Fürstenfelder Schnellstraße
Von der ersten Vision bis zum letzten Kilometer der S 7
              Seit Jahrzehnten im Gespräch, teils heftig kritisiert und schließlich für rund 900 Millionen Euro umgesetzt: Die Fürstenfelder Schnellstraße S 7 erstreckt sich von der A 2 Südautobahn über die Steiermark und das Burgenland bis nach Ungarn. Am 20. September 2025 wurde der finale Teil der Strecke für den Verkehr freigegeben. Ein detaillierter Überblick über die turbulente Geschichte der Entlastungsstraße.
Von Livia Steiner, Eva Wabscheg und Jonas Binder
Die Fürstenfelder Schnellstraße (S 7) war das zum Zeitpunkt ihres Baus größte Projekt der Asfinag und verbindet seit September 2025 auf einer Länge von 28,4 Kilometern die A 2 Südautobahn nahe der Abfahrt Ilz mit der ungarischen Schnellstraße M 80. Der Grenzübergang erfolgt in der burgenländischen Gemeinde Heiligenkreuz im Lafnitztal. Baustart des rund 900 Millionen Euro teuren Projekts war nach langem Ringen im Jahr 2018.
900
Der Westabschnitt der S 7 war bereits am 23. März 2024 offiziell für den Verkehr freigegeben worden. Er führt von der A 2 bis nach dem Tunnel Rudersdorf und besteht aus zwei Spuren je Fahrtrichtung.
Im weiteren Verlauf bis zur Staatsgrenze wird die Schnellstraße – über den sogenannten Ostabschnitt – in beide Richtungen jeweils einspurig geführt. Dieses zweite und letzte Teilstück sollte ursprünglich bereits im Sommer 2025 freigegeben werden, was jedoch auf den Herbst verschoben wurde. Somit erfolgte am 19. September die feierliche Eröffnung und tags darauf dann die Verkehrsfreigabe.
Damit sind die Bauarbeiten für die Fürstenfelder Schnellstraße endgültig abgeschlossen. Für die gesamte Strecke benötigt man nun unter 18 Minuten. Teils ist man mit bis zu 130 km/h, teils mit bis zu 100 km/h unterwegs.
                
                
                
                
                
                
                
                
                
                
                
                
                
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Vor Errichtung der Strecke fuhr man ab der Autobahnabfahrt Ilz bis zum Grenzübergang Heiligenkreuz auf der Bundesstraße und war gut 30 Minuten unterwegs. Die Blechlawine rollte dabei auch durch einige Ortsgebiete, besonders vom Verkehr belastet waren Großwilfersdorf, Fürstenfeld und Rudersdorf.
                                  Die Notwendigkeit des Schnellstraßenprojekts wurde mit einer Erhöhung der Verkehrssicherheit durch Entlastung der Ortsdurchfahrten sowie damit einhergehend auch mit einer Erhöhung der Lebensqualität der Anrainer argumentiert. Außerdem soll dadurch ein Impuls zur weiteren Attraktivierung des Wirtschaftsstandortes Oststeiermark bzw. des Südburgenlands gesetzt werden.
Laut Asfinag-Prognose wären 2025 ohne Schnellstraße rund 25.000 Fahrzeuge pro Tag durch Großwilfersdorf gefahren. Doch mit wie viel Verkehrsaufkommen rechnet man nun auf den beiden Schnellstraßen-Teilstücken? Das sei schwierig zu prognostizieren, hieß es von der Asfinag vor der Eröffnung, im einspurigen Ostabschnitt erwarte man „jedenfalls deutlich weniger als 10.000 Fahrzeuge“, im zweispurigen Weststück hingegen „mehr als 10.000“ pro Tag.
Nach ersten Zahlen waren im Mai 2024 im Abschnitt bis Fürstenfeld 9400 Fahrzeuge pro Tag – davon 10 Prozent Lkw – unterwegs. 5000 Fahrzeuge wurden hingegen an der Messstelle in Rudersdorf gezählt.
Zum Vergleich: Die bereits bestehenden steirischen und burgenländischen Schnellstraßen (S 6, S 31, S 35 und S 36) wurden 2019 (also vor Corona) im Schnitt über alle Zählstellen hinweg täglich von 17.500 bis 23.600 Fahrzeugen frequentiert.
Das jahrelange Ringen um die Schnellstraße
Ideen für eine Schnellstraße durch das Lafnitztal reichen weit ins vorige Jahrtausend zurück. Grund: das hohe Verkehrsaufkommen in den Ortskernen der oststeirischen und südburgenländischen Gemeinden in Richtung Ungarn. 1998 war jedoch von einer Schnellstraße noch keine Rede: „Die Trasse ließe sich in Zeiten wie diesen niemals durchsetzen, wir hätten sofort die Naturschützer am Hals!“, sagte damals der burgenländische Straßenbau-Landesrat Josef Tauber (SPÖ).
Und doch begann die Politik, die damals bereits zwei Jahrzehnte begrabenen (!) Projektpläne wieder aus der Schublade zu holen. 1999 kam es zu einem Gipfeltreffen der Landeshauptleute Waltraud Klasnic (Steiermark, ÖVP) und Karl Stix (Burgenland, SPÖ) in der Therme Blumau. Thema: eine Entlastungstrasse für die Verkehrsverbindung zwischen der A 2-Abfahrt Ilz und dem Grenzübergang Heiligenkreuz.
Die Umsetzung einer Schnellstraße wurde nun immer wahrscheinlicher, woraufhin sich – wie von Tauber vorhergesagt – zahlreiche Kritiker bemerkbar machten. Die Bürgerinitiative „Allianz gegen S 7“ wurde unter Sprecher Johann Raunikar gegründet, die sich vor allem aufgrund der großflächigen Bodenversiegelung an der Errichtung der Schnellstraße störten.
2002
Die Erstellung des Vorprojektes (Trassenfindung) für die Schnellstraße und Umwelt-Verträglichkeitsprüfungen (UVP) etc. werden 2002 beauftragt.
2003
Mehrere Monate später, im Jänner 2003, startet die Trassenfindung für die Entlastungsverbindung zwischen A 2 und Grenze.
2006
Im Jahr 2006 laufen schließlich die Detailplanungen für die Bauwerke sowie die Tunnelanlagen des Schnellstraßenprojekts an.
2008
Im Abschnitt West werden 2008 Bodenerkundungen durchgeführt – aus damaliger Sicht sollte der Bau eigentlich 2010 starten.
2009
Wie schon 2005 beim Grenzübergang Heiligenkreuz, protestieren die Projektgegner auch 2009 – nun beim Kreisverkehr in Rudersdorf. Mit weißen Bannern, auf denen etwa „Thermenland oder Transitland?“ zu lesen ist, blockieren sie die Straße.
2011/12
Das UVP-Verfahren für den Westabschnitt wird positiv abgeschlossen, der Bau soll nun im Frühjahr 2012 starten. Doch der Verwaltungsgerichtshof hebt den UVP-Bescheid 2012 nach einer Beschwerde von Projektgegnern aus formalen Gründen auf.
2015
Es gibt erneut grünes Licht. Kurz vor den Landtagswahlen im Jahr 2015 wollen die Landeshauptleute Franz Voves und Hans Niessl (beide SPÖ) Handlungsfähigkeit beweisen und laden im Mai zum Spatenstich. Danach herrscht wieder Stillstand.
Bis zum Baustart 2018 sollten es noch zahlreiche weitere Beschwerden und Einwände werden, die die Errichtung auch maßgeblich verzögerten. Erst 2017 waren die Verfahren, laut Asfinag, endgültig abgewickelt, dann konnten die Ausschreibungen und Vorbereitungen gestartet werden. Nach dem Baustart kam es zwar immer noch zu juristischen Auseinandersetzungen zwischen den Bauherren und Gegnern, diese sorgten allerdings kaum noch für Verzögerungen.
2018
Acht Jahre später, als ursprünglich geplant, erfolgt nun im Sommer 2018 der Baustart. Los geht es mit dem Knoten A 2/S 7.
2019
Auch beim größten und aufwendigsten Baulos, dem Tunnel Rudersdorf, starten Anfang 2019 die Bauarbeiten.
2020
Die im Jahr davor begonnene Errichtung der Klappbrücken über Lafnitz und Lahnbach läuft auf Hochtouren.
2021
In der Nord- sowie der Südröhre des Tunnels Rudersdorf (Foto) wird der Durchbruch gefeiert, zudem läuft die Errichtung der Unterflurtrasse Speltenbach.
2022
2022 beginnen die Arbeiten an der Unterflurtrasse Königsdorf, nachdem schon 2020 der Spatenstich für den gesamten Abschnitt Ost erfolgt war.
2023
Der Westabschnitt der S 7 ist aus baulicher Sicht abgeschlossen. Lediglich letzte Tests werden noch durchgeführt, um die Straße für den Verkehr freizugeben.
2024
Am 22. März wird der Westteil der Fürstenfelder Schnellstraße offiziell eröffnet. Einen Tag später erfolgt die Verkehrsfreigabe der Entlastungsstraße bis zur provisorischen Anbindung nahe Rudersdorf.
2025
Am 20. September fahren erste Fahrzeuge auch über den Ostabschnitt. Die provisorische Anbindung in Rudersdorf wird rückgebaut. Die Bauarbeiten der Schnellstraße sind damit endgültig abgeschlossen.
Anfang 2020 hatte die Coronapandemie den Arbeiten einen Dämpfer versetzt. Ein kurzzeitiger Baustopp war die Folge, wodurch sich vor allem die Errichtung der Klappbrücken über die Lafnitz und den Lahnbach deutlich verzögerte. Bereits wenige Monate später konnten jedoch die Bauarbeiten zuerst teilweise und anschließend wieder vollständig aufgenommen werden. Übrigens: In der Hochphase der Arbeiten waren bis zu 1000 Personen gleichzeitig direkt am Bau beteiligt.
570.000
Die jahrelangen Verzögerungen sorgten in Kombination mit der Teuerung und den Anpassungen an den Stand der Technik über die vergangenen Jahre auch für den Anstieg der Gesamtkosten, wie die Asfinag bestätigt. Gegenüber dem Zahlenwerk aus der Zeit rund um den Spatenstich 2015 sind sie von rund 600 bis 630 Millionen um mehr als ein Viertel auf rund 900 Millionen Euro gestiegen.
Ein neuer Raum für Tiere und Pflanzen
Um der Kritik an der Bodenversiegelung entgegenzuwirken, präsentierten die Bauträger bereits in der Anfangsphase die Pläne für sogenannte Ausgleichsflächen. In Summe werden durch den Bau knapp 100 Hektar (ein Quadratkilometer) an Boden versiegelt. Als Ausgleich wurden jedoch rund um die Fürstenfelder Schnellstraße neue Flächen an Wäldern, Wiesen und Sümpfen geschaffen (insgesamt 530 Hektar).
Der Großteil der Fläche ist Wald, da für die Errichtung der S 7 zahlreiche Bäume gefällt werden mussten. Teilweise wurden jedoch auch Wiesenflächen als Ganzes abgetragen und an anderer Stelle „neu verpflanzt“, was die Eingewöhnung für die heimischen Tierarten erleichtern sollte. Mit der Umsiedelung der Tiere, darunter allein rund 15 verschiedene Amphibienarten, wurde bereits vor den Bauarbeiten begonnen. Nun gelten die Ausgleichsflächen entlang der S 7 als ein Paradies für seltene Vögel, darunter Kiebitz und Flussseeschwalbe, aber auch der Seeadler. Mehr als 120 verschiedene Vogelarten hätten sich bereits angesiedelt. „Die Flächen werden in Absprache mit Ökologen gepflegt und gemäht, damit die Vögel nicht gestört werden“, erklärte Asfinag-Pressesprecher Walter Mocnik.
Neben den Ausgleichsflächen wurden auch Sicherheitsvorkehrungen für die Überquerung der Tiere getroffen. So führen zwei Wildbrücken über die Schnellstraße. Zudem erstrecken sich auf Höhe Speltenbach auch sogenannte Fledermausschutzwände. „Wir werden das wahrscheinlich sogar extra beschriften, damit sich die Menschen nicht wundern, warum mitten auf der Strecke nur vereinzelt Lärmschutzwände hochgezogen wurden“, erklärt Yvonne Monsberger, Projektleiterin. Diese signalisieren den Tieren, statt über die Straße darunter durch – durch die Fledermaustunnel – zu fliegen. Zudem wurde ein sogenanntes „Amphibienleitsystem“ entlang der Strecke errichtet, wodurch Frösche und Co nur schwer auf die Schnellstraße gelangen können.
Die ersten Tunnelfeuerwehren des Burgenlandes
Durch die Errichtung der drei Tunnel entlang der Fürstenfelder Schnellstraße wurden auch Sicherheitsvorkehrungen notwendig, die bisher weder im Burgenland noch im Bezirk Hartberg-Fürstenfeld von Bedeutung waren. Für den Ernstfall mussten die örtlichen Einsatzkräfte eine sogenannte „Grundausbildung Tunnel“ absolvieren und erhielten auch spezielle Fahrzeuge (RLF-T).
Für den Tunnel in Rudersdorf und die Unterflurtrasse in Königsdorf wurden vier neue „Tunnelportalfeuerwehren“ ernannt. Inzwischen sind die Einsatzkräfte der Feuerwehren Rudersdorf-Ost, Deutsch Kaltenbrunn-Ort, Rudersdorf-Berg, Eltendorf und die Stadtfeuerwehr Jennersdorf auf Einsätze „unter Tag“ vorbereitet. Für den steirischen Teil und damit für die Unterflurtrasse Speltenbach ist die Freiwillige Feuerwehr Fürstenfeld verantwortlich.
                Gewerbeparks entlang der Schnellstraße
Insgesamt vier Gewerbeparks entlang der neuen Schnellstraße wurden errichtet. Erste Unternehmen angesiedelt haben sich bereits beim „neuen Einfahrtstor nach Fürstenfeld“. Neben einem Park&Ride mit 40 Pkw-Stellplätzen und einer Bushaltestelle wurde beim Spatenstich 2022 auch bereits die Eröffnung einer McDonald’s-Filiale verkündet.
Dazu gesellten sich zwei Tankstellen (Shell und Jet). Inzwischen hat auch das Unternehmen Fandl-Hendl mit der Errichtung einer neuen Firmenzentrale im Gewerbepark Fürstenfeld begonnen, Gerüchten zufolge habe zudem die Knapp AG Interesse. Laut dem Ortschef seien auch zahlreiche weitere Unternehmen an dem neuen Standort interessiert und es würden Verhandlungen laufen.
Eröffnung des McDonald's-Standortes beim neuen Gewerbepark Fürstenfeld
Eröffnung des McDonald's-Standortes beim neuen Gewerbepark Fürstenfeld
Seit der Fürstenfelder Gewerbepark spruchreif ist, regt sich auch immer wieder Widerstand. Vor allem die Grünen der Stadtgemeinde kritisierten von Anfang an die dadurch notwendige Bodenversiegelung. Ein neues Einkaufszentrum, das ebenfalls an der Anschlussstelle errichtet werden soll, rief 2024 sogar den damaligen Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) auf den Plan, der von einer „Zubetoniererei“ in der Thermenhauptstadt sprach.
Deutlich weniger Kritik, aber auch weniger Unternehmen verbuchen die anderen drei Gewerbeparks entlang der S 7. Beim „Businesspark Rudersdorf“ wurde eine Autobahnpolizei-Station eröffnet, die restlichen Flächen sind mit Stand August 2025 noch leer. Ähnlich auch das Bild in Königsdorf und Heiligenkreuz an der Lafnitz, hier hofft man mit der Eröffnung des Ostteils jedoch auf das Interesse von namhaften Unternehmen.
An den burgenländischen Anschlussstellen der S 7 wartet man noch auf Unternehmen, die sich ansiedeln möchten.
An den burgenländischen Anschlussstellen der S 7 wartet man noch auf Unternehmen, die sich ansiedeln möchten.
Generell zeigen sich Betreiber und Ortschefs optimistisch hinsichtlich der wirtschaftlichen Auswirkungen. Auch die Wirtschaftskammer Steiermark prognostiziert in einer Studie eine positive Entwicklung der Beschäftigungszahlen entlang der neuen Schnellstraße. Untermauert wird dies mit einer Umfrage unter Unternehmern (907 insgesamt), von denen 2024 42 Prozent der S 7 eine wichtige Bedeutung für ihren Betrieb attestierten.
Die weiteren Großprojekte der Asfinag
Das Investitionsvolumen der Fürstenfelder Schnellstraße übertraf bei Weitem die Kosten anderer Asfinag-Großprojekte aus jüngerer Vergangenheit: Die Sanierung und teilweise Neuerrichtung des Bosrucktunnels (A 9, zwischen der Steiermark und Oberösterreich) kostete rund 280 Millionen Euro. Dahinter reihen sich Sanierung und teilweiser Neubau des Gleinalmtunnels (A 9, 260 Millionen Euro) sowie der Ausbau der Murtal Schnellstraße S 36 (165 Millionen Euro) ein.
Auch wenn man die zukünftigen Asfinag-Projekte betrachtet, sticht die S 7 weiterhin heraus. Denn in den kommenden Jahren sind fast ausschließlich Sanierungsarbeiten bereits bestehender Tunnelketten, wie etwa Semmering und Pack, geplant. Als Großprojekt führt man vor allem den Lückenschluss der S 36 zwischen Judenburg und St. Georgen an. Geplant ist, 2027 zu starten und den Bau 2032 abzuschließen. In dieser Zeit sollen drei Tunnel an der Strecke errichtet werden. Bisher war hier von einem Investitionsvolumen von rund 370 Millionen Euro die Rede, allerdings dürfte auch dieses Projekt inflationsbedingt deutlich teurer werden, wie die Asfinag bestätigte.
Blick auf das Portal des Tunnels Rudersdorf, die provisorische Anschlussstelle bei Dobersdorf und eine der drei Großbrücken
Blick auf das Portal des Tunnels Rudersdorf, die provisorische Anschlussstelle bei Dobersdorf und eine der drei Großbrücken
Karte: Eva Wabscheg, Asfinag
Quellen: Asfinag, Kleine Zeitung
Fotos: Asfinag (7), KK (2), Thomas Pilch (2), Helmut Steiner, Barbara Kahr, Jonas Binder (2), Johann Zugschwert, Manuel Hanschitz (6), Susanne Rauschenbach (2), Oliver Gebhardt, Moritz Prettenhofer, Livia Steiner (3)
Videos: Manuel Hanschitz, Michael Wappl (3), Susanne Rauschenbach, Livia Steiner