GESCHICHTE DER GEWALT

Der israelisch-palästinensische Konflikt in Karten erklärt

GESCHICHTE IN KARTEN

Der lange israelisch-palästinensische Konflikt und der neue Krieg in Nahost

Von Silke Ulrich, Jonas Binder, Eva Wabscheg und Fatima Al Masodi

Von seiner Gründung 1948 bis 2023 war Israel in sechs Kriegen Konfliktpartei. Die Geschichte des jüdischen Staates, eingebettet in eine islamische Welt, ist geprägt von Konflikten um begrenzte Ressourcen, insbesondere Wasser und Land. Großmächte wie die USA und die Sowjetunion bzw. Russland, aber auch Saudi-Arabien und der Iran haben und hatten stets wirtschaftliche und militärische Interessen in dieser Region. Eine Reise von biblischen Zeiten bis zu den  aktuellen Ereignissen des neuen Krieges – zuletzt aktualisiert am 6. Mai 2025.

Biblisches Israel

Bereits in der antiken und mittelalterlichen Geschichte des Gebiets Palästina zwischen Mittelmeer und Jordan waren Auseinandersetzungen zwischen polytheistischen Völkern, Juden und später auch Christen sowie Muslimen oft religiös begründet. Aus der Bronzezeit sind die Kanaanäer, israelitische Nomaden (Hebräer) und Philister bekannt. Die religiöse Komponente ist insbesondere von Bedeutung, als dass Juden mit dem israelitischen Reich des beginnenden ersten Jahrtausends vor Christus – dem  biblischen Israel König Davids und Salomons  bzw. dem „Gelobten Land“ – ihren heutigen Anspruch auf das Land begründen.

Osmanische Herrschaft

Während des Ersten Weltkriegs wollten die Alliierten die arabischen Stämme in der Region, die unter die Herrschaft des  Osmanischen Reichs  gekommen waren, mit der Aussicht auf ein eigenes arabisches Reich zum Aufstand gegen den Sultan bewegen. Ein solches Reich hätte unter anderem auch Palästina umfassen sollen. Besonders Großbritannien tat sich mit Versprechungen hervor, wie nicht zuletzt im autobiografischen Roman „Die sieben Säulen der Weisheit“ des britischen Offiziers T. E. Lawrence nachzulesen ist. Nach Palästina wanderten ab 1882 aber auch Juden aus (Ost-)Europa auf der Flucht vor dem aufkeimenden modernen Antisemitismus aus. Wichtiger Vordenker der zionistischen Bewegung war Theodor Herzl.

Britische Mandatszeit

Doch die Araber gingen leer aus. Im Sykes-Picot-Abkommen planten die Briten und Franzosen die Aufteilung der Gegend in ihre jeweiligen Einfluss- und Herrschaftsgebiete. Nach dem Ersten Weltkrieg erhielten die Briten durch den Völkerbund (Vorläufer der Vereinten Nationen) ein Mandat über das heutige  Israel  westlich und  Jordanien  östlich des Jordan. Letzteres wurde 1946 als Königreich – ein arabisches Land – vollständig unabhängig.

Jüdische Einwanderung

Währenddessen ging die jüdische Einwanderung weiter, „die Schaffung einer nationalen Heimstätte in Palästina für das jüdische Volk“ (Balfour-Deklaration 1917) wurde von den Briten dezidiert unterstützt. Der Anteil der Jüdinnen und Juden an der Gesamtbevölkerung wuchs etwa gegen Ende des Zweiten Weltkriegs auf ein Drittel an und auch der  jüdische Landbesitz  nahm stark zu. In weiterer Folge kam es immer wieder zu gewaltsam ausgetragenen Konflikten zwischen der arabischen Bevölkerung und den Einwanderern.

UN-Teilungsplan

Nachdem den Briten die Kontrolle über das arabisch-jüdische "Pulverfass" entglitten war, sollte 1947 ein Teilungsplan der Vereinten Nationen (UN) für das Gebiet westlich des Jordans eine Befriedung herbeiführen. Er sah einen  jüdischen Staat  auf gut 56 Prozent der Landfläche und einen  arabischen Staat  mit knapp 43 Prozent der Fläche sowie eine Sonderlösung für Jerusalem vor. Während im arabischen Gebiet kaum Juden lebten, stellten die Araber auch in jenem Gebiet, das den Juden zugesprochen werden sollte, knapp die Mehrheit. Folglich lehnten die Araber ab. Die Juden hingegen wären mit dem Plan einverstanden gewesen – und proklamierten am 14. Mai 1948 den Staat Israel.

Unabhängigkeit
und Krieg

Bereits am Tag nach der Unabhängigkeitserklärung griffen Ägypten, Syrien, der Libanon, Transjordanien und der Irak den neuen jüdischen Staat an. Israel ging siegreich aus diesem ersten Krieg hervor und konnte sein  Staatsgebiet  dabei sogar vergrößern – auf 78 Prozent der Landfläche. Im Zuge der Staatsgründung sind indes laut UN-Schätzungen mehr als 700.000 Araber geflohen bzw. vertrieben worden (rund 100.000 in den Libanon). Es kam in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch zu einer Massenvertreibung und -emigration von rund 850.000 Juden aus den arabischen Ländern, was aber mit dem Krieg nicht unmittelbar in Zusammenhang stand.

Besatzungsmacht Israel

Die weiteren fünf Kriege und bewaffneten Auseinandersetzungen sollen hier nicht mehr im Detail erörtert werden. Zu erwähnen ist jedoch der „Sechstagekrieg“ 1967, in dem Israel den Gazastreifen, die Sinai-Halbinsel (Ägypten), das Westjordanland (Jordanien), die Golanhöhen (Syrien) sowie Ostjerusalem eroberte, so sein  Territorium  erneut massiv erweitern konnte und damit zur Besatzungsmacht wurde. Die israelischen Regierungen forcierten daraufhin den Bau von Siedlungen in den besetzten Gebieten. Die Palästinenser leisteten indes den von Israel geschaffenen Realitäten Widerstand – sowohl gewaltsam als auch gewaltlos und auf dem Verhandlungsweg.

Teilweise Gebietsrückgabe

Der Golan und Ostjerusalem sind auch heute noch israelisch besetzt, die Sinai-Halbinsel wurde hingegen nach den Camp-David-Verhandlungen ab 1979 schrittweise an Ägypten zurückgegeben. Auch den  Gazastreifen  räumten die Israelis wieder – ebenso die dort errichteten jüdischen Siedlungen. Im  Westjordanland  ist die Lage hingegen komplizierter.

Dreiteilung des Westjordanlands

Im Zuge des Osloer Friedensabkommens wurde das Westjordanland – Ostjerusalem ausgenommen – in drei Zonen unterteilt. In der  autonomen Zone A,  in der die großen Städte, ausgenommen Hebron, liegen (18 Prozent der Fläche), erhielten die Palästinenser die Selbstverwaltung. Das Sagen hat die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO). In  Zone B  mit rund 450 Kleinstädten sowie Dörfern (22 Prozent) gelten palästinensische Zivilverwaltung und israelische Sicherheitshoheit. Die  Zone C , die gut 60 Prozent der Fläche ausmacht, steht unter vollständiger israelischer Kontrolle. Landwirtschaft ist den Palästinensern hier erlaubt, die Errichtung von Gebäuden aber weitgehend verboten.

Jüdische Siedlungen

Stattdessen überzieht die vollständig unter israelischer Kontrolle stehenden  C-Gebiete  heute ein Netz von 250 – völkerrechtlich illegalen –  jüdischen Siedlungen  und  Siedler-Außenposten. Zudem gibt es fast 800 isrealische Hindernisse wie Checkpoints, Tore oder Straßensperren, die die Bewegungsfreiheit der Palästinenser einschränken. Laut UN-Angaben leben im Westjordanland (inklusive Ostjerusalem) rund 700.000 jüdische Siedler zwischen 3,3 Millionen Palästinensern.

Die Jerusalemfrage

Eines der großen israelisch-palästinensischen Konfliktfelder ist die Jerusalemfrage. Die Stadt ist geteilt in einen palästinensisch besiedelten (und jüdisch besetzten) Ost- sowie einen jüdischen Westteil. Während die Palästinenser den Ostteil als Hauptstadt eines erhofften palästinensischen Staates betrachten, gilt den Israelis das gesamte, ungeteilte Jerusalem als Hauptstadt.

„Heilige Stadt“

Im Ostteil Jerusalems liegt auch die Altstadt mit der christlichen Grabeskirche sowie dem Tempelberg mit der jüdischen Klagemauer und dem muslimischen Felsendom sowie der Al-Aksa-Moschee. Jerusalem gilt allen drei Religionen als „Stadt Gottes“.

Gewaltorgie ab
Herbst 2023

Jüngstes Kapitel in der gewaltvollen israelisch-palästinensischen Geschichte: Am 7. Oktober 2023 begann mit den Angriffen von
  Kämpfern und   Raketen der seit 2007 im Gazastreifen herrschenden Hamas eine Gewaltorgie. Der Terrorangriff forderte nach israelischen Angaben rund 1200 Todesopfer unter den Israelis. Die israelischen Streitkräfte reagierten mit massiven   Bombardements im Gazastreifen. Außerdem verschleppten die Terroristen Israel zufolge 251 Geiseln in den Küstenstreifen.

Die Karte zeigt eine Auswahl der Raketen- und Bombeneinschläge.

Die Entwicklungen im Gazastreifen

Die israelische Armee kündigte als Reaktion eine Bodenoffensive im von mehr als 2,1 Millionen Palästinensern bewohnten, 365 Quadratkilometer großen Gazastreifen an und rief die Bevölkerung im  Norden  des Küstenstreifens (gut 1 Million) zur Evakuierung in den  Süden  auf. Außerhalb des Gazastreifens können sich die Palästinenser nicht in Sicherheit bringen, da die   Grenzübergänge zu Israel geschlossen sind. Auch über den einzigen Übergang zu Ägypten,   Rafah, ist die Ausreise – außer teilweise für ausländische Staatsbürger – nicht möglich. Von 21. Oktober bis 7. November 2023 konnten dort allerdings etwa 570 Lastwagen mit Hilfsgütern passieren. Die  dunklen Flecken  auf der Karte zeigen die bebauten Gebiete.

Tunnelnetzwerk

Israel wirft der Hamas vor, Zivilisten als „menschlichen Schutzschild“ zu missbrauchen und sich innerhalb von Wohngebäuden und Tunneln unter Häusern zu verstecken. Insgesamt soll das Tunnelnetzwerk mehrere Hundert Kilometer lang sein – von engen Gängen, in denen sich ein Einzelner gerade hindurchzwängen kann, bis hin zu breiten Röhren, die sogar Platz für Autos bieten sollen. In den Tunneln befindet sich der Großteil der militärischen Infrastruktur der Terrormiliz. Die Karte zeigt  von Israel 2021 identifizierte  sowie vor den derzeitigen Angriffen  bereits zerstörte  Tunnel.

Die Bodenoffensive

Drei Wochen nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel habe man die „zweite Phase des Kriegs“ eingeläutet, teilte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am 28. Oktober 2023 in einer Pressekonferenz mit. Zunächst einzelne, kurze Bodeneinsätze im Gazastreifen weiteten sich immer mehr aus. Israelische Einheiten drangen etwa vom Norden nahe der Mittelmeerküste und südlich der Stadt Gaza   in den Gazastreifen vor.

Kämpfe in Gaza-Stadt

Die Kämpfe erreichten bald auch Gaza-Stadt, Augenzeugen berichteten von israelischen Panzern auf zentralen Straßen. Die Karte zeigt die vom Institute for the Study of War lokalisierten  Operationsgebiete der Israelis  bis 22. November. In der Nacht auf 15. November 2023 drangen israelische Einheiten in das Al-Shifa-Krankenhaus, die größte
  Klinik des Gazastreifens, vor. Israel vermutete unter dem Spital eine Hamas-Kommandozentrale und führte Journalisten in einen Tunnel am Spitalsgelände. Berichtet wurde auch von heftigen Kämpfen in der Nähe des Al-Kuds-Krankenhauses. Im März 2024 kam es rund um das Al-Shifa-Spital erneut zu Kämpfen.

Waffenruhe und Israels Vormarsch im Süden

Ab 24. November kamen im Zuge einer Waffenruhe bis 1. Dezember 2023 rund 100 der 251 Geiseln frei – im Austausch für 240 palästinensische Häftlinge. Nach Ablauf der Feuerpause flammten erneut heftige Kämpfe auf. Israelische Truppen rückten im Rahmen ihrer Bodenoffensive im Dezember nun auch   in den Süden des Gazastreifens vor. Mit Stand Mai 2025 wurden nach UN-Angaben 90 Prozent der Menschen bzw. 1,9 Millionen mindestens einmal innerhalb des Gazastreifens vertrieben, manche davon mehrfach.

Kämpfe in Khan Younis

Im Süden entbrannten in Khan Younis, der zweitgrößten Stadt des Gazastreifens, erbitterte Gefechte. Die israelische Armee stürmte dort Ende Dezember 2023 nach eigenen Angaben das Hamas-Hauptquartier. Im Februar 2024 drohte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu mit einem Angriff auf Rafah, wohin zahlreiche Palästinenser geflohen waren. Demzufolge lebten dort 1,4 Millionen Menschen auf engstem Raum – vor dem Krieg waren es 300.000. Der UNO-Sicherheitsrat verabschiedete im März 2023 indes eine Resolution über einen sofortigen Waffenstillstand im Küstenstreifen.

Offensive in Rafah

Im Mai 2024 drang Israel mit Panzern nach Rafah ein. Hundertausende waren laut UN aus der Stadt geflohen. Die Karte zeigt die  Operationsgebiete  der Israelis Anfang Juli 2024 sowie Gebiete, in denen das israelische Militär im Zuge der Bodenoffensive  bereits operiert hatte  und sich mittlerweile wieder zurückgezogen hat. Parallel wurde indes über eine Waffenruhe verhandelt. Für Hilfslieferungen geöffnet   waren Anfang Juli zwei Grenzübergänge. Zudem war im Mai 2024 ein   Pier für humanitäre Hilfe per Schiff in Betrieb gegangen.
Die Lage im Gazastreifen Ende Oktober 2024, mehr als ein Jahr nach dem Hamas-Terrorangriff: Neben dem laufenden  israelischen Militäreinsatz  erfolgen immer wieder Luftschläge. Dabei wurden auch mehrere ranghohe Hamas-Funktionäre, etwa Regierungschef Rawhi Mushtaha und Militärchef Mohammed Deif, getötet. Bei einem Feuergefecht am 16. Oktober 2024 starb sogar Hamas-Chef Yahya Sinwar. Der Betrieb des   provisorischen Piers für humanitäre Hilfe wurde im Juli 2024 nach nur wenigen Betriebstagen etwa wegen Problemen durch den Seegang eingestellt.

Erneute Waffenruhe

Nach mehr als 15 Monaten Krieg trat am 19. Jänner 2025 nach monatelangen Verhandlungen mit den USA, Katar und Ägypten als Vermittler eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas in Kraft. Die  israelischen Streitkräfte  sollen sich schrittweise aus dem Zentrum des Gazastreifens zurückziehen und die in den Süden des Küstengebietes vertriebenen Palästinenser in den Norden zurückkehren können. Zudem sollen israelische Geiseln im Gegenzug für zahlreiche palästinensische Gefangene freigelassen werden. Mit Stand 22. Februar 2025 wurden laut israelischer Regierung 147 Geiseln freigelassen bzw. lebend befreit und 44 Tote übergeben bzw. geborgen.

Mögliche Besetzung

Mitte März 2025 ist die zweimonatige Waffenruhe im Gazastreifen wieder vorbei: Israelische Kampfflugzeuge bombardieren Ziele im gesamten Küstenstreifen, Panzer beschießen das Gebiet. Zudem sind alle Grenzen dicht, Israel blockiert die Hilfslieferungen nach Gaza. Anfang Mai werden angebliche Pläne des israelischen Sicherheitskabinettes bekannt, die eine Eroberung und dauerhafte Besetzung des Palästinensergebietes vorsehen. Zehntausende Reservisten sollen mobilisiert werden. US-Präsident Donald Trump hat sich zuvor gar für eine Absiedelung der Palästinenser aus dem Gazastreifen ausgesprochen. Israel hat unterdessen laut UN bereits rund 50 Prozent Küstenstreifens zur   „Sicherheitszone“ erklärt, in der die Armee operiert und die Kontrolle ausübt.

Zerstörte Gebäude

Eine UNOSAT-Satellitenbildanalyse geht davon aus, dass bis Dezember 2024 69 Prozent aller Gebäude im gesamten Gazastreifen zerstört oder beschädigt worden sind. Andere Analysen, etwa des Guardian, ergaben vergleichbare Werte. Die Anzahl der bisher durch Bombardements und bei Kämpfen getöteten Palästinenser ist unklar, da es keine gesicherten Zahlen gibt. Die Hamas spricht Ende April 2025 von mehr als 52.000 Getöteten, was sich aber nicht unabhängig überprüfen lässt. Israelischen Medienberichten zufolge kamen bei der Bodenoffensive im Küstenstreifen bis Mai 2025 mehr als 400 israelische Soldatinnen und Soldaten ums Leben. Im November 2024 hat der Internationale Strafgerichtshof Haftbefehle gegen Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu, Ex-Verteidigungsminister Joav Gallant und den bereits toten Hamas-Anführer Mohammed Deif erlassen.

Spannungen im Westjordanland

Auch im Westjordanland haben seit dem 7. Oktober 2023 die Spannungen zugenommen. Immer wieder kommt es zu  gewaltsamen Zusammenstößen zwischen israelischen Soldaten und militanten Palästinensern, wie diese Karte mit Stand Ende September 2024 zeigt. Zudem werden verstärkt Angriffe von israelischen Siedlern auf Palästinenser registriert. Mancherorts kam es zudem auch zu   Vertreibungen: 1300 Palästinenser wurden (Stand August) nach Berichten von B'Tselem gewaltsam aus ihren Behausungen vertrieben.

Militäreinsätze im Westjordanland

Ab Ende August 2024 führte Israel außerdem eine größere   mehrtägige Militäroperation im Norden des Gebietes durch. Im Jänner 2025 kam es abermals zu einem israelischen Militäreinsatz in der Stadt Jenin. 908 Palästinenser und 32 Israelis (Zivilisten und Soldaten) wurden laut UN seit 7. Oktober 2023 im Westjordanland getötet. Laut der Friedensbewegung „Peace Now“ hat Israel 2024 bis Anfang August zudem rund 24 Quadratkilometer Land zu israelischem „Staatsland“ erklärt.

Eskalation an der Grenze zum Libanon

Im Schatten der Kämpfe zwischen Israel und Hamas war die Lage an der israelisch-libanesischen Grenze ebenfalls zunehmend eskaliert: Die  Hisbollah beschoss den Norden Israels, worauf Israel mit  Bombardements im Südlibanon reagierte. Die mit der Hamas verbündete Hisbollah wurde in den 1980er-Jahren als Reaktion auf die damalige israelische Invasion im Libanonkrieg gegründet. Sie wird vom Iran unterstützt und ist in vielen Ländern als Terrororganisation eingestuft.

Südlibanon im Detail

Die Karte illustriert nochmals im Detail, wo von 7. Oktober 2023 bis 22. September 2024 die  Hisbollah Israel mit Artillerie, Raketen oder Drohnen beschossen und wo  Israel den Südlibanon bombardiert hat. Nach israelischen Angaben mussten in Grenznähe mehr als 80.000 Israelis evakuiert werden, im Libanon sollen laut UN-Migrationsagentur IOM zunächst mehr als 76.000 Menschen geflohen sein.

Die Karte bezieht sich auf eine Vielzahl von Quellen, die das Washington Institute zusammengetragen hat, darunter Medien, aber auch Israel und die Hisbollah.

Kommunikationsgeräte als Waffen

Im Libanon   explodierten am 18. und 19. September 2024 hunderte Pager und Funkgeräte von Hisbollah-Mitgliedern. Israel äußerte sich nicht zur Urheberschaft der Explosionen mit 39 Toten und fast 3000 Verletzten. Am 30. Juli sowie am 20. September wurden bei israelischen   Luftangriffen bei Beirut ranghohe Hisbollah-Kommandeure getötet, am 28. September schließlich Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah. Schon am 1. April starben bei einem mutmaßlichen Luftangriff Israels auf das iranische Botschaftsgelände in der syrischen Hauptstadt Damaskus unter anderem Generäle der iranischen Revolutionsgarden.

Die Karte zeigt eine Auswahl an Orten mit bestätigten Explosionen.

Bombenkampagne als Auftakt zur Invasion

Die israelische Armee flog ab 23. September 2024 ihren bisher größten Lufteinsatz gegen die Hisbollah seit Beginn des Gaza-Krieges. Die israelische Armee meldete 2000 Angriffe auf „terroristische Ziele“ im Libanon binnen drei Tagen. Auch die Hisbollah beschoss Israel weiter. Die israelische Luftkampagne bildete den Auftakt für eine Invasion mit Bodentruppen in den Südlibanon. Die libanesischen Behörden meldeten von 8. Oktober 2023 bis 14. Oktober 2024 mehr als 2200 Tote und mehr als eine Million Vertriebene.

Die Karte zeigt die israelischen Bombardements sowie den Beschuss Israels durch die Hisbollah jeweils von 23. September bis 1. Oktober.

UNO-Mission im Libanon

Angesichts mehrerer Invasionen Israels im Südlibanon etablierte die UNO ab 1978 eine Friedensmission (UNIFIL) im Gebiet  zwischen Litani-Fluss und „Blauer Linie“,  aus dem sich die israelische Armee zuletzt 2006 nach Israel zurückzog. Die „Blaue Linie“ entspricht weitgehend der international anerkannten Grenze zwischen den beiden Ländern. Österreich beteiligt sich mit rund 170 Soldatinnen und Soldaten an der UNIFIL-Mission. Auch auf den Golanhöhen operieren UN-Friedenstruppen im Rahmen einer Beobachtermission (UNDOF). Eine  Pufferzone  trennt dort seit 1974 israelische und syrische Truppen. Österreich beendete 2013 seine Teilnahme an der UNDOF-Mission. Die Karte zeigt die   UN-Standorte und   UN-Beobachtungsposten im Südlibanon und am Golan.

Bodenoffensive im Libanon

Anfang Oktober 2024 starteten die israelischen Streitkräfte nach den vorbereitenden Bombardements ihre  Bodenoffensive im Libanon.  Die Israelis rückten dabei im  Operationsgebiet der UNO-Blauhelme  gegen Hisbollah-Positionen vor. Im Zuge der Offensive gerieten die UNO-Blauhelme auch wiederholt unter Beschuss. Fünf von ihnen wurden bis 29. Oktober 2024 verletzt. Die meisten Angriffe werden den israelischen Truppen zugeschrieben. Am 29. Oktober kamen erstmals auch österreichische Blauhelme zu Schaden. Acht von ihnen wurden bei einem Raketenangriff unklarer Herkunft leicht verletzt.
Während  Israels Armee  weiter vorrückte, flohen im Lichte des zugespitzten Konflikts bis Mitte November 2024 etwa 540.000 Menschen aus dem Libanon ins benachbarte Bürgerkriegsland Syrien. Am 27. November 2024 trat schließlich zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz eine Waffenruhe in Kraft. Derzufolge sollte die libanesische Armee im Südlibanon die Kontrolle übernehmen. Der Zeitraum wurde später bis 18. Februar verlängert. Laut UNOCHA sind indes bis 27. Jänner 2025 rund 874.000 Libanesen wieder in ihre Städte und Dörfer zurückgekehrt.

Israel dringt in Syrien ein

Mitte/Ende Februar 2025 hat sich Israel zwar weitgehend aus dem Libanon zurückgezogen, unterhält im Grenzgebiet aber noch Militärposten auf libanesischem Territorium und beschießt Hisbollah-Stellungen. Schon im Dezember 2024 sind  israelische Streitkräfte  unterdessen nach dem Machtwechsel in Syrien in die  UN-Pufferzone  auf den Golanhöhen eingedrungen und von dort aus an mehreren Stellen weiter nach Syrien vorgerückt. Israels Luftwaffe fliegt immer wieder Luftangriffe auf militärische Infrastruktur im Land, Anfang Mai 2025 auch auf Ziele nahe des Präsidentenpalasts in Damaskus. Nach Angaben Israels gehe es dabei um den Schutz der Minderheit der Drusen.

Machtverhältnisse im Nahen Osten

Dazu ein Blick auf die Machtverhältnisse im Nahen Osten: Vereinfacht gesagt, sind die Länder in der Region entweder  Verbündete der USA  (und stehen Israel neutral bis freundschaftlich, zumindest aber nicht feindlich gegenüber) oder aber  Verbündete des Iran,  der Israel als Erzfeind betrachtet und mit Vernichtung droht. So war etwa Syriens gestürzter Machthaber Baschar al-Assad mit dem Iran verbündet. Im Irak gibt es Beziehungen zu beiden Machtpolen. Gruppierungen wie die Hamas, Hisbollah oder die Huthi-Rebellen im Jemen werden vom Iran finanziell unterstützt und gegen Israel in Stellung gebracht. In der iranischen Hauptstadt Teheran wurde am 31. Juli 2024 der Chef des Hamas-Politbüros, Ismail Haniyeh, getötet. Der Iran beschuldigt Israel.

Raketen aus dem Iran

In der Nacht auf den 14. April 2024 griff der Iran seinen Erzfeind Israel erstmals direkt an. Rund 300 Raketen und Drohnen sollen abgefeuert worden sein, großteils vom Iran selbst sowie von der Hisbollah und den Huthi-Rebellen. Fast alle Flugkörper wurden aber abgefangen, viele von Israels Raketenabwehrschild „Iron Dome“, aber auch den US-Streitkräften oder von Jordanien. Nur wenige Raketen bzw. Geschoßteile richteten demnach Schäden an. Die Karte illustriert schematisch die Angriffe und zeigt eine Auswahl der   Schäden und Spuren des Angriffs bzw. der   abgefangenen Geschoße.

Wieder Raketen
aus dem Iran

Am 1. Oktober feuerte der Iran zum zweiten Mal Raketen auf Israel – nach israelischen Angaben rund 180 –, sie konnten jedoch abermals großteils abgefangen werden. Es gab aber auch mehrere   Einschläge, die Karte zeigt eine Auswahl. Einziger bekannter Todesfall ist ein Palästinenser im Westjordanland, der von Raketenteilen getroffen wurde. In der Nacht auf den 26. Oktober flog Israel einen Vergeltungsschlag gegen den Iran. Bei dem Luftangriff sollen Raketenstellungen und -produktionsstätten und auch Ziele in Syrien getroffen worden sein.

Die Eskalation der Beziehungen zwischen Israel und den Palästinensern ab dem 7. Oktober 2023 erfolgte nicht im luftleeren Raum: Nach Gewaltausbrüchen 2021 und 2022 kam es auch 2023 schon zu palästinensischen Anschlägen, israelischen Militäraktionen und Zusammenstößen mit Toten auf beiden Seiten. Im Dezember 2022 war in Israel die bisher religiöseste und rechteste Regierung angelobt worden. Anfang Jänner 2023 besuchte der rechtsextreme Minister Itamar Ben-Gvir den Tempelberg. Eine Provokation für die Palästinenser, die frappierend an den Besuch Ariel Scharons im Jahr 2000 erinnert, der damit einen bewaffneten Aufstand der Palästinenser (Zweite Intifada) auslöste.

Von Beginn der Zweiten Intifada im September 2000 bis zum Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 kamen im Zuge des Konflikts laut dem Israeli Information Center for Human Rights (B'Tselem) 11.439 Palästinenser und 1330 Israelis ums Leben.

Von 1948 bis 2000 forderte der Konflikt ebenso Tausende Tote – genaue und verlässliche Opferzahlen gibt es für diese Zeit nicht.

Zusammenstellung: Jonas Binder

Karten: Silke Ulrich, Eva Wabscheg, Fatima Al Masodi

Quellen: Der Nahost-Konflikt: Eine Einführung (Margret Johannsen, 2017); Der Nahostkonflikt: Eine Einführung (Martin Pabst, 2018); Der Nahost-Konflikt (Klaus Gerd Steen, 2007); Bundeszentrale für politische Bildung Deutschland; Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg; APA; dpa; UN/UNOCHA; B'Tselem.

Kartenquellen: APA; Encyclopædia Britannica; AlJazeera, Library of Congress/Sami Hadawi (Reprod. Palestine Survey Maps); Margret Johannsen/PASSIA, Mideastweb; UN/UNOCHA; APA/peacenow.org.il; APA/dpa, ISW, CNN, NYTimes; APA/BBC, Wall Street Journal, Institute for the Study of War und AEI's Critical Threats Project; B'Tselem; The Washington Institute for Near East Policy; BBC/CUNY Graduate Center, Oregon State University; Le Monde; liveuamap.com.

Inspiriert von dem Dossier „How the political maps of Israel and Palestine have changed“ der NZZ.