GESCHICHTE DER GEWALT

Der israelisch-palästinensische Konflikt in Karten erklärt

GESCHICHTE IN KARTEN

Der lange israelisch-palästinensische Konflikt und der neue Krieg in Nahost

Von Silke Ulrich, Jonas Binder
und Eva Wabscheg

Von seiner Gründung 1948 bis 2023 war Israel in sechs Kriegen Konfliktpartei. Die Geschichte des jüdischen Staates, eingebettet in eine islamische Welt, ist geprägt von Konflikten um begrenzte Ressourcen, insbesondere Wasser und Land. Großmächte wie die USA und die Sowjetunion bzw. Russland, aber auch Saudi-Arabien und der Iran haben und hatten stets wirtschaftliche und militärische Interessen in dieser Region. Eine Reise von biblischen Zeiten bis zu den  aktuellen Ereignissen des neuen Krieges – zuletzt aktualisiert am 30. Oktober 2024.

Biblisches Israel

Bereits in der antiken und mittelalterlichen Geschichte des Gebiets Palästina zwischen Mittelmeer und Jordan waren Auseinandersetzungen zwischen polytheistischen Völkern, Juden und später auch Christen sowie Muslimen oft religiös begründet. Aus der Bronzezeit sind die Kanaanäer, israelitische Nomaden (Hebräer) und Philister bekannt. Die religiöse Komponente ist insbesondere von Bedeutung, als dass Juden mit dem israelitischen Reich des beginnenden ersten Jahrtausends vor Christus – dem  biblischen Israel König Davids und Salomons  bzw. dem „Gelobten Land“ – ihren heutigen Anspruch auf das Land begründen.

Osmanische Herrschaft

Während des Ersten Weltkriegs wollten die Alliierten die arabischen Stämme in der Region, die unter die Herrschaft des  Osmanischen Reichs  gekommen waren, mit der Aussicht auf ein eigenes arabisches Reich zum Aufstand gegen den Sultan bewegen. Ein solches Reich hätte unter anderem auch Palästina umfassen sollen. Besonders Großbritannien tat sich mit Versprechungen hervor, wie nicht zuletzt im autobiografischen Roman „Die sieben Säulen der Weisheit“ des britischen Offiziers T. E. Lawrence nachzulesen ist. Nach Palästina wanderten ab 1882 aber auch Juden aus (Ost-)Europa auf der Flucht vor dem aufkeimenden modernen Antisemitismus aus. Wichtiger Vordenker der zionistischen Bewegung war Theodor Herzl.

Britische Mandatszeit

Doch die Araber gingen leer aus. Im Sykes-Picot-Abkommen planten die Briten und Franzosen die Aufteilung der Gegend in ihre jeweiligen Einfluss- und Herrschaftsgebiete. Nach dem Ersten Weltkrieg erhielten die Briten durch den Völkerbund (Vorläufer der Vereinten Nationen) ein Mandat über das heutige  Israel  westlich und  Jordanien  östlich des Jordan. Letzteres wurde 1946 als Königreich – ein arabisches Land – vollständig unabhängig.

Jüdische Einwanderung

Währenddessen ging die jüdische Einwanderung weiter, „die Schaffung einer nationalen Heimstätte in Palästina für das jüdische Volk“ (Balfour-Deklaration 1917) wurde von den Briten dezidiert unterstützt. Der Anteil der Jüdinnen und Juden an der Gesamtbevölkerung wuchs etwa gegen Ende des Zweiten Weltkriegs auf ein Drittel an und auch der  jüdische Landbesitz  nahm stark zu. In weiterer Folge kam es immer wieder zu gewaltsam ausgetragenen Konflikten zwischen der arabischen Bevölkerung und den Einwanderern.

UN-Teilungsplan

Nachdem den Briten die Kontrolle über das arabisch-jüdische "Pulverfass" entglitten war, sollte 1947 ein Teilungsplan der Vereinten Nationen (UN) für das Gebiet westlich des Jordans eine Befriedung herbeiführen. Er sah einen  jüdischen Staat  auf gut 56 Prozent der Landfläche und einen  arabischen Staat  mit knapp 43 Prozent der Fläche sowie eine Sonderlösung für Jerusalem vor. Während im arabischen Gebiet kaum Juden lebten, stellten die Araber auch in jenem Gebiet, das den Juden zugesprochen werden sollte, knapp die Mehrheit. Folglich lehnten die Araber ab. Die Juden hingegen wären mit dem Plan einverstanden gewesen – und proklamierten am 14. Mai 1948 den Staat Israel.

Unabhängigkeit
und Krieg

Bereits am Tag nach der Unabhängigkeitserklärung griffen Ägypten, Syrien, der Libanon, Transjordanien und der Irak den neuen jüdischen Staat an. Israel ging siegreich aus diesem ersten Krieg hervor und konnte sein  Staatsgebiet  dabei sogar vergrößern – auf 78 Prozent der Landfläche. Im Zuge der Staatsgründung sind indes laut UN-Schätzungen mehr als 700.000 Araber geflohen bzw. vertrieben worden (rund 100.000 in den Libanon). Es kam in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch zu einer Massenvertreibung und -emigration von rund 850.000 Juden aus den arabischen Ländern, was aber mit dem Krieg nicht unmittelbar in Zusammenhang stand.

Besatzungsmacht Israel

Die weiteren fünf Kriege und bewaffneten Auseinandersetzungen sollen hier nicht mehr im Detail erörtert werden. Zu erwähnen ist jedoch der „Sechstagekrieg“ 1967, in dem Israel den Gazastreifen, die Sinai-Halbinsel (Ägypten), das Westjordanland (Jordanien), die Golanhöhen (Syrien) sowie Ostjerusalem eroberte, so sein  Territorium  erneut massiv erweitern konnte und damit zur Besatzungsmacht wurde. Die israelischen Regierungen forcierten daraufhin den Bau von Siedlungen in den besetzten Gebieten. Die Palästinenser leisteten indes den von Israel geschaffenen Realitäten Widerstand – sowohl gewaltsam als auch gewaltlos und auf dem Verhandlungsweg.

Teilweise Gebietsrückgabe

Der Golan und Ostjerusalem sind auch heute noch israelisch besetzt, die Sinai-Halbinsel wurde hingegen nach den Camp-David-Verhandlungen ab 1979 schrittweise an Ägypten zurückgegeben. Auch den  Gazastreifen  räumten die Israelis wieder – ebenso die dort errichteten jüdischen Siedlungen. Im  Westjordanland  ist die Lage hingegen komplizierter.

Dreiteilung des Westjordanlands

Im Zuge des Osloer Friedensabkommens wurde das Westjordanland – Ostjerusalem ausgenommen – in drei Zonen unterteilt. In der  autonomen Zone A,  in der die großen Städte, ausgenommen Hebron, liegen (18 Prozent der Fläche), erhielten die Palästinenser die Selbstverwaltung. Das Sagen hat die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO). In  Zone B  mit rund 450 Kleinstädten sowie Dörfern (22 Prozent) gelten palästinensische Zivilverwaltung und israelische Sicherheitshoheit. Die  Zone C , die gut 60 Prozent der Fläche ausmacht, steht unter vollständiger israelischer Kontrolle. Landwirtschaft ist den Palästinensern hier erlaubt, die Errichtung von Gebäuden aber weitgehend verboten.

Jüdische Siedlungen

Stattdessen überzieht die vollständig unter israelischer Kontrolle stehenden  C-Gebiete  heute ein Netz von 250 – völkerrechtlich illegalen –  jüdischen Siedlungen  und  Siedler-Außenposten. Zudem gibt es fast 800 isrealische Hindernisse wie Checkpoints, Tore oder Straßensperren, die die Bewegungsfreiheit der Palästinenser einschränken. Laut UN-Angaben leben im Westjordanland (inklusive Ostjerusalem) rund 700.000 jüdische Siedler zwischen 3,3 Millionen Palästinensern.

Die Jerusalemfrage

Eines der großen israelisch-palästinensischen Konfliktfelder ist die Jerusalemfrage. Die Stadt ist geteilt in einen palästinensisch besiedelten (und jüdisch besetzten) Ost- sowie einen jüdischen Westteil. Während die Palästinenser den Ostteil als Hauptstadt eines erhofften palästinensischen Staates betrachten, gilt den Israelis das gesamte, ungeteilte Jerusalem als Hauptstadt.

„Heilige Stadt“

Im Ostteil Jerusalems liegt auch die Altstadt mit der christlichen Grabeskirche sowie dem Tempelberg mit der jüdischen Klagemauer und dem muslimischen Felsendom sowie der Al-Aksa-Moschee. Jerusalem gilt allen drei Religionen als „Stadt Gottes“.

Gewaltorgie ab
Herbst 2023

Jüngstes Kapitel in der gewaltvollen israelisch-palästinensischen Geschichte: Am 7. Oktober 2023 begann mit den Angriffen von   Kämpfern und   Raketen der seit 2007 im Gazastreifen herrschenden Hamas eine Gewaltorgie. Der Terrorangriff forderte nach israelischen Angaben 1194 Todesopfer unter den Israelis. Die israelischen Streitkräfte reagierten mit massiven   Bombardements im Gazastreifen. Außerdem verschleppten die Terroristen Israel zufolge 251 Geiseln in den Küstenstreifen.

Die Karte zeigt eine Auswahl der Raketen- und Bombeneinschläge.

Die Entwicklungen im Gazastreifen

Die israelische Armee kündigte als Reaktion eine Bodenoffensive im von mehr als 2,1 Millionen Palästinensern bewohnten, 365 Quadratkilometer großen Gazastreifen an und rief die Bevölkerung im  Norden  des Küstenstreifens (gut 1 Million) zur Evakuierung in den  Süden  auf. Außerhalb des Gazastreifens können sich die Palästinenser nicht in Sicherheit bringen, da die   Grenzübergänge zu Israel geschlossen sind. Auch über den einzigen Übergang zu Ägypten,   Rafah, ist die Ausreise – außer teilweise für ausländische Staatsbürger – nicht möglich. Von 21. Oktober bis 7. November konnten dort allerdings etwa 570 Lastwagen mit Hilfsgütern passieren. Die  dunklen Flecken  auf der Karte zeigen die bebauten Gebiete.

Tunnelnetzwerk

Israel wirft der Hamas vor, Zivilisten als „menschlichen Schutzschild“ zu missbrauchen und sich innerhalb von Wohngebäuden und Tunneln unter Häusern zu verstecken. Insgesamt soll das Tunnelnetzwerk mehrere Hundert Kilometer lang sein – von engen Gängen, in denen sich ein Einzelner gerade hindurchzwängen kann, bis hin zu breiten Röhren, die sogar Platz für Autos bieten sollen. In den Tunneln befindet sich der Großteil der militärischen Infrastruktur der Terrormiliz. Die Karte zeigt  von Israel 2021 identifizierte  sowie vor den derzeitigen Angriffen  bereits zerstörte  Tunnel.

Die Bodenoffensive

Drei Wochen nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel habe man die „zweite Phase des Kriegs“ eingeläutet, teilte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am 28. Oktober in einer Pressekonferenz mit. Zunächst einzelne, kurze Bodeneinsätze im Gazastreifen weiteten sich immer mehr aus. Israelische Einheiten drangen etwa vom Norden nahe der Mittelmeerküste und südlich der Stadt Gaza   in den Gazastreifen vor.

Kämpfe in Gaza-Stadt

Gaza-Stadt sei „eingekreist, wir operieren innerhalb der Stadt“, sagte Ministerpräsident Netanjahu am 7. November. Augenzeugen berichteten von israelischen Panzern auf zentralen Straßen von Gaza-Stadt. Die Karte zeigt die vom Institute for the Study of War lokalisierten  Operationsgebiete der Israelis  bis 22. November. In der Nacht auf 15. November drangen israelische Einheiten in das Al-Shifa-Krankenhaus, die größte   Klinik des Gazastreifens, vor. Israel vermutete unter dem Spital eine Hamas-Kommandozentrale und führte Journalisten in einen Tunnel am Spitalsgelände. Berichtet wurde auch von heftigen Kämpfen in der Nähe des Al-Kuds-Krankenhauses. Im März 2024 kam es rund um das Al-Shifa-Spital erneut zu Kämpfen.

Waffenruhe und Israels Vormarsch im Süden

Ab 24. November kamen im Zuge einer Waffenruhe bis 1. Dezember rund 100 der 251 Geiseln frei – im Austausch für 240 palästinensische Häftlinge. Nach Ablauf der Feuerpause flammten erneut heftige Kämpfe auf. Israelische Truppen rückten im Rahmen ihrer Bodenoffensive im Dezember nun auch   in den Süden des Gazastreifens vor. Mit Stand Juli 2024 sollen laut UN-Angaben 90 Prozent der Menschen in Gaza bzw. 1,9 Millionen Binnenvertriebene sein.

Kämpfe in Khan Younis

Im Süden entwickelten sich in Khan Younis, der zweitgrößten Stadt des Gazastreifens, erbitterte Gefechte. Die israelische Armee stürmte dort Ende Dezember nach eigenen Angaben das Hamas-Hauptquartier. Im Februar 2024 drohte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu mit einem Angriff auf Rafah, wohin zahlreiche Palästinenser geflohen sind. Demzufolge lebten dort 1,4 Millionen Menschen auf engstem Raum – vor dem Krieg waren es 300.000. Der UNO-Sicherheitsrat verabschiedete im März indes eine Resolution über einen sofortigen Waffenstillstand im Küstenstreifen.

Offensive in Rafah

Im Mai drang Israel mit Panzern nach Rafah ein. Hundertausende sind laut UN aus der Stadt geflohen. Die Karte zeigt die  Operationsgebiete  der Israelis Anfang Juli sowie Gebiete, in denen das israelische Militär im Zuge der Bodenoffensive  bereits operiert hatte  und sich mittlerweile wieder zurückgezogen hat. Parallel wurde indes über eine Waffenruhe verhandelt. Für Hilfslieferungen geöffnet   waren Anfang Juli zwei Grenzübergänge. Zudem war im Mai ein   Pier für humanitäre Hilfe per Schiff in Betrieb gegangen.

Aktuelle Lage im Gazastreifen

Die Lage im Gazastreifen Ende Oktober 2024, mehr als ein Jahr nach dem Hamas-Terrorangriff: Neben dem laufenden  israelischen Militäreinsatz  kommt es zu Luftschlägen. Dabei wurden in den vergangenen Monaten auch mehrere ranghohe Hamas-Funktionäre, etwa Regierungschef Rawhi Mushtaha und Militärchef Mohammed Deif, getötet – zuletzt, bei einem Feuergefecht am 16. Oktober, sogar Hamas-Chef Yahya Sinwar. Drei Grenzübergänge sind   für Hilfslieferungen geöffnet. Der Betrieb des   provisorischen Piers für humanitäre Hilfe wurde hingegen im Juli nach nur wenigen Betriebstagen etwa wegen Problemen durch den Seegang eingestellt.

Zerstörte Gebäude

Eine UNOSAT-Satellitenbildanalyse geht davon aus, dass bis Anfang Juli 156.409 Gebäude (63 Prozent aller Gebäude im gesamten Gazastreifen) zerstört worden sind. Eine BBC-Analyse aus dem Jänner ergab vergleichbare Werte. Die Anzahl der bisher durch Bombardements und bei Kämpfen getöteten Palästinenser ist unklar, da es keine gesicherten Zahlen gibt. Die Hamas spricht mit Stand Ende Oktober von mehr als 43.000 Getöteten, was sich aber nicht unabhängig überprüfen lässt. Rund 100 Geiseln sollen sich ebenfalls noch im Gazastreifen befinden. 33 von ihnen wurden von Israel aber bereits für tot erklärt. Nach Angaben Israels kamen bei der Bodenoffensive rund 300 israelische Soldatinnen und Soldaten ums Leben.

Spannungen im Westjordanland

Auch im Westjordanland haben seit dem 7. Oktober 2023 die Spannungen zugenommen. Immer wieder kommt es zu  gewaltsamen Zusammenstößen zwischen israelischen Soldaten und militanten Palästinensern, wie diese Karte mit Stand Ende September 2024 zeigt. Zudem werden verstärkt Angriffe von israelischen Siedlern auf Palästinenser registriert. Mancherorts kam es zudem auch zu   Vertreibungen: 1300 Palästinenser wurden (Stand August) nach Berichten von B'Tselem gewaltsam aus ihren Behausungen vertrieben.

Militäreinsatz im Westjordanland

Ab Ende August führte Israel außerdem eine größere   mehrtägige Militäroperation im Norden des Gebietes durch. Mehr als 700 Palästinenser und 24 Israelis (Zivilisten und Soldaten) wurden laut UNOCHA seit 7. Oktober 2023 im Westjordanland getötet. Laut der Friedensbewegung „Peace Now“ hat Israel heuer bis Anfang August zudem rund 24 Quadratkilometer Land zu israelischem „Staatsland“ erklärt.

Eskalation an der Grenze zum Libanon

An der israelisch-libanesischen Grenze ist die Lage ebenfalls zunehmend eskaliert. Dort  beschießt die Hisbollah den Norden Israels. Die mit der Hamas verbündete Gruppierung wurde in den 1980er-Jahren als Reaktion auf die damalige israelische Invasion im Libanonkrieg gegründet. Sie wird vom Iran unterstützt und ist in vielen Ländern als Terrororganisation eingestuft. Auf den Hisbollah-Beschuss reagiert Israel mit  Bombardements im Südlibanon.

Südlibanon im Detail

Die Karte illustriert nochmals im Detail, wo von 7. Oktober 2023 bis 22. September 2024 die  Hisbollah Israel mit Artillerie, Raketen oder Drohnen beschossen und wo  Israel den Südlibanon bombardiert hat. Nach israelischen Angaben mussten in Grenznähe mehr als 80.000 Israelis evakuiert werden, im Libanon sollen laut UN-Migrationsagentur IOM zunächst mehr als 76.000 Menschen geflohen sein.

Die Karte bezieht sich auf eine Vielzahl von Quellen, die das Washington Institute zusammengetragen hat, darunter Medien, aber auch Israel und die Hisbollah.

Kommunikationsgeräte als Waffen

Im Libanon   explodierten am 18. und 19. September hunderte Pager und Funkgeräte von Hisbollah-Mitgliedern. Israel äußerte sich nicht zur Urheberschaft der Explosionen mit 39 Toten und fast 3000 Verletzten. Am 30. Juli sowie am 20. September wurden bei israelischen   Luftangriffen bei Beirut ranghohe Hisbollah-Kommandeure getötet, am 28. September schließlich Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah. Schon am 1. April starben bei einem mutmaßlichen Luftangriff Israels auf das iranische Botschaftsgelände in der syrischen Hauptstadt Damaskus unter anderem Generäle der iranischen Revolutionsgarden.

Die Karte zeigt eine Auswahl an Orten mit bestätigten Explosionen.

Bombenkampagne als Auftakt zur Invasion

Die israelische Armee fliegt ab 23. September ihren bisher größten Lufteinsatz gegen die Hisbollah seit Beginn des Gaza-Krieges. Die israelische Armee meldet 2000 Angriffe auf „terroristische Ziele“ im Libanon binnen drei Tagen. Auch die Hisbollah beschießt Israel weiter. Die israelische Luftkampagne bildete den Auftakt für eine Invasion mit Bodentruppen in den Südlibanon. Die libanesischen Behörden melden von 8. Oktober 2023 bis 14. Oktober 2024 mehr als 2200 Tote und mehr als eine Million Vertriebene.

Die Karte zeigt die israelischen Bombardements sowie den Beschuss Israels durch die Hisbollah jeweils von 23. September bis 1. Oktober.

UNO-Mission im Libanon

Angesichts mehrerer Invasionen Israels im Südlibanon etablierte die UNO ab 1978 eine Friedensmission (UNIFIL) im Gebiet  zwischen Litani-Fluss und „Blauer Linie“,  aus dem sich die israelische Armee zuletzt 2006 nach Israel zurückzog. Die „Blaue Linie“ entspricht weitgehend der international anerkannten Grenze zwischen den beiden Ländern. Österreich beteiligt sich mit rund 170 Soldatinnen und Soldaten an der UNIFIL-Mission. Auch auf den Golanhöhen operieren UN-Friedenstruppen im Rahmen einer Beobachtermission (UNDOF). Eine  Pufferzone  trennt dort seit 1974 israelische und syrische Truppen. Österreich beendete 2013 seine Teilnahme an der UNDOF-Mission. Die Karte zeigt die   UN-Standorte und   UN-Beobachtungsposten im Südlibanon und am Golan.

Bodenoffensive im Libanon

Anfang Oktober 2024 startet nach den vorbereitenden Bombardements die aktuelle  Bodenoffensive Israels im Libanon.  Die Israelis rücken dabei im  Operationsgebiet der UNO-Blauhelme  gegen Hisbollah-Positionen vor. Im Zuge der Offensive geraten die UNO-Blauhelme auch wiederholt unter Beschuss. Fünf von ihnen wurden bis 29. Oktober verletzt. Die meisten Angriffe werden den israelischen Truppen zugeschrieben. Am 29. Oktober kommen erstmals auch österreichische Blauhelme zu Schaden. Acht von ihnen werden bei einem Raketenangriff unklarer Herkunft leicht verletzt. Von 23. September bis 8. Oktober 2023 flohen laut UN rund 250.000 Menschen aus dem Libanon nach Syrien; 70 Prozent davon sind Syrer, die ehemals aus Syrien geflohen sind.

Machtverhältnisse im Nahen Osten

Aber was hat eigentlich die libanesische Hisbollah mit dem aktuellen israelischen Krieg gegen die Hamas zu tun? Dazu muss man auf die Machtverhältnisse im Nahen Osten blicken: Vereinfacht gesagt, sind die Länder in der Region entweder  Verbündete der USA  (und stehen Israel neutral bis freundschaftlich, zumindest aber nicht feindlich gegenüber) oder aber  Verbündete des Iran,  der Israel als Erzfeind betrachtet und mit Vernichtung droht. Im Irak gibt es Beziehungen zu beiden Machtpolen. Gruppierungen wie die Hamas, Hisbollah oder die Huthi-Rebellen im Jemen werden vom Iran finanziell unterstützt und gegen Israel in Stellung gebracht. In der iranischen Hauptstadt Teheran wurde am 31. Juli der Chef des Hamas-Politbüros, Ismail Haniyeh, getötet. Der Iran beschuldigt Israel.

Raketen aus dem Iran

In der Nacht auf den 14. April 2024 griff der Iran seinen Erzfeind Israel erstmals direkt an. Rund 300 Raketen und Drohnen sollen abgefeuert worden sein, großteils vom Iran sowie von der Hisbollah und den Huthi-Rebellen. Fast alle Flugkörper wurden aber abgefangen, viele von Israels Raketenabwehrschild „Iron Dome“, aber auch den US-Streitkräften oder von Jordanien. Nur wenige Raketen bzw. Geschoßteile richteten demnach Schäden an. Die Karte illustriert schematisch die Angriffe und zeigt eine Auswahl der   Schäden und Spuren des Angriffs bzw. der   abgefangenen Geschoße.

Wieder Raketen
aus dem Iran

Am 1. Oktober feuerte der Iran zum zweiten Mal Raketen auf Israel – nach israelischen Angaben rund 180 –, sie konnten jedoch wieder großteils abgefangen werden. Es gibt aber auch mehrere   Einschläge, die Karte zeigt eine Auswahl. Einziger bekannter Todesfall ist ein Palästinenser im Westjordanland, der von Raketenteilen getroffen wurde. In der Nacht auf den 26. Oktober flog Israel einen Vergeltungsschlag gegen den Iran. Bei dem Luftangriff sollen Raketenstellungen und -produktionsstätten und auch Ziele in Syrien getroffen worden sein.

Die jüngste Eskalation der Beziehungen zwischen Israel und den Palästinensern erfolgte nicht im luftleeren Raum: Nach Gewaltausbrüchen 2021 und 2022 kam es auch 2023 schon zu palästinensischen Anschlägen, israelischen Militäraktionen und Zusammenstößen mit Toten auf beiden Seiten. Im Dezember 2022 war in Israel die bisher religiöseste und rechteste Regierung angelobt worden. Anfang Jänner 2023 besuchte der rechtsextreme Minister Itamar Ben-Gvir den Tempelberg. Eine Provokation für die Palästinenser, die frappierend an den Besuch Ariel Scharons im Jahr 2000 erinnert, der damit einen bewaffneten Aufstand der Palästinenser (Zweite Intifada) auslöste.

Von Beginn der Zweiten Intifada im September 2000 bis zum Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 kamen im Zuge des Konflikts laut dem Israeli Information Center for Human Rights (B'Tselem) 11.439 Palästinenser und 1330 Israelis ums Leben.

Von 1948 bis 2000 forderte der Konflikt ebenso Tausende Tote – genaue und verlässliche Opferzahlen gibt es für diese Zeit nicht.

Zusammenstellung: Jonas Binder

Karten: Silke Ulrich, Eva Wabscheg, Fatima Al Masodi

Quellen: Der Nahost-Konflikt: Eine Einführung (Margret Johannsen, 2017), Der Nahostkonflikt: Eine Einführung (Martin Pabst, 2018), Der Nahost-Konflikt (Klaus Gerd Steen, 2007), Bundeszentrale für politische Bildung Deutschland, Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, APA, dpa, UN/UNOCHA, B'Tselem.

Kartenquellen: APA; Encyclopædia Britannica; AlJazeera, Library of Congress/Sami Hadawi (Reprod. Palestine Survey Maps); Margret Johannsen/PASSIA, Mideastweb; UN/UNOCHA; APA/peacenow.org.il; APA/dpa, ISW, CNN, NYTimes; APA/BBC, Wall Street Journal, Institute for the Study of War und AEI's Critical Threats Project; B'Tselem; The Washington Institute for Near East Policy; BBC/CUNY Graduate Center, Oregon State University; Le Monde.

Inspiriert von dem Dossier „How the political maps of Israel and Palestine have changed“ der NZZ.