Die 15 Kilometer lange, eingleisige, mit 1435 Millimetern normalspurige Bahnstrecke zwischen Weiz und Gleisdorf (Foto) wird eröffnet und bindet Weiz an die bestehende ungarische Westbahnstrecke (heute Steirische Ostbahn) zwischen Raab (Győr) und Graz an.
Diverse Überlegungen werden gewälzt, auch die nördliche Oststeiermark über Weiz an das Bahnnetz anzuschließen. Der Weizer Bürgermeister Josef Mosdorfer setzt sich etwa dafür ein. Konkreter überlegt wird eine Verlängerung der Normalspurstrecke über Anger nach Pöllau; auch eine Strecke von Anger nach Birkfeld ist Thema. Doch das Projekt wird angesichts des anspruchsvollen Geländes als zu teuer und zu aufwendig verworfen.
Unter bereits früher gewälzten Plänen ist auch eine Schmalspurbahn, die nun wieder – da kostengünstiger – auf das Tapet kommt. Die Strecke soll über Birkfeld und Ratten bis nach Rettenegg führen. Starten will man mit dem Abschnitt zwischen Weiz und Birkfeld, ein Bauansuchen ergeht im November 1907 an das Eisenbahnministerium. Am 15. Juli 1909 erfolgt die Bauerlaubnis für eine 760-Millimeter-Schmalspurbahn. Für den Bau wird die Lokalbahn Weiz–Birkfeld AG gegründet, die Arbeiten starten umgehend.
Das Eisenbahnministerium erteilt der Gesellschaft die Konzession für den Betrieb und sagt einen Baukostenzuschuss über 600.000 Kronen zu – etwa 4,34 Mio. Euro nach heutiger Kaufkraft (2023). Doch das Geld wird nie ausbezahlt, die Strecke wird ohne staatliche Zuschüsse in nur 27 Monaten errichtet.
Die rund 24 Kilometer lange Strecke zwischen Weiz und Birkfeld ist fertig und wird am 14. Dezember 1911 eröffnet. Zu den Feierlichkeiten kommt auch Edmund Graf von Attems, Landeshauptmann im Herzogtum Steiermark. Am nächsten Tag startet der Fahrbetrieb mit drei Lokomotiven des Herstellers Krauss/Linz (Baureihe U), den die k.k. Staatsbahnen besorgen (später dann Steiermärkisches Landeseisenbahnamt bzw. Steiermärkische Landesbahnen). Verglichen mit der Postkutsche (rund vier Stunden) hat sich die Fahrzeit nun auf weniger als die Hälfte verringert. Schon damals berichtet die Kleine Zeitung über die Bahn.
Im Ersten Weltkrieg wird versucht, die Strecke von Weiz nach Rettenegg weiterzubauen, um Holz abzutransportieren. Es stammt aus den dortigen Niederlassungen italienischer holzverarbeitender Betriebe, die angesichts des Krieges unter militärische Verwaltung gestellt sind. Während ab 1917 Holztransporte Richtung Wien – wie dieses undatierte Bild zeigt – von Rettenegg über die Feistritzwaldbahn bis Steinhaus durchgeführt werden können, gelingt dies Richtung Süden nicht: Die Bauarbeiten an der Feistritztalbahn, bei denen Kriegsgefangene zum Einsatz kommen, können bis Kriegsende 1918 nicht abgeschlossen werden.
Die halbfertige Strecke wird von der Feistritztaler Bergbau- und Industrie-AG erworben, die die Braunkohlevorkommen in Ratten und St. Kathrein/Hauenstein erschließen möchte. Der Fertigbau bis Ratten wird rasch, wenn auch schlampig, durchgeführt. Das acht Kilometer lange Verbindungsstück nach Rettenegg (zur Feistritzwaldbahn) wird jedoch nicht gebaut.
Das Verkehrsministerium lehnt den Antrag auf Betriebsbewilligung angesichts des desolaten Streckenzustandes ab. Der Güterverkehr wird dennoch – illegal – aufgenommen, zudem werden die Bergleute über die Strecke zu ihren Gruben transportiert.
Der desolate Abschnitt Birkfeld–Ratten geht nun an die Lokalbahn Weiz–Birkfeld AG über, die diesen saniert und so eine durchgängig ab Weiz befahrbare Strecke (auch für den Personenverkehr) ermöglicht. Die feierliche Eröffnung der nun 42 Kilometer langen Gesamtstrecke erfolgt am 29. Mai 1930, zu der sogar Bundespräsident Wilhelm Miklas kommt.
Die private Bahn geht in den Besitz des Landes Steiermark über, bis Mai 1945 ist sie „Gaueisenbahn“. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs zunächst hohe Passagierzahlen.
Der zunehmende Individualverkehr sowie die 1953 eingerichtete Postbuslinie parallel zur Bahnstrecke auf der B 72 setzen der Feistritztalbahn als Personentransportmittel zu. Umbrüche gibt es auch im Güterverkehr: So wird 1958 der Betrieb der Feistritzwaldbahn zwischen Rettenegg und Steinhaus eingestellt; 1960 schließt die Kohlegrube in Ratten. Das Foto zeigt die dortige Kohleverladeanlage.
Nach einem Unwetter fährt ein Personenzug am 17. August 1962 auf eine Mure auf und entgleist. Dampflok und Waggons stürzen über eine Böschung. Es gibt einige teils schwer Verletzte, aber keine Todesopfer.
Die Steiermärkischen Landesbahnen schaffen von 1964 bis 1967 sechs Schmalspur-Diesellokomotiven an. Zwei davon kommen nach Weiz, um die Dampfloks der Feistritztalbahn zu ersetzen.
Die Dampflokomotiven kommen wieder zum Einsatz: Aus touristischen Überlegungen wird ein Nostalgiebetrieb eingerichtet. Die sogenannten „Bummelzüge“ samt Schankwagen und musikalischer Begleitung verkehren regelmäßig zwischen Weiz und Birkfeld oder fahren sogar bis nach Ratten. Ehrenamtlich tätige Eisenbahnfans organisieren diese Zugfahrten. Sie gründen 1973 den „Club U44 - Freunde der Feistritztalbahn“. Im selben Jahr verkehrt am 2. Juni auch der letzte planmäßige Personenzug zwischen Weiz und Birkfeld. Zwischen Birkfeld und Ratten wird schon seit 1971 nicht mehr gefahren.
Angesichts des auch rückläufigen Güterverkehrs ist die Zukunft der Feistritztalbahn ungewiss. Bundeskanzler Bruno Kreisky (SPÖ) sichert 1975 auf Wahlkampftour in Birkfeld den Fortbestand der Strecke zu.
Auch der Güterverkehr zwischen Birkfeld und Ratten wird – im Jahr 1981 – eingestellt. Die Gleise werden abgebaut und auf dem Bahndamm entsteht stattdessen ein Radweg (R8). Gütertransporte werden zunächst noch zwischen Weiz und Anger, später nur noch zwischen Weiz und Oberfeistritz (Talkumwerk) durchgeführt.
Die „Feistritztalbahn Betriebsges.m.b.H.“ wird gegründet, an der neben dem Verein Club U44 auch mehrere Gemeinden, Tourismusverbände und Unternehmen aus der Region beteiligt sind. Sie übernimmt den Bummelzugbetrieb. Hilfe kommt auch vom Bund. Der damalige Bundeskanzler Viktor Klima (SPÖ) hat eine besondere Beziehung zur Oststeiermark, ist er doch in seiner Jugend immer wieder nach Fischbach auf Urlaub gefahren, und unterstützt die Feistritztalbahn dabei, eine Betriebsgenehmigung nach dem Veranstaltungsgesetz zu bekommen.
Tragischer Unfall: Ein ehrenamtlicher Mitarbeiter der Feistritztalbahn stolpert bei Reparaturarbeiten an einem Waggon am Weizer Bahnhof, stürzt auf das Nebengleis und wird von einem einfahrenden Zug überrollt.
Zum 100-Jahr-Jubiläum der Feistritztalbahn wird eine Jubiläumsfahrt ab Graz organisiert. Mit einer Normalspur-Dampflokomotive geht es von Graz über Gleisdorf nach Weiz; anschließend mit zwei Schmalspur-Loks von Weiz nach Birkfeld. Unter den Fahrgästen ist mit Franz Voves (SPÖ) und Hermann Schützenhöfer (ÖVP) auch die steirische Landesspitze. Christian Faul erinnert sich schmunzelnd: „Wir sind davor an der Strecke von Haus zu Haus gefahren und haben die Bewohner gebeten, dem Zug zu winken, wenn er vorbeifährt. Viele haben das wirklich gemacht und Voves und Schützenhöfer haben uns gefragt, ob das immer so sei. Natürlich haben wir ja gesagt.“ Jedenfalls habe dies einiges an Förderungen gesichert, so Faul. Die Feistritztalbahn wird zudem unter Denkmalschutz gestellt.
Aufgrund von Schäden sperren die Steiermärkischen Landesbahnen als Eigentümer den Streckenabschnitt zwischen Weiz und Oberfeistritz. Konkret geht es um die Folgen von Wassereintritt im Hart-Puch-Tunnel sowie um alte, zwei Jahre zuvor nur provisorisch behobene Baufälligkeiten am Bachl-Viadukt (Foto). Der Bummelzug verkehrt deshalb nur zwischen Weiz und Anger. „2014 haben wir zwar noch 15.000 bis 20.000 Beförderungen machen können, aber wir haben immer aus dem letzten Loch gepfiffen“, umreißt Faul die finanzielle Lage. Bis Ende 2014 haben zudem die Landesbahnen noch zwischen Oberfeistritz und Weiz Talkumtransporte durchgeführt.
Die Steiermärkischen Landesbahnen verkaufen die Bahnstrecke an die Feistritztalbahn Betriebsgesm.b.H. Bedingung: Die Strecke muss erhalten bleiben, mindestens 50 Zugpaare von Weiz nach Birkfeld müssen geführt werden und es dürfen keine Grundstücke verkauft werden. Das Bachl-Viadukt wird saniert, der Zug fährt nun wieder entlang der gesamten Strecke von Weiz bis Birkfeld.
Mit Beginn der Arbeiten an der Weizer Ortsdurchfahrt wird die Endstation am Weizer Bahnhof abgetragen, es wird deshalb nur noch bis Anger gefahren. 2018 kollidiert zudem nahe des Sportplatzes Krottendorf ein Pkw auf einem Bahnübergang mit einem Zug der Feistritztalbahn, der etwa 15 km/h schnell unterwegs ist. Der 74-jährige Pkw-Lenker wird schwer verletzt und verstirbt im Krankenhaus.
Die Platzer Industrie Holding steigt in die Betriebsgesellschaft mit 76 Prozent der Anteile und hochtrabenden Plänen ein: Die Strecke soll neben dem Tourismus für Probefahrten (autonomes und batteriebetriebenes Fahren) und die Forschung genutzt werden, sogar von einem Linienbetrieb ist die Rede. Platzer kündigt zudem an, drei bis fünf Millionen Euro in die Strecke zu investieren.
Zwischen dem Club U44 und der Gemeinde Birkfeld einerseits und Mehrheitseigentümer Platzer andererseits herrscht Funkstille. Auch die Bahn steht still. Und dann ist Mehrheitseigentümer Platzer insolvent. Außerdem gibt es eklatante Schäden an der Strecke, etwa eine Rutschung beim Hollersbach-Viadukt (Foto).
Der Birkfelder Gemeinderat Walter Hausleitner (ÖVP) erstellt mit Eisenbahn-Techniker Willibald Maier ein Zukunftskonzept für die Feistritztalbahn. Demnach sollen die Dampfkessel statt mit Kohle nachhaltiger mit Holz befeuert und später sogar der öffentliche Verkehr reaktiviert werden. Indes verfassen die Bürgermeister entlang der Trasse ein Schreiben an Verkehrslandesrat Anton Lang (SPÖ), wonach sie es „begrüßen [würden], wenn das Land Steiermark die Strecke der Feistritztalbahn in einen Radweg umbaut“. Denn zwischen Birkfeld und Koglhof hat der Feistritztalradweg R8 (von Ratten bis Fürstenfeld) eine Lücke. Positiv: Ab August fährt die Bahn endlich wieder, wenn auch nur bis Koglhof. Im November folgen aber, erstmals seit den Bauarbeiten zur Weizer Ortsdurchfahrt, zwei Sonderfahrten von Anger bis nach Weiz.
Nach Hunderten oder eher Tausenden geleisteten Stunden der freiwilligen Helfer wird der Zug am 24. Juni 2023 wieder zwischen Birkfeld und Weiz geführt. Doch die Freude währt kurz: Schon am 2. Juli entgleisen zwei Waggons mit Ausflugsgästen in einem Waldstück zwischen Anger und Rosegg. Ein nicht öffentlicher Bahnübergang eines Forstwegs ist offenbar wegen Niederschlags versandet bzw. verschlammt. Verletzt wird nach ersten Meldungen niemand. Der Zug steht nun abermals still.
Seit der Entgleisung schuften die Ehrenamtlichen für die Instandsetzung der Strecke – mehrere hundert marode Holzschwellen werden erneuert, Bäume und Sträucher weggeschnitten, Unwetterschäden beseitigt – und hoffen auf einen Saisonstart. Dieser verzögert sich, erst auf Mai, dann Juni. In diesem Monat formiert sich auch der Vorstand des Club U44 neu. Im August sollte der Fahrbetrieb nun aber endlich aufgenommen werden. Doch dann folgt der Beschluss der Gemeinde Birkfeld, dem Ausbau der Bundesstraße B 72 den Vorrang zu geben, was aber zugleich das Ende des Bummelzugbetriebs besiegeln könnte. Scrollen Sie weiter, um mehr über die Verantwortlichen hinter der Bahn und den Fuhrpark zu lesen und zu erfahren, wie es nun weitergehen könnte!