben, wenn die Ortsdurchfahrt nicht realisiert worden wäre. Erst durch die Aussicht auf die moderne Verkehrsanbindung waren die Ansiedlungen von Cineplexx, Hervis oder auch H&M, Fussl und New Yorker möglich", betont Bürgermeister Eggenreich.
Mit der Ortsdurchfahrt wurde auch das Großprojekt Stadtparkquartier mit dem Cineplexx-Kino angebunden. Zuvor war hier der alte Bauhof der Stadt gestanden.
Der Handelsbereich im Stadtparkquartier wurde 2020, das Kino 2021 eröffnet.
Große Eröffnungsfeier
Am 25. Mai 2022 wurde die Ortsdurchfahrt schließlich mit einem großen Festakt eröffnet. Die Landesspitze mit Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, seinem Vize Verkehrslandesrat Anton Lang und auch Vertreter der Baufirmen Porr und Granit waren dazu angereist. Anschließend sorgten unter anderem die Edlseer für Unterhaltung. Am 27. Mai 2022 erfolgte dann die Verkehrsfreigabe.
Fotos: Raimund Heigl
Startvideo: Julia Kammerer
Grafik und Illustrationen: Günter Pichler
Digitale Umsetzung: Jonas Pregartner