4700 Liter täglich

Warum unser Wasserverbrauch problematisch ist und wie wir das ändern können

Avocados, Butter, Fleisch alles, was wir konsumieren, verbraucht Wasser. Und das mit teils fatalen Folgen für die Umwelt.

Von Tara Giahi

In Österreich werden direkt circa 130 Liter Wasser pro Tag und Kopf verbraucht. Was viel erscheinen mag, tritt neben dem "virtuellen" Wasserverbrauch in den Hintergrund: Dieser liegt bei rund 4600 Litern täglich. Hinter jedem Produkt und Lebensmittel steckt virtuelles Wasser. Das steht für jene Wassermenge, welche während der Herstellung verwendet wurde. Der Wasserfußabdruck einer Person setzt sich aus dem direkten und indirekten Verbrauch zusammen.

Dieses Diagramm zeigt den Wasserfußabdruck pro Person und Tag in Österreich.

Das meiste virtuelle Wasser ist auf unsere Nahrung zurückzuführen. Einen besonders hohen Wasserverbrauch pro Kilo haben Fleisch- und Milchprodukte wie Butter und Käse. Übertroffen werden tierische Produkte nur von Kaffee und Kakao – in jeder Tasse Kaffee stecken 140 Liter Wasser. Am wenigsten Wasser verbrauchen Gemüse- und Obstsorten wie Tomaten, Kartoffeln und Erdbeeren.

Tippen Sie auf die kleinen Blasen, um zu erfahren, wie viele Liter Wasser pro Kilo eines bestimmten Lebensmittels verbraucht werden!

Auch Kleidung, Alltagsgegenständen und (Luxus-)Güter verbrauchen Wasser: Bei einer Jeans kommen ungefähr 10.800 Liter zusammen, bei einem Auto 400.000.

Wasser ist nicht gleich Wasser

Die benötigten Wassermengen allein sagen noch nicht viel über die Wasser-Nachhaltigkeit eines Produktes aus. Entscheidend ist die Art des verwendeten Wassers. Es wird in drei Kategorien unterschieden: grünes, blaues und graues Wasser. Obwohl ein Kilo Kakao im globalen Durchschnitt 27.000 Liter benötigt, kann er noch immer nachhaltiger sein als ein Kilo Erdbeeren aus Spanien mit einem Verbrauch von 209 Litern, wenn der Kakao aus einer regenreichen Region kommt.

Grünes Wasser ist das natürlich vorkommende Regenwasser. Der Boden speichert Teile dieser Niederschläge und die Pflanzen nehmen sie auf. Das Wasser wird ständig auf natürlichem Weg nachgeliefert und befindet sich in einem geschlossenen Kreislauf – bei der Verwendung werden keine Reserven verknappt.

Beim blauen Wasser wird Grund- oder Oberflächenwasser entnommen, von beispielsweise Seen und Flüssen. Es wird zur künstlichen Bewässerung und zur Produktion genutzt. Die Verwendung von blauem Wasser bedeutet immer eine Reduktion von Wasservorräten und einen Eingriff in natürliche Ökosysteme.

Graues Wasser steht für die Menge, welche bei der Produktion verschmutzt oder zur Säuberung eingesetzt wird. Hauptverursacher ist die konventionelle Landwirtschaft durch den Einsatz von chemischem Dünger und Pflanzenschutzmittel.

Ein hoher Anteil von grünem Wasser ist gut für die Wasserbilanz, blaues und graues sind zu vermeiden.

Kakao wird meistens in Gebieten mit hohem Niederschlag angebaut, das verwendete Wasser ist “grün”. Erdbeeren aus Spanien kommen meist aus dem trockenen Süden und müssen zu einem großen Teil künstlich "blau" bewässert werden – Wasser wird aus dem natürlichen Kreislauf entnommen und kommt nicht mehr zurück. Durch die intensive Landwirtschaft in Südspanien leidet die Region an Wasserknappheit, welche das ganze Ökosystem in Gefahr bringt.

Die Kategorisierung in die drei Wasserarten relativiert oft auch der hohe Wasserverbrauch von Rindfleisch. Dabei ist zwischen Tieren in einem industriellen System, wo das meiste Futter zugekauft werden muss, und zwischen Rindern auf der Weide zu unterscheiden. „Zwar haben Rinder in der Massenproduktion einen geringeren Wasserfußabdruck, aber bei Weiderindern ist der Wasserverbrauch hauptsächlich "grün": "Das Gras auf der Alm geht niemanden ab", sagt Wasserexperte Roman Neunteufel von der BOKU Wien.

Regional und saisonal statt international

Österreichische Lebensmittel haben eine bessere Wasserbilanz – 2010 wurde in einer Studie der Anteil der künstlich bewässerten Agrarflächen auf nur 2,3 Prozent geschätzt. Von diesen 2,3 Prozent wurde knapp die Hälfte mit gespeichertem grünen Nass bewässert.

Eine in Österreich produzierte Tomate kommt auf 32 Liter pro Kilo, eine chinesische auf fast das Zehnfache. Große Unterschiede zwischen verschiedenen Ländern gibt es auch beim jeweiligen Anteil des grünen, blauen und grauen Wassers, wie diese Grafik zeigt.

Global betrachtet werden 20 Prozent der Agrarflächen bewässert. Durch den Import von Produkten importieren wir auch virtuelles Wasser nach Österreich. Rund zwei Drittel unseres indirekten Wasserverbrauchs sind extern. Baumwolle wird im Sudan angebaut, Rosen kommen aus Kenia, Avocados aus Peru. 

"Wie verlagern unseren Wasserfußabdruck in Ländern, wo wir nicht wissen, wie produziert wird."
Wasserexperte Roman Neunteufel, BOKU Wien

Trauriges Beispiel: Der Aralsee

In trockenen Gebieten kann durch intensiven Anbau und Produktion der Grundwasserspiegel sinken und Seen und Flüsse austrocknen. Ein trauriges Beispiel ist der Aralsee, einst der viertgrößte Binnensee der Welt. Durch die Bewässerung von Plantagen, unter anderem Baumwoll- und Reisfeldern, sinkt der Wasserpegel seit mehr als 60 Jahren.

1960

Der abflusslose Salzsee in Zentralasien war mit ursprünglich etwa 68.000 Quadratkilometern Fläche einst viertgrößter Binnensee der Welt. Diese Skizze zeigt seine Ausdehnung im Jahr 1960.

August 2017

Überlagert man die Umrisse von 1960 mit einem Satellitenbild aus dem August 2017, zeigt sich ein drastisches Bild ...

August 2022

... das sich nochmals verschärft, betrachtet man eine Satellitenaufnahme aus dem heurigen August. 90 Prozent des Gewässers sind bereits verschwunden und anstelle ist die weltweit jüngste Wüste entstanden.

Dürreperioden und Bevölkerungswachstum verschärfen vor allem in Subsahara-Ländern die Situation. Wasserknappheit und -mangel können die Ursache für Hungersnöte sein. Wenn das Wasser für Pflanzen und Tiere fehlt, fehlen dem Menschen die (grundlegendsten) Nahrungsmittel. Auch unsere Gesundheit wird von Wasser beeinflusst: Rund 80 Prozent der vermeidbaren Krankheiten haben verschmutztes Wasser als Ursache. 

5000 bis
5300 Liter

Durch Klimawandel und Konsumveränderungen wird sich der tägliche Wasserfußabdruck in Österreich vermutlich von den derzeit 4700 auf 5000 bis 5300 Liter pro Person erhöhen.

Auch der blaue Wasserverbrauch wird steigen: Längere Trockenperioden werden eine künstliche Bewässerung der Felder notwendig machen, um Ernteausfälle zu vermeiden. Um den Wasserverbrauch zu senken, wünscht sich Experte Neunteufel von der Politik eine klare Kennzeichnungspflicht für alle Produkte.

"Man kann als williger und mündiger Konsument nur mit einer klaren Kennzeichnung bessere Entscheidungen treffen: Wo wird was wie produziert? Wie viel virtuelles Wasser wird verwendet? Wie groß ist der CO2-Fußabdruck der Ware?"
Wasserexperte Roman Neunteufel, BOKU Wien

Von den Supermarkt-Konzernen wünscht er sich ein Schluss mit Mengenrabatten und -aktionen: "Die Konsumenten werden dazu verführt, mehr zu kaufen, als sie eigentlich brauchen. Das heizt die Lebensmittel-Verschwendung an."

So können Sie Ihren virtuellen Wasser-Fußabdruck verringern

1. Bedarfsorientiert Einkaufen
Das allergrößte virtuelle Wasser-Einsparungspotenzial liegt bei Lebensmitteln. Im eigenen Haushalt könnten pro Person und Tag 280 Liter gespart werden, allein durch Abfallvermeidung bei der Nahrung. Auch ein bewusster Einkauf von Textilien und elektronischen Geräten kann den Wasserfußabdruck verringern. Die Prämisse ist: Flicken und Werkeln statt wegwerfen!

2. Möglichst saisonal und regional einkaufen
Eine entscheidende Rolle spielt die Herkunft von Lebensmitteln: Produkte aus Österreich haben meist einen geringeren Wasserverbrauch und einen höheren Anteil an grünem Wasser.

3. Bio-Produkte konsumieren
Bio-Produkte kommen ohne chemischen Dünger und Pestizide aus und belasten dadurch das Grundwasser weitaus weniger. Empfehlenswert ist auch beim Kauf von Kleidung auf biozertifizierte Baumwolle zu achten.

4. Öfters zu vegetarischen Lebensmitteln greifen
Tierische Produkte sind Spitzenreiter im Verbrauch von virtuellem Wasser. Der virtuelle Wasserverbrauch kann bei einer vegetarischen Ernährung um bis zu 60 Prozent reduziert werden.

5. Lebensmittel aus trockenen Regionen vermeiden
In Regionen mit einem geringen Niederschlag muss besonders viel blaues Wasser verwendet werden. Beim Einkauf von Kaffee kann man darauf achten, ob die Bohnen aus dem trockenen Tiefland oder dem feuchten Hochland kommen.

Obwohl der direkte Wasserverbrauch im Vergleich zu dem virtuellen schwindend gering erscheint, ist es trotzdem sinnvoll, auch bewusst mit dem direkten Verbrauch umzugehen. Denn das Wasser, das aus unserer Leitung kommt, ist ausschließlich blau.

Digitale Umsetzung: Jonas Binder

Illustrationen: Katharina Maitz

Fotos: Adobe Stock (3), Imago, Europäische Union/Copernicus/Sentinel 2 (Satellitenfotos)