Reportage aus Schweden
Der Kampf um Europas wirtschaftliche Autonomie beginnt am Polarkreis
REPORTAGE. Im schwedischen Skellefteå schlägt das Herz einer eigenständigen europäischen Industrie für E-Auto-Batterien. Die Fabrik des Northvolt-Konzerns weist auch den Weg, wie sich die EU aus der bedrohlichen Abhängigkeit von China befreien kann.
Von Ronald Schönhuber
Vom „Turm des Zweifels“ erzählt man sich in der Fabrik noch immer gerne. Als hier noch nicht viel mehr war als ein paar Stahlbetonsteher und einige Baukräne, kletterten immer wieder Besucher aus Skellefteå die Stufen hinauf, um sich oben auf der Aussichtsplattform zu überzeugen, dass auf dem Gelände nebenan tatsächlich gearbeitet wird.
Das große Zukunftsversprechen des Northvolt-Konzerns, der damals kaum mehr als ein hoffnungsvolles Start-up aus dem fernen Stockholm war, schien für die Menschen hier in Nordschweden so fern der Realität, dass sie erst daran glauben wollten, nachdem sie die Baustelle mit eigenen Augen gesehen hatten.
In einer Serie von Reportagen vor der EU-Wahl leuchten wir Themen aus, die für die Zukunft Europas entscheidend werden. In diesem Teil geht es nach Schweden und um die Frage, wie Europa seine teils bedrohliche Abhängigkeit von China reduzieren kann.
Zwei Drittel der Landfläche von Schweden (10,5 Millionen Einwohner) sind bewaldet. Die Schweden sind für ihren Innovationsgeist bekannt, laut Global Innovation Index 2023 liegt man weltweit auf Platz zwei der innovativsten Länder. Auch im Innovationsindex von Bloomberg (2021) findet sich Schweden mit Platz fünf weit vorne.
Die an der Ostseeküste gelegene schwedische Hauptstadt Stockholm mit knapp einer Million Einwohnern erstreckt sich auf 14 Inseln, die durch Dutzende Brücken verbunden sind. Vor der Küste der Hauptstadt liegt der Stockholmer Schärengarten, ein Archipel, der rund 24.000 einzelne Inseln umfasst.
Es geht in den Norden: Die Provinz Västerbottens län ist eine von 21 schwedischen Verwaltungsprovinzen und liegt an der Westküste des Bottnischen Meerbusens. Rund 280.000 Menschen leben dort auf einer Fläche von 58.875 Quadratkilometern (weniger als fünf Einwohner pro km²). Zum Vergleich: Ähnlich viele Einwohner hat die Stadt Graz, wo aber rund 2340 Menschen pro km² leben.
Skellefteå ist nach der Provinzhauptstadt Umeå die zweitgrößte Gemeinde von Västerbottens län. Sie hat eine lange Tradition als Industriestadt. Bis vor fünf Jahren kämpfte man aber mit Abwanderung. Weil es keine Jobs gab, zogen vor allem die Jungen fort.
In einer Serie von Reportagen vor der EU-Wahl leuchten wir Themen aus, die für die Zukunft Europas entscheidend werden. In diesem Teil geht es nach Schweden und um die Frage, wie Europa seine teils bedrohliche Abhängigkeit von China reduzieren kann.
Zwei Drittel der Landfläche von Schweden (10,5 Millionen Einwohner) sind bewaldet. Die Schweden sind für ihren Innovationsgeist bekannt, laut Global Innovation Index 2023 liegt man weltweit auf Platz zwei der innovativsten Länder. Auch im Innovationsindex von Bloomberg (2021) findet sich Schweden mit Platz fünf weit vorne.
Die an der Ostseeküste gelegene schwedische Hauptstadt Stockholm mit knapp einer Million Einwohnern erstreckt sich auf 14 Inseln, die durch Dutzende Brücken verbunden sind. Vor der Küste der Hauptstadt liegt der Stockholmer Schärengarten, ein Archipel, der rund 24.000 einzelne Inseln umfasst.
Es geht in den Norden: Die Provinz Västerbottens län ist eine von 21 schwedischen Verwaltungsprovinzen und liegt an der Westküste des Bottnischen Meerbusens. Rund 280.000 Menschen leben dort auf einer Fläche von 58.875 Quadratkilometern (weniger als fünf Einwohner pro km²). Zum Vergleich: Ähnlich viele Einwohner hat die Stadt Graz, wo aber rund 2340 Menschen pro km² leben.
Skellefteå ist nach der Provinzhauptstadt Umeå die zweitgrößte Gemeinde von Västerbottens län. Sie hat eine lange Tradition als Industriestadt. Bis vor fünf Jahren kämpfte man aber mit Abwanderung. Weil es keine Jobs gab, zogen vor allem die Jungen fort.
Zweifel gibt es in der knapp 76.000 Einwohner zählenden Industriestadt Skellefteå heute keine mehr. Wie ein großer grauer Wal liegt das Werk in der oft noch bis Mai verschneiten Taiga und spuckt bereits in der ersten Ausbaustufe zehntausende Batteriezellen pro Monat aus, die die europäischen Autohersteller unabhängiger von Importen aus Asien machen sollen. Zu den Kunden von Northvolt gehören etwa BMW und Volkswagen, die Batterien aus Skellefteå werden aber auch in die Elektro-Lastwagen von Scania eingebaut. Die große Hoffnung für die grüne Energiewende auf Europas Straßen, sie steht hier knapp 100 Kilometer vom Polarkreis entfernt.
Was heute auf dem Werksgelände zu sehen ist, soll allerdings erst der Anfang sein. Wenn die drei zusätzlichen Produktionslinien, an denen derzeit noch gebaut wird, fertig sind und die Fabrik 2025 im Vollbetrieb läuft, sollen hier pro Jahr Batteriezellen mit einer Gesamtkapazität von 60 Gigawattstunden produziert werden – genug, um eine Million Fahrzeuge zu elektrifizieren. „Wir haben in unserem Orderbuch Aufträge über 50 Milliarden Euro stehen“, sagt Matti Kataja, während er durch das Werk führt.
Kataja ist selbst erst im vergangenen Sommer von Südschweden nach Skellefteå gezogen. So wie viele andere, denn das Werk dürstet während des Hochlaufs nach neuen Arbeitskräften. Pro Monat werden 150 neue Leute eingestellt. Die aktuell 3500 Mitarbeiter kommen aus mehr als hundert Nationen, fast jeder Zweite stammt aber aus Skellefteå selbst.
Im Werk, das in drei Schichten rund um die Uhr läuft, verliert sich diese Zahl allerdings schnell, auch weil viele Produktionsprozesse vollautomatisch ablaufen.
Durch die fast 300 Meter langen Gänge fahren blau blinkende Lastkarren ohne menschliches Zutun zu ihrem befohlenen Ziel, die Industrieroboter wickeln einsam haarfeine Metallfolien auf große Spulen.
Dort, wo Menschen zusammenstehen, sieht es aber eher wie in einem Operationsaal aus als wie in einer Fabrik. Die Mitarbeiter, die vor den langen Glaskästen hantieren, tragen weiße Schutzanzüge und Masken im Gesicht. In den Reinräumen herrscht Überdruck, da die dünnen Metallfolien, die zentraler Bestandteil der Batteriezellen sind, sehr sensibel auf die Verunreinigung durch selbst kleinste Partikel reagieren.
Dass das Werk, das den Beinamen Ett trägt (auf Schwedisch bedeutet das eins), hunderte Kilometer von den großen Städten im Süden des Landes gebaut wurde, hat vor allem mit den Rahmenbedingungen in Skellefteå zu tun. Hier gibt es nicht nur eine bis in 19. Jahrhundert zurückreichende industrielle Tradition und viele gut ausgebildete Arbeitskräfte, sondern vor allem jede Menge günstigen grünen Strom aus den Wasserkraftwerken der Umgebung, der die im Vergleich zu Asien deutlich höheren Lohnkosten wieder wettmacht.
Die Produktion mit erneuerbaren Energien verschafft Northvolt auf dem hart umkämpften und massiv wachsenden globalen Batteriemarkt aber vor allem ein Alleinstellungsmerkmal. „Durch den Einsatz von Ökostrom haben unsere Batterien heute einen um 60 bis 70 Prozent geringeren CO2-Fußabdruck als die Modelle unserer asiatischen Konkurrenten“, erzählt Northvolt-Vizepräsident Anders Thor bei einer Tasse Tee im Volthouse, dem im reduzierten nordischen Stil eingerichteten Hauptquartier des Konzerns in Stockholm. „Und unsere Kunden fragen genau das nach.“
Durch den Einsatz von Ökostrom haben unsere Batterien heute einen um 60 bis 70 Prozent geringeren CO2-Fußabdruck als die Modelle unserer asiatischen Konkurrenten.
Für die EU, die ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 Prozent senken und 2050 klimaneutral sein will, ist Northvolt aber nicht nur in Sachen Klimaschutz ein Vorzeigemodell. Die Batteriefabriken des schwedischen Konzerns – im polnischen Danzig gibt es bereits ein zweites Werk, eine weitere Giga-Factory soll 2026 in Norddeutschland in Betrieb gehen – gelten auch als Leuchtturmprojekt, wenn es um die Sicherung von Schlüsseltechnologien und die industrielle Autonomie des Kontinents geht.
Das Problem mit der Abhängigkeit von China
Ob es Europa gelingt, sich stärker auf die eigenen Beine zu stellen und die wirtschaftlichen Abhängigkeiten von anderen Ländern zu reduzieren, wird in Brüssel mittlerweile als eine der zentralen Zukunftsfragen der kommenden Jahre gesehen – auch bedingt durch die schmerzvollen Erfahrungen in der jüngeren Vergangenheit. Während der Corona-Pandemie mussten die Europäer nach dem Zusammenbruch der Lieferketten plötzlich feststellen, dass in der EU nahezu keinen Antibiotika mehr produziert werden, nur kurz darauf führte der Überfall auf die Ukraine die dramatische Abhängigkeit Europas von russischem Erdgas vor Augen.
Beim Aufbau des 5G-Netzes dominiert der chinesische Huawei-Konzern trotz Sicherheitsbedenken mit konkurrenzlos günstigen Preisen den europäischen Markt, bei einigen Seltenen Erden, die für Hochtechnologie-Anwendungen unverzichtbar sind, ist die EU zu 90 Prozent von Importen abhängig.
Zunehmend problematisch sind in diesem Zusammenhang vor allem die wirtschaftlichen Beziehungen der EU zu China, das seine globalen Machtansprüche nicht nur in der Taiwan-Frage immer offensiver vorträgt. Schon jetzt nutzt die Volksrepublik ihre wirtschaftliche Vormachtstellung in manchen Bereichen, um ihre politischen Ziele durchzusetzen und bei einer Zuspitzung des Konflikts um das von der Volksrepublik nur als abtrünnige Provinz betrachtete Taiwan, könnten die Lieferketten ebenso schnell abreißen wie zu Pandemiezeiten.
Doch während die USA die Volksrepublik auch unter Präsident Joe Biden ganz klar als zentralen geopolitischen und ökonomischen Rivalen betrachten, ringt Europa noch damit, wie es mit jenem Land umgehen soll, das viele Jahre der große Sehnsuchtsort der europäischen Konzerne war, nun aber in eine immer autoritärere Richtung steuert.
So wird China von der EU seit dem Jahr 2019 nicht mehr nur als „Partner“ und „Wettbewerber“ bezeichnet, sondern auch als „systemischer Rivale“, doch vor einer breiteren Abkopplung seiner Wirtschaft von China schreckt Europa nach wie vor zurück. Was im Fachjargon als De-Coupling bezeichnet wird, sei weder praxistauglich noch im Interesse Europas, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einer Grundsatzrede, kurz bevor sie im April 2023 zu einem Treffen mit Chinas Präsident Xi Jinping aufbrach.
Als neue strategische Leitline fungiert seit von der Leyens Rede das sogenannte De-Risking, also die Risikominimierung im China-Geschäft. Europäische Unternehmen sollen besonders sensible Bereiche identifizieren, in denen große Abhängigkeiten bestehen, und Alternativ- und Notfallpläne entwickeln. Gleichzeitig sollen wichtige Produktionsprozesse wieder nach Europa geholt und die Abhängigkeit von Rohstoffimporten durch Recycling und neue Technologien reduziert werden.
Für Helena Löfgren, die am Schwedischen Nationalen China-Zentrum zu den wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Europa und China forscht, stecken die Bemühungen zur Risikominimierung derzeit aber noch im Anfangsstadium. „Bisher war die EU in dieser Hinsicht noch nicht sehr erfolgreich“, sagt Löfgren bei einem Besuch in ihrem Büro im Norden der Stockholmer Innenstadt.
Nimmt man das Jahr 2018, als die Vereinigten Staaten hohe Zölle auf viele chinesische Produkte verhängt haben, als Grundlage, dann hat der Handel zwischen der Europäischen Union und China seither nicht abgenommen, sondern zugenommen.
Verkompliziert wird die Sache aus Sicht der Wissenschafterin nicht zuletzt durch die unterschiedlichen Interessenslagen der einzelnen EU-Staaten. „Große und wirtschaftsstarke Länder wie Deutschland, Frankreich oder die Niederlande haben ausgeprägtere wirtschaftliche Beziehungen zu China und sie haben mehr Einfluss in der EU“, sagt Löfgren.
Wie schwierig die Verringerung internationaler Abhängigkeiten nach Jahrzehnten der Globalisierung ist, zeigt sich selbst beim schwedischen Vorzeigemodell. Vizepräsident Anders Thor, der schon dabei war, als der Konzern gerade einmal 200 Mitarbeiter zählte, sagt:
Als wir vor sieben Jahren begonnen haben, war das Erste, was wir gemacht haben, Ingenieure und Entwickler aus Asien einzustellen. Ohne diese Menschen hätte es kein Northvolt gegeben, sie waren gewissermaßen das Gehirn des Unternehmens.
Und auch heute gibt es Thor zufolge in dieser Frage kein Schwarz und Weiß. „Sowohl bei den politischen Entscheidern als auch bei den Autoherstellern gibt es derzeit ein sehr starkes Interesse an einer Batterieproduktion in Europa. Wenn Batterien das neue Öl sind, dann will man das innerhalb der eigenen Grenzen haben. Gleichzeitig brauchen wir aber Zulieferer und Partner aus Südkorea und China, um das alles aufzubauen.“
Für Helena Löfgren, die am Schwedischen Nationalen China-Zentrum zu den wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Europa und China forscht, stecken die Bemühungen zur Risikominimierung derzeit aber noch im Anfangsstadium. „Bisher war die EU in dieser Hinsicht noch nicht sehr erfolgreich“, sagt Löfgren bei einem Besuch in ihrem Büro im Norden der Stockholmer Innenstadt.
Nimmt man das Jahr 2018, als die Vereinigten Staaten hohe Zölle auf viele chinesische Produkte verhängt haben, als Grundlage, dann hat der Handel zwischen der Europäischen Union und China seither nicht abgenommen, sondern zugenommen.
Verkompliziert wird die Sache aus Sicht der Wissenschafterin nicht zuletzt durch die unterschiedlichen Interessenslagen der einzelnen EU-Staaten. „Große und wirtschaftsstarke Länder wie Deutschland, Frankreich oder die Niederlande haben ausgeprägtere wirtschaftliche Beziehungen zu China und sie haben mehr Einfluss in der EU“, sagt Löfgren.
Wie schwierig die Verringerung internationaler Abhängigkeiten nach Jahrzehnten der Globalisierung ist, zeigt sich selbst beim schwedischen Vorzeigemodell. Vizepräsident Anders Thor, der schon dabei war, als der Konzern gerade einmal 200 Mitarbeiter zählte, sagt:
Als wir vor sieben Jahren begonnen haben, war das Erste, was wir gemacht haben, Ingenieure und Entwickler aus Asien einzustellen. Ohne diese Menschen hätte es kein Northvolt gegeben, sie waren gewissermaßen das Gehirn des Unternehmens.
Und auch heute gibt es Thor zufolge in dieser Frage kein Schwarz und Weiß. „Sowohl bei den politischen Entscheidern als auch bei den Autoherstellern gibt es derzeit ein sehr starkes Interesse an einer Batterieproduktion in Europa. Wenn Batterien das neue Öl sind, dann will man das innerhalb der eigenen Grenzen haben. Gleichzeitig brauchen wir aber Zulieferer und Partner aus Südkorea und China, um das alles aufzubauen.“
Dass viele Menschen aus vielen Nationen bei Northvolt arbeiten, hat auch Skellefteå verändert. „Wir sind eine sehr lebendige Stadt geworden mit einem neuen und reichhaltigen kulturellen Leben“, sagt Kristina Sundin Jonsson bei einem Gespräch im Rathaus. Der Administrativdirektorin der Stadt eilt der Ruf einer Macherin voraus, sie gilt als einer der treibenden Kräfte hinter der Ansiedelung des Konzerns in Skellefteå, die die Stadt zurück ins Leben geholt hat. „Von Mitte der 1990er bis zum Jahr 2010 haben wir 5000 Einwohner verloren, weil die Jungen weggezogen sind. Hätte sich dieser Trend fortgesetzt, wäre die Gemeinde nicht mehr in der Lage gewesen, die städtische Infrastruktur im selben Maß wie früher aufrechtzuerhalten und die bisherigen Sozialleistungen anzubieten“, erzählt Sundin Jonsson. „Heute haben wir nicht nur die 5000 verloren gegangenen Einwohner zurück, sondern sind auch die schnellstwachsende Stadt in ganz Schweden.“
Dass Skellefteå wieder wächst, verschafft der Stadtverwaltung auch finanziellen Spielraum, denn mit der Bevölkerungszahl steigt auch das Steueraufkommen. Investiert wird das Geld in die Schaffung von Wohnraum, der in den vergangenen Jahren immer knapper geworden ist, aber auch in Schulen oder in die Modernisierung und den Ausbau des nahen Hafens.
Laut einer vor eineinhalb Jahren gemachten Umfrage sind 93 Prozent der Bürger sehr zufrieden in Skellefteå. Ausruhen auf dem Erfolg will sich die Stadtdirektorin aber keinesfalls. „Die Batterieproduktion und die Elektrifizierung des Verkehrs werden unweigerlich Teil der Zukunft sein, aber gleichzeitig schauen wir auch jetzt schon um die Ecke und fragen uns, was die nächste große Sache sein wird“, sagt Sundin Jonsson. „Denn wenn wir eines aus unserer Vergangenheit und dem schmerzhaften Niedergang von Skellefteå gelernt haben, dann ist das, dass man immer im Blick hat, was in der Welt der gerade passiert und offen für das Neue ist.“
Dass viele Menschen aus vielen Nationen bei Northvolt arbeiten, hat auch Skellefteå verändert. „Wir sind eine sehr lebendige Stadt geworden mit einem neuen und reichhaltigen kulturellen Leben“, sagt Kristina Sundin Jonsson bei einem Gespräch im Rathaus. Der Administrativdirektorin der Stadt eilt der Ruf einer Macherin voraus, sie gilt als einer der treibenden Kräfte hinter der Ansiedelung des Konzerns in Skellefteå, die die Stadt zurück ins Leben geholt hat. „Von Mitte der 1990er bis zum Jahr 2010 haben wir 5000 Einwohner verloren, weil die Jungen weggezogen sind. Hätte sich dieser Trend fortgesetzt, wäre die Gemeinde nicht mehr in der Lage gewesen, die städtische Infrastruktur im selben Maß wie früher aufrechtzuerhalten und die bisherigen Sozialleistungen anzubieten“, erzählt Sundin Jonsson. „Heute haben wir nicht nur die 5000 verloren gegangenen Einwohner zurück, sondern sind auch die schnellstwachsende Stadt in ganz Schweden.“
Dass Skellefteå wieder wächst, verschafft der Stadtverwaltung auch finanziellen Spielraum, denn mit der Bevölkerungszahl steigt auch das Steueraufkommen. Investiert wird das Geld in die Schaffung von Wohnraum, der in den vergangenen Jahren immer knapper geworden ist, aber auch in Schulen oder in die Modernisierung und den Ausbau des nahen Hafens.
Laut einer vor eineinhalb Jahren gemachten Umfrage sind 93 Prozent der Bürger sehr zufrieden in Skellefteå. Ausruhen auf dem Erfolg will sich die Stadtdirektorin aber keinesfalls. „Die Batterieproduktion und die Elektrifizierung des Verkehrs werden unweigerlich Teil der Zukunft sein, aber gleichzeitig schauen wir auch jetzt schon um die Ecke und fragen uns, was die nächste große Sache sein wird“, sagt Sundin Jonsson. „Denn wenn wir eines aus unserer Vergangenheit und dem schmerzhaften Niedergang von Skellefteå gelernt haben, dann ist das, dass man immer im Blick hat, was in der Welt der gerade passiert und offen für das Neue ist.“
Einen „Turm des Zweifels“ wird es in Skellefteå wohl so schnell nicht mehr geben.
Digitale Aufbereitung: Jonas Binder
Fotos: Northvolt, Ronald Schönhuber,
AFP/Ludovic Marin, Adobe Stock
Videos: Northvolt
Karte: Flourish/OpenStreetMap