ESA-MISSION JUICE

Heimische Technik
auf Suche nach außerirdischem Leben

INFOGRAFIK. Europas ehrgeizigstes Weltraumprojekt führt zum Gasplaneten Jupiter und seinen faszinierenden Eismonden. Österreich ist mit dabei.

Von Norbert Swoboda und Günter Pichler

Unser Weltbild haben sie vor 400 Jahren geändert: Als Gaileo Galilei 1610 mit einem der ersten Fernrohre Monde rund um den Jupiter entdeckte, war es mit der Einzigartigkeit unserer Erde und unseres Mondes vorbei.

Auch jetzt spielen diese Monde wieder eine Schlüsselrolle, um unser Sonnensystem zu verstehen und womöglich lebenstaugliche Orte zu finden. Der geplante Start war am 13. April vorgesehen, musste jedoch aufgrund ungünstiger Wetterbedingungen um einen Tag verschoben werden. Am Freitag, 14. April, unserer Zeit beginnt nun in Französisch-Guayana im Nordosten Südamerikas die bislang ehrgeizigste und teuerste Mission der Europäer, um das zu untersuchen: die gewaltigen Eismonde des Riesenplaneten Jupiter, unter deren Eisoberfläche man Wasser vermutet.

Rund acht Jahre dauert die Reise der Raumsonde Juice in das Jupitersystem. (Fotomontage; Bildquellen: ESA/ATG medialab, Nasa)

Rund acht Jahre dauert die Reise der Raumsonde Juice in das Jupitersystem. (Fotomontage; Bildquellen: ESA/ATG medialab, Nasa)

1,6 Milliarden Euro kostet das 5,2 Tonnen schwere, busgroße Vehikel "Juice", das mit einer Ariane-5-Rakete ins All gebracht wird. "Juice" (englisch: Saft) steht dabei für "Jupiter Icy Moons Explorer", also Erkunder der Eismonde des Jupiter. Etwa 20 Minuten dauert der Sprung ins Weltall, aber dann beginnt erst die unglaublich lange Reise. Denn um effizient ohne großen Treibstoffverbrauch zum Jupiter zu kommen, nimmt die Sonde mehrfach Schwung an Erde und Venus. Und deshalb dauert die Reise acht Jahre, ehe "Juice" in eine Umlaufbahn um den Gasriesen einschwenkt.

Auf Suche nach möglichem Leben oder Lebensräumen unter den Eisschichten

Nach allen Regeln der heutigen Beobachtungskunst wird dann das komplexe Jupiter-Monde-System (mehr als 90 Monde) unter die Lupe genommen. Insgesamt sind elf Experimente an Bord, die in allen möglichen Wellenlängen Daten liefern sollen. Versorgt werden die Geräte von Solarpaneelen: Keine triviale Sache, denn die Sonne ist rund fünfmal so weit weg wie von der Erde und liefert daher nur etwa ein Fünfundzwanzigstel der Strahlungsenergie.

Was erhoffen sich die Wissenschaftler, wenn die Sonde 2031 in eine Jupiter-Umlaufbahn einschwenkt? Während 35 Umkreisungen, erst um Jupiter und dann um Ganymed, wird sie die Eismonde genau vermessen. Was verbirgt sich unter den Oberflächen von Kallisto, Europa und Ganymed? Gibt es unterirdische Ozeane? Könnte sich dort eine Umwelt befinden, die Leben Platz bietet?

Im Fokus steht die Frage, ob Jupitermonde möglicherweise habitabel sein könnten, ob also Leben möglich wäre. Insgesamt wird das gesamte Jupitersystem untersucht. (Fotomontage; Bildquellen: ESA/ATG medialab, Nasa)

Im Fokus steht die Frage, ob Jupitermonde möglicherweise habitabel sein könnten, ob also Leben möglich wäre. Insgesamt wird das gesamte Jupitersystem untersucht. (Fotomontage; Bildquellen: ESA/ATG medialab, Nasa)

Scrollen Sie nach unten (immer weiterscrollen), um den Startvorgang Schritt für Schritt zu durchleben!

Start am 14. April in Französisch-Guayana. Die stärkste europäische Rakete, die Ariane 5, kommt am Weltraumbahnhof Kourou zum Einsatz.

Ariane-5-ECA ist die letzte Rakete ihrer Art. Die Ariane-5-Familie ist seit 1996 im Einsatz. Die Sonde in der Spitze wiegt 5,2 Tonnen.

Die Rakete ist 53 Meter hoch und hat eine Startmasse von 777 Tonnen. Der Startschub beträgt knapp 12.000 Kilonewton.

Die Startbeschleunigung beträgt 5,4 Meter pro Quadratsekunde, das ist etwa die Hälfte der Erdbeschleunigung. Zwei Booster unterstützen die erste Stufe.

Nachdem zunächst die Booster abgeworfen wurden, trennt sich dann die Hauptstufe von der Oberstufe.

Die Oberstufe verwendet ein Triebwerk, das bisher auf der Ariane 4 in der dritten Stufe eingesetzt war.

26 Minuten nach dem Start trennt sich die "Juice"-Weltraumsonde von der Rakete, ein paar Minuten später übernimmt die ESA die Kontrolle von Juice.

Österreichs Beitrag zur Weltraummission Juice

Österreich ist kräftig an dem großen europäischen Projekt mit dabei: das Akademie-Institut für Weltraumforschung (IWF) in Graz etwa am Drei-Sensoren-Magnetometer. Zusammen mit der Technischen Uni Graz wurde ein neuartiges Quanteninterferenz-Magnetometer gebaut, das speziell Ganymed aufs Korn nehmen soll. Die Vermessung der Magnetfelder und damit auch der potenziellen unterirdischen Ozeane gilt als zentral für diese Mission. Die Kalibrierung der Sensoren übernahm Geo Sphere Austria (vormals Zamg) in ihrem unterirdischen Conrad-Observatorium. Das IWF war hingegen an der Kalibrierung des Radiowelleninstruments beteiligt. Mit dabei ist man auch bei der Messung geladener Teilchen. Die Wiener Weltraumfirma Beyond Gravity wiederum stellt die Thermalisolation her, die Wiener Firma Terma sorgt für die Stromversorgung auf der Startrampe.

Flugmodell des Grazer Quanteninterferenz-Magnetometers (Foto: MAGSCA-Team/IWF/ÖAW, CC BY 4.0)

Flugmodell des Grazer Quanteninterferenz-Magnetometers (Foto: MAGSCA-Team/IWF/ÖAW, CC BY 4.0)

Die Raumsonde Juice

"Juice" steht für "Jupiter Icy Moons Explorer", also "Erforscher der Eismonde".

Energieversorgung

Zehn Solarpaneele mit einer Fläche von 85 Quadratmetern dienen der Energieversorgung.

Magnetometer

Erforscht die Wechselwirkung zwischen Mond Ganymed und Jupiter. Sucht nach verborgenen Ozeanen auf den Eismonden.

Mit Grazer Beteiligung.

Parabolantenne

Hält Funkverbindung mit der Erde, erreicht Datenrate von 1,4 Gigabyte pro Tag.

Antriebssystem

Chemisches Antriebssystem, der Motor entwickelt 400 Newton Schub. Dazu noch andere, kleine Steuerdüsen,

Radar

Nützt eine 16-Meter-Antenne und soll das Eis durchdringen und bis zu neun km darunter messen können.

Plasmadetektoren

Verschiedene Sonden und Sensoren messen das Plasma bzw. die Elektronendichte in der Umgebung des Jupiters und die Radioemissionen.

Diverse Instrumente

Verschiedene Wellenlängen werden gemessen etwa im Ultravioletten oder im  Submillimeterbereich, dazu Radiointerferometer, Teilchenspektrometer.

Kamera

Optische Kamera zur Kartierung der Eismonde. 13 verschiedene Filter, die Auflösung beträgt 2,4 m bei Ganymed und 10 km auf Jupiter.

Die Raumsonde Juice

"Juice" steht für "Jupiter Icy Moons Explorer“, also "Erforscher der Eismonde".

Energieversorgung

Zehn Solarpaneele mit einer Fläche von 85 Quadratmetern dienen der Energieversorgung.

Magnetometer

Erforscht die Wechselwirkung zwischen Mond Ganymed und Jupiter. Sucht nach verborgenen Ozeanen auf den Eismonden.

Mit Grazer Beteiligung.

Antriebssystem

Chemisches Antriebssystem, der Motor entwickelt 400 Newton Schub. Dazu noch andere, kleine Steuerdüsen.

Parabolantenne

Hält Funkverbindung mit der Erde, erreicht Datenrate von 1,4 Gigabyte pro Tag.

Radar

Nützt eine 16-Meter-Antenne und soll das Eis durchdringen und bis zu neun km darunter messen können.

Plasmadetektoren

Verschiedene Sonden und Sensoren messen das Plasma bzw. die Elektronendichte in der Umgebung des Jupiters und die Radioemissionen.

Diverse Instrumente

Verschiedene Wellenlängen werden gemessen etwa im Ultravioletten oder im  Submillimeterbereich, dazu Radiointerferometer, Teilchenspektrometer.

Kamera

Optische Kamera zur Kartierung der Eismonde. 13 verschiedene Filter, die Auflösung beträgt 2,4 m bei Ganymed und 10 km auf Jupiter.

Spannendes Reiseziel Jupiter

Der Planet Jupiter ist der bei Weitem größte und schwerste Planet des Sonnensystems. Der Gasriese ist an unserem Nachthimmel nach Mond und Venus der dritthellste Himmelskörper.

Hochinteressant ist die Wechselwirkung zwischen ihm und seinen Dutzenden Monden. Sehr berühmt ist sein roter Fleck, den bei weitem größten Wirbelsturm im Sonnensystem – eineinhalbmal so groß wie die Erde. Weniger bekannt hingegen ist, dass er ein Ringsystem hat (wie die Saturnringe) und das größte Magnetfeld aller Planeten besitzt – zehn- bis zwanzigmal so stark wie jenes der Erde.

Jupiter ist ein begehrtes, aber entferntes Ziel. Deshalb sind Besuche selten: Erstmals in die Nähe kam 1974 Pioneer 11, großartig waren die Erkenntnisse der "Voyager"-Sonden 1979. 1989 untersuchte die US-Mission Galileo den Planeten. Daten im Vorbeiflug lieferten Ulysses (USA, 1992), Cassini-Huygens (USA/Europa, 2001) und New Horizonts (USA/2007).

Seit 2016 halten die Amerikaner dort Wacht: Ihre Weltraumsonde "Juno" umkreist den Riesenplaneten und hat viele Fragen aufgeworfen, die in wenigen Jahren die saft- und kraftvolle Europa-Sonde beantworten soll.

Jupiters Südpol (links) und Nordpol (rechts) – Aufnahmen der Cassini-Sonde. (Bildquelle: Nasa)

Jupiters Südpol (oben) und Nordpol (unten) – Aufnahmen der Cassini-Sonde. (Bildquelle: Nasa)

Der Gasriese im Detail

Der Planet Jupiter – nach dem römischen Gott Jupiter (römischer Hauptgott, "Himmelsvater") benannt – besitzt keine feste Oberfläche und zählt aufgrund seiner chemischen Zusammensetzung zu den Gasplaneten.

92 Jupitermonde sind bis jetzt bekannt (Stand 2023).

Jupiters Ringe. Den Planeten umschließt auch ein Ringsystem, welches mit erdgebundenen Teleskopen fast nicht zu sehen ist. Das Ringsystem wurde erst 1979 von der "Voyager-1"-Sonde entdeckt und fotografiert.

Durchmesser: 142.984 km (Äquator) = ca. elffacher Erddurchmesser

Masse: ca. 318 Erdmassen

Temperatur: –110 Grad (Oberfläche)

Größenvergleich

Die vier Galileischen Monde im Porträt

Die Gruppe der vier größten Monde Jupiters – Io, Europa, Ganymed und Kallisto – ist nach dem italienischen Astronomen und Forscher Galileo Galilei benannt, welcher die Monde um 1610 als erster beschrieben hat.

Nur drei der vier Monde sind Eismonde: Europa, Kallisto und Ganymed. Der Schwerpunkt der Juice-Mission liegt auf diesen dreien.

Europa

Sechsgrößter Mond im Sonnensystem. Unter der dicken Eisschicht könnte ein etwa 100 Kilometer tiefer Wasserozean verborgen sein.

Art: Eismond
Durchmesser: 3120 km
Temperatur: –130 °C

Kallisto

Drittgrößter Mond des Sonnensystems. Der kraterreichste Körper des Sonnensystems. Auch hier soll unter Eis ein 10 km tiefer Ozean liegen.

Art: Eismond
Durchmesser: 4800 km
Temperatur: –140 °C

Ganymed

Größter Mond des Sonnensystems. Er besitzt einen Kern aus Eisen. Er hat eine ganz dünne Atmosphäre und als einziger Mond ein eigenes Magnetfeld.

Art: Eismond
Durchmesser: 5260 km
Temperatur: –180 bis –110 °C

Io

Er ist der innerste der vier Monde, die Galilei entdeckt hat. Er ist kein Eismond, ihn kennzeichnen hohe Vulkanaktivitäten. Er ist drittgrößter Mond Jupiters und viertgrößter des Sonnensystems.

Durchmesser: 3643,2 km
Temperatur: −143 °C
Rege Vulkantätigkeit: Eruptionen mit Schwefel- und Schwefeldioxid-Ausstößen erreichen Temperaturen von 1000–1300 °C

Ablauf

Am 14. April 2023
startet die Mission von Juice.

Rakete

Als Trägerrakete dient eine Ariane-5-Rakete.

14. April 2023

Start in Französisch-Guayana

Etappen

Zwölf Jahre dauert die gesamte Mission von Juice. Die Reise zum Jupitersystem dauert mehr als acht Jahre.

August 2024

Vorbeiflüge zum Schwungholen an Mond und Erde

August 2025

Venus-Vorbeiflug, die Sonde beschleunigt weiter

September 2025 und Jänner 2029

Weitere Erd-Vorbeiflüge

Juli 2031

Die Sonde erreicht das Jupitersystem und bremst ab

Juli 2031 bis November 2034

35 Vorbeiflüge an den Eismonden

Dezember 2034

Die Sonde schwenkt
auf Ganymed-Umlaufbahnen ein, die abgesenkt werden. 2035 soll sie aufschlagen.

Ablauf

Am 14. April 2023
startet die
Mission von
Juice in
Französisch-
Guayana.
Als Trägerrakete
dient eine
Ariane-5-Rakete.

Etappen

Zwölf Jahre
dauert die
gesamte
Mission
von Juice.
Die Reise zum
Jupitersystem
dauert mehr
als acht Jahre.

August 2024

Vorbeiflüge zum
Schwungholen
an Mond
und Erde

August 2025

Venus-Vorbeiflug,
die Sonde
beschleunigt
weiter

September 2025
und Jänner 2029

Weitere Vorbeiflüge
an der Erde

Juli 2031

Die Sonde
erreicht das
Jupitersystem
und bremst ab

Juli 2031 bis
November 2034

35 Vorbeiflüge an
den Eismonden

Dezember 2034

Die Sonde
schwenkt auf die
Ganymed-
Umlaufbahnen
ein, die abgesenkt
werden.
2035 soll sie
aufschlagen.

Digitale Aufbereitung:
Günter Pichler, Jonas Binder, Silke Ulrich

Text:
Norbert Swoboda, Günter Pichler

Grafik:
Günter Pichler, Silke Ulrich

Quellen:
ESA, Institut für Weltraumforschung/ÖAW/Werner Magnes; nasa.gov, APA, Kleine Zeitung.

Bildquellen:
ESA/ATG medialab, Nasa, AdobeStock, MAGSCA-Team/IWF/ÖAWCC

3D-Modelle Monde:
Nasa

Scroll-Video-JS-Bibliothek:
Daniel Kao (scrollyvideo.js.org)

Schematische Darstellungen; die Planetendaten (wie Durchmesser, Temperaturen ... ) sind Mittelwerte und können je nach Quelle unterschiedlich sein.