Fünf Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, der Europa verwüstete, schlägt der französische Außenminister Robert Schuman in einer Rede die Schaffung einer Gemeinschaft europäischer Länder vor, um deren Kohle- und Stahlproduktion (kriegswichtige Rohstoffe) zusammenzulegen. Das solle insbesondere einem Krieg zwischen den Rivalen Frankreich und Deutschland vorbeugen – in Schumans Wortlaut jeden „Krieg zwischen Frankreich und Deutschland nicht nur undenkbar, sondern materiell unmöglich“ machen.
Der Plan Schumans dient als Grundlage für den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (auch Vertrag von Paris genannt). Er wird am 18. April 1951 unterzeichnet. Die sechs Unterzeichnerstaaten sind Belgien, Westdeutschland (BRD), Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande.
Der Vertrag von Paris tritt am 23. Juli 1952 in Kraft, die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) ist damit gegründet. Ihre Organe sind die „Hohe Behörde“ als Exekutivorgan, eine Parlamentarische Versammlung, ein Ministerrat, ein Gerichtshof sowie ein Beratender Ausschuss. Diese Struktur bildet auch die Grundlage für den späteren Aufbau der Europäischen Gemeinschaften.
Im Zuge der zwei Römischen Verträge werden die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) mit dem Ziel eines gemeinsamen Marktes und die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom) geschaffen.
EWG und Euratom nehmen ihre Arbeit auf. Die sechs EGKS-Gründerstaaten arbeiten somit auch in anderen Bereichen zusammen. In Straßburg tritt die Europäische Parlamentarische Versammlung (ab 1962: Europäisches Parlament) zu ihrem ersten Treffen zusammen, Robert Schuman wird ihr Präsident.
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) wird eingeführt mit dem Ziel, Nahrungsmittel-Überproduktionen vorzubeugen und deren Qualität zu verbessern.
Das erste große internationale Abkommen (Jaunde-Abkommen) der EWG – mit 18 ehemaligen Kolonien in Afrika – wird unterzeichnet.
Der Fusionsvertrag zur Zusammenlegung der Organe von EGKS, EWG und Euratom wird unterzeichnet. Er tritt 1967 in Kraft. Die drei Europäischen Gemeinschaften haben fortan eine gemeinsame Verwaltung (Kommission) und eine Exekutive (Rat).
Die Zollunion wird gegründet – der Handel zwischen den Mitgliedsländern der Europäischen Gemeinschaften wird zollfrei.
Die Gemeinschaften werden erstmalig – auf neun Mitglieder – erweitert. Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich kommen hinzu.
Erstmals können die Bürgerinnen und Bürger die Mitglieder des Europäischen Parlaments direkt wählen. Zuvor wurden sie von den nationalen Parlamenten entsandt.
Griechenland, bis 1974 Militärdiktatur, tritt den Gemeinschaften bei.
Erweiterung auf zwölf Staaten: Die ehemaligen Diktaturen Portugal und Spanien treten bei, wie in Griechenland sollen auch dort demokratische Regierungen gestärkt werden. Die Einheitliche Europäische Akte wird angenommen. Damit soll nicht nur bis 1992 der Binnenmarkt vollständig etabliert sein – unterschiedliche Rechtsvorschriften behindern trotz abgeschaffter Zölle den freien Handel –, sondern es werden auch neue Zuständigkeiten der Gemeinschaften geschaffen (für Währungspolitik, Sozialpolitik, Forschung und Technologie, Umwelt, Außenpolitik).
Das Erasmus-Programm wird ins Leben gerufen, um den Austausch junger Europäer und Europäerinnen zu fördern. Mehr als zehn Millionen Menschen konnten in seinem Rahmen bislang im Ausland studieren oder Berufserfahrung sammeln.
Österreich beantragt die Aufnahme in die Europäischen Gemeinschaften und das Beitrittsverfahren wird eröffnet. In Deutschland fällt die Berliner Mauer.
Durch die deutsche Wiedervereinigung werden im Oktober 1990 schließlich auch die ostdeutschen Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen Teil der Europäischen Gemeinschaften.
Mit der Unterzeichnung des Vertrags von Maastricht gehen die Gemeinschaften erste Schritte in Richtung einer Währungsunion, einer engeren Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres (ZJI) sowie einer Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP).
Startschuss für den Binnenmarkt mit freiem Waren-, Dienstleistungs-, Personen- und Kapitalverkehr innerhalb der Gemeinschaft. Am 1. November 1993 tritt der Vertrag von Maastricht in Kraft – die Europäische Union (EU) ist geboren. Sie beruht auf einem drei Drei-Säulen-Modell (Gemeinschaften, GASP und ZJI). Auch die Beitrittsverhandlungen Österreichs mit der EU starten.
Das EU-Parlament gibt grünes Licht für den Beitritt Österreichs. In Österreich findet am 12. Juni 1994 eine Volksabstimmung über den EU-Beitritt (bzw. eigentlich über eine dazu notwendige Verfassungsänderung) statt. 66,6 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher sprechen sich für einen Beitritt aus.
Mit 1. Jänner 1995 erfolgt der Beitritt Österreichs zur Europäischen Gemeinschaft. Auch Finnland und Schweden treten bei. Zudem tritt das Schengener Übereinkommen in den ersten sieben Ländern in Kraft, zwischen denen nun ohne Passkontrollen an den Grenzen gereist werden kann.
Am 13. Oktober 1996 findet – nur in Österreich – die erste Wahl zum EU-Parlament statt. Die gewählten Abgeordneten (7 ÖVP, je 6 SPÖ und FPÖ, je 1 Grüne und Liberales Forum) lösen die bis dahin provisorisch vom Nationalrat entsandten Mandate ab.
Die Unterzeichnung des Vertrags von Amsterdam bringt diverse Reformvorhaben. Am 1. Dezember 1997 tritt auch in Österreich das Schengenabkommen in Kraft.
Erste EU-Ratspräsidentschaft Österreichs vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 1998 unter Bundeskanzler Viktor Klima (SPÖ).
Der Euro wird in elf Ländern als Buchwährung eingeführt. Die Einführung als Bargeld folgt drei Jahre später.
In einer gemeinsamen Reaktion kündigen die anderen 14 EU-Staaten angesichts der FPÖ-Regierungsbeteiligung diplomatische Maßnahmen gegen Österreich an. Nach einem „Weisenbericht“ des finnischen Ex-Präsidenten Martti Ahtisaari, des spanischen Ex-Außenministers Marcelino Oreja und des deutschen Völkerrechtlers Jochen Frowein über die FPÖ und die Einhaltung der europäischen Werte werden die Maßnahmen, die in Österreich vielfach als „Sanktionen“ geframt sind, aufgehoben.
Der Vertrag von Nizza wird unterzeichnet und soll weitere Reformschritte für die EU-Organe bringen. Es wird beschlossen, einen Konvent einzuberufen, um zu diskutieren, wie sich die EU künftig weiterentwickeln soll.
Einführung des Euro als Bargeld mit 1. Jänner 2002. Zwölf Staaten führen den Euro als offizielle Währung ein. Bis 2023 folgen acht weitere Staaten.
Ab 2003 finden im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik friedenssichernde Einsätze von EU-Militärkräften (EUFOR) in Mazedonien, Bosnien und Herzegowina, der Demokratischen Republik Kongo, im Tschad und am Horn von Afrika statt. Der Vertrag von Nizza tritt in Kraft, zudem verfasst der Konvent ein Dokument, das als Grundlage für den Entwurf einer Europäischen Verfassung dient.
Im Zuge der EU-Osterweiterung treten Zypern, Tschechien, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowenien und die Slowakei der EU bei. Damit soll Europa nach dem Ende der Sowjetunion wieder zusammengeführt werden.
Zur Einführung einer EU-Verfassung sind nationale Volksabstimmungen notwendig. Die Bürger Frankreichs und der Niederlande stimmen jedoch dagegen, die Verfassung kommt nicht. Die EU nimmt Beitrittsverhandlungen mit Kroatien und der Türkei auf.
Österreich hat zum zweiten Mal die EU-Ratspräsidentschaft inne. Bundeskanzler ist Wolfgang Schüssel, ÖVP.
Die zweite EU-Osterweiterung bringt Bulgarien und Rumänien als neue Mitglieder. In Lissabon wird die Charta der Grundrechte der EU proklamiert und ein weiterer Reformvertrag (Vertrag von Lissabon) unterzeichnet, der 2009 in Kraft tritt.
Die EU kämpft gegen die Eurokrise, die mehrere Ursachen hat, zum Beispiel die Staatsüberschuldung (Griechenland) oder die weltweite Banken- und Wirtschaftskrise ab 2007. Die Union und die 16 Länder der Eurozone versuchen, mit dem „Euro-Rettungsschirm“ gegenzusteuern. Griechenland, Zypern, Irland, Portugal und Spanien erhalten Finanzhilfen.
Die EU erhält den Friedensnobelpreis dafür, „mehr als sechs Jahrzehnte zur Förderung von Frieden und Versöhnung, Demokratie und Menschenrechten in Europa“ beigetragen zu haben.
Als vorerst letztes Land tritt Kroatien der EU bei. Die Gemeinschaft ist nun auf 28 Länder angewachsen.
Mehr als eine Million Migranten kommen nach Europa, vor allem der Bürgerkrieg in Syrien ist für viele Fluchtursache.
Die Britinnen und Briten sprechen sich in einem Referendum zu 52 Prozent für den Brexit, also ihren Austritt aus der Europäischen Union, aus.
Dritte österreichische Ratspräsidentschaft unter Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).
Nach der EU-Wahl im Mai 2019 tritt die neue Kommission rund um die Deutsche Ursula von der Leyen an, um mit dem „Green Deal“ Europa bis 2050 klimaneutral zu machen. Schon 2030 sollen die Treibhausgasemissionen (gegenüber 1990) um 55 Prozent gesunken sein. Von der Leyen folgt als Kommissionspräsidentin auf den Luxemburger Jean-Claude Juncker.
Der Brexit wird schlagend. Mit 31. Jänner 2020 verlässt das Vereinigte Königreich als erstes Land – nach mehr als 45 Jahren Mitgliedschaft in den Europäischen Gemeinschaften – die EU, die auf den heutigen Stand von 27 Ländern schrumpft. Die weltweite Coronapandemie trifft auch Europa, die EU schnürt ein massives Konjunkturpaket in Höhe von rund 807 Milliarden Euro (zu aktuellen Preisen).
Nach der russischen Invasion stellt die Ukraine im Februar 2022 einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen besucht den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew. Im Juni 2022 erhält die Ukraine den Status eines Bewerberlandes. Die Europäische Union verhängt in den ersten beiden Kriegsjahren insgesamt 13 Sanktionspakete gegen Russland und seine politische Elite.
Im Dezember beschließt die EU die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine. Weitere Beitrittskandidaten sind aktuell Albanien, Bosnien und Herzegowina, Georgien, Moldau, Montenegro, Nordmazedonien, Serbien und – weiterhin, trotz eingefrorener Verhandlungen – die Türkei. Kosovo ist ein potenzielles Kandidatenland.
Vom 6. bis zum 9. Juni 2024 findet die nächste Wahl des EU-Parlaments statt. Insgesamt 720 Mandate sind zu vergeben (15 mehr als 2019). Österreich kann 20 EU-Parlamentarier entsenden. 358,9 Millionen Unionsbürgerinnen und -bürger sind wahlberechtigt.