JUBILÄUM IN OBERWART
20 Jahre Notarzthubschrauber Christophorus 16

Seit zwei Jahrzehnten fliegt der Notarzthubschrauber Christophorus 16 vom Stützpunkt in Oberwart zu Einsätzen in die Steiermark, das Burgenland und Niederösterreich. Am 27. September 2025 feiert man daher 20-jähriges Jubiläum mit einem Stützpunktfest. Ein Einblick, was die Flugretter jeden Tag leisten, wie oft sie im Einsatz sind und was sie dafür alles benötigen.
Von Livia Steiner

Für Andreas Tautter startet der Arbeitstag um 6.30 Uhr. „Das Erste, was ich als Pilot in der Früh mache, ist, den Hubschrauber zu checken und alle Flugvorbereitungen zu machen“, sagt er. Der gelbe Rettungshubschrauber Christophorus 16 ist sein gewohnter Arbeitsplatz am Öamtc-Flugrettungsstützpunkt in Oberwart, der 2025 sein 20-Jahr-Jubiläum feiert. „Bevor es aber in die Luft gehen kann, muss ich Wetter, eventuelle Flughindernisse im Gebiet oder Sperren abchecken, damit ich auch weiß, wo wir in den Einsatz gehen können an diesem Tag“, erkärt Stützpunktleiter Tautter.
Andreas Tautter ist Sützpunktleiter und Pilot des Christophorus 16 in Oberwart
Andreas Tautter ist Sützpunktleiter und Pilot des Christophorus 16 in Oberwart
Diese Vorbereitungen sind wichtig, damit Tautter und sein Team tagtäglich bei den Notfall-Einsätzen ihr Bestes geben können. Während er die Flugtauglichkeit des Hubschraubers checkt und die Einsatzumstände seines Gebietes genau im Blick behält, sind seine Kollegen mit der Überprüfung des medizinischen und technischen Equipments beschäftigt. „Wir sind hier alle sehr routiniert und wissen genau, was es braucht, um einen einwandfreien Einsatz fliegen zu können.“


Jedes Einsatzteam besteht dabei aus einem Piloten, einem Notarzt und einem Flugretter.
Diesmal sind Armin Gradwohl als Notarzt, Thomas Raffler als Pilot und Stefan Schuch als Flugretter im Dienst.
Jedes Einsatzteam besteht dabei aus einem Piloten, einem Notarzt und einem Flugretter.
Diesmal sind Armin Gradwohl als Notarzt, Thomas Raffler als Pilot und Stefan Schuch als Flugretter im Dienst.


Ab 7 Uhr heißt es also warten. Warten auf eine Alarmierung. Warten auf das vertraute Geräusch, das Tautter oft mehrmals an einem Tag hört. „Es geht alles gleichzeitig. Wir bekommen eine Alarmierung auf das Funkgerät und das Diensthandy. Zusätzlich dazu sehen wir erste Details am Einsatzmonitor und es gibt eine Durchsage am ganzen Stützpunkt“, erklärt Tautter.
Der EC 135, das Arbeitsgerät der C16-Mannschaft
Der EC 135, das Arbeitsgerät der C16-Mannschaft
In Sekundenschnelle verwandelt sich der Monitor im Gemeinschaftsraum des Stützpunktes in einen Einsatzbericht: Erst Details zur verletzten Person, die Flugroute für den Hubschrauber, ein Bild vom Einsatzort und mögliche Landeplätze werden dort angezeigt. Das routinierte Team wirft einen kurzen Blick darauf, dann muss es schnell gehen.
Jeder weiß genau, was zu tun ist
Am Unfallort angekommen, weiß jeder genau, was er zu tun hat. Der Pilot ist nach der Landung für den Hubschrauber zuständig, checkt auch die Route in ein geeignetes Krankenhaus für den Patienten und unterstützt medizinisch, wo es notwendig ist. Indes versorgen Notarzt und Flugretter den Patienten und bereiten ihn auf den Flug im Hubschrauber vor.
Das richtige Krankenhaus zu finden ist dabei eine wichtige Aufgabe: „Wir stellen uns die Frage: Welches Krankenhaus in der Nähe hat die Kompetenz für die Art der Verletzung und hat auch Kapazitäten für den Notfall. Das ist oft gar nicht so leicht.“ Unterstützt von der Leitstelle geht es dann in Windeseile zum Krankenhaus, wo der Patient die passende Versorgung erhält. „Ab diesem Moment melden wir uns dann auch wieder einsatzbereit.“

Blick ins Cockpit des Helikopters
Blick ins Cockpit des Helikopters
Drei Piloten, neun Flugretter und 17 Notärzte wechseln sich in Oberwart täglich ab, wobei nur die Piloten und der leitende Flugretter fix beim Öamtc angestellt sind.
Die anderen machen es freiberuflich, meist neben ihren eigentlichen Jobs.
Die meisten Voraussetzungen überschneiden sich hier: Alle drei Berufsgruppen müssen ihn ihrem Feld bereits viel Erfahrung gesammelt haben: „Die Notärzte müssen ausgebildet sein und bereits Erfahrung am Boden haben. Auch die Flugretter müssen bereits jahrelang als Notfallsanitäter am Boden im Einsatz gewesen sein“, erklärt Tautter.
Die Piloten müssen nicht nur „fix und fertig“ ausgebildet sein, sondern brauchen ebenfalls reichlich Erfahrung. Dabei spielt es keine Rolle, ob sie im privaten Sektor als Lasten- oder Charterpiloten unterwegs waren, oder beim Bundesheer und der Polizei ausgebildet wurden.
Die Notärzte müssen ausgebildet sein und bereits Erfahrung am Boden haben. Auch die Flugretter müssen bereits jahrelang als Notfallsanitäter am Boden im Einsatz gewesen sein.
Erfüllt ein Kandidat die Voraussetzungen, muss er zusätzlich ein mehrstufiges Verfahren durchlaufen. Im ersten Schritt versucht man den Kandidaten kennenzulernen und zu sehen, welche Erfahrungen dieser mitbringt. Im zweiten Schritt geht es an den praktischen Teil, wo der Kandidat sein Können unter Beweis stellen muss. Besonders großen Wert legt man bei der Aufnahme auf Teamfähigkeit und Belastbarkeit des möglichen neuen Teammitglieds.


Denn das Teamwork ist ein wesentlicher Bestandteil des Notarzthubschrauber-Teams in Oberwart. „Man kann sagen, dass wir uns blind vertrauen“, so Tautter. Zwar hat jeder sein Aufgabenbereich, falls notwendig muss man einander unterstützen können.
Die Nachtsichtgeräte der Mannschaft
Die Nachtsichtgeräte der Mannschaft
Dass die einzelnen Teammitglieder bereits Erfahrung mitbringen müssen, hat seinen Grund: „Für erfahrene Leute ist die emotionale Belastung bei den Noteinsätzen nicht mehr so groß, man wird routinierter mit der Zeit.“ Dennoch bespricht sich das Team nach jedem Einsatz, denn „das Ziel ist es, das Erlebte nicht mit nach Hause zu nehmen.“ Im Notfall gibt es auch eine Hotline, wo ein Psychologe ständig erreichbar ist.
Denn nervenaufreibende Einsätze gibt es genug für das Team des Standortes in Oberwart. 2024 sind sie 1281 Mal ausgerückt. „Es gibt aber auch ein paar Fehleinsätze im Jahr“, erklärt Tautter. Das passiert, wenn ein Rettungsauto ebenfalls alarmiert wird und vor Ort feststellt, dass kein Notarzt notwendig ist. „Dann werden wir storniert und fliegen wieder heim.“
Nur fünf Prozent der Einsätze sind Verkehrsunfälle
Übrigens, es liegt nicht nur an der Schwere der Verletzungen, warum ein Notarzthubschrauber zu einem Unfallort kommt. „Es hängt auch stark davon ab, ob wir die schnellste und logischste Alternative sind“, weiß Tautter. Ebenfalls ein Mythos ist es, dass die meisten Einsätze des Rettungshubschraubers Verkehrsunfälle sind. „Über die Hälfte der Einsätze beziehen sich auf internistische und neurologische Fälle, Verkehrsunfälle sind nur fünf Prozent“, weiß Tautter.
Meistens ist man vom Stützpunkt in Oberwart aus im Süd- und Mittelburgenland unterwegs, aber auch in der Steiermark (Bezirk Hartberg-Fürstenfeld, nördlicher Teil des Bezirks Weiz sowie ein Teil des Bezirks Bruck-Mürzzuschlag) und in Niederösterreich fliegt man regelmäßig zu Einsätzen. Nur selten gibt es Flüge in andere Bundesländer, wie auch Tautter erklärt: „Im vergangenen Jahr hatten wir einen Einsatz in Kärnten, weil der dortige Hubschrauber belegt war und die Grazer Kollegen im Nebel nicht fliegen konnten. Wir hatten aber gute Sicht und sind deshalb geordert worden.“
Insgesamt flog Christophorus 16 von der Übernahme des Stützpunktes im Jahr 2005 durch den Öamtc bis Mitte 2025 bereits mehr als 19.000 Einsätze – zuletzt mehr als 1000 pro Jahr.
Anlässlich des 20-jährigen Bestehens wird am 27. September ab 14 Uhr zum Stützpunktfest ins Südburgenland (Am Flugfeld 21, 7400 Oberwart) geladen und das Jubiläum gebührend gefeiert. Dabei kann man den Notarzthubschrauber auch im Einsatzbetrieb hautnah erleben.
Die Geschichte des Stützpunkts

Die Geschichte des Stützpunkts

Der Stützpunkt blickt auf eine bewegte Geschichte zurück: Im Sommer 2004 wurde ein Testbetrieb für einen Notarzthubschrauber im Südburgenland unter einem anderen Betreiber eingerichtet. Zuvor gab es Forderungen aus der Bevölkerung, dass ein solcher notwendig sei. Der damalige Betreiber konnte jedoch den geänderten flugrechtlichen Bestimmungen nicht mehr standhalten und musste daher den Betrieb einstellen.
Im Mai 2005 übernahm schließlich der Christophorus Flugrettungsverein des Öamtc den Testbetrieb und rüstete kurz darauf nach Umbauarbeiten am Gelände (siehe Rendering-Bild oben) auf den Regelbetrieb um. Im November 2006 feierte man die offizielle Eröffnung, wobei auch der damalige burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) anwesend war.
Feierliche Stützpunkteröffnung mit Landeshauptmann Hans Niessl (Vierter von links)
Feierliche Stützpunkteröffnung mit Landeshauptmann Hans Niessl (Vierter von links)
Konflikt um den Standort
Mit der Eröffnung ist die bewegte Geschichte jedoch nicht zu Ende: Anfang 2022 kam es nämlich zu einem rechtlichen Konflikt mit der burgenländischen Landesregierung unter Hans Peter Doskozil (SPÖ).
Durch die Eröffnung eines weiteren Notarzthubschrauber-Standortes im nördlichen Burgenland kam es zu einer Ausschreibung, wobei dabei auch für den Standort in Oberwart ein neuer Betreiber gesucht wurde. Die „Martin Flugrettung“ landete als Erstgereihter, weswegen der Öamtc abrücken sollte.
Daraufhin kam es zu einem Rechtsstreit, weil der Öamtc „fachlich falsche und rechtlich unzulässige Punkte im Vergabeverfahren“ witterte. Das Landesverwaltungsgericht Burgenland entzog der Martin Flugrettung den Zuschlag. Der Grund war ein Formalfehler. Doch das Land pochte auf eine erneute Ausschreibung, weshalb der Öamtc wieder vor Gericht zog. Nach langem Hin und Her und politischen Druck aus der Opposition erhielt der Öamtc schließlich im Februar 2023 erneut den Zuschlag für Oberwart – und startet nun zusätzlich auch vom neuen Stützpunkt im Nordburgenland (Frauenkirchen).
18
Flugrettungsstützpunkte
betreibt der Öamtc ganzjährig
in Österreich. Im Winter
kommen vier weitere hinzu.
In ganz Österreich im Einsatz
Die beiden burgenländischen Christophorus-Stützpunkte sind aber nicht die einzigen: Insgesamt betreibt der Öamtc in Österreich 18 Ganzjahres-Stützpunkte, drei davon in der Steiermark (Flughafen Graz, St. Michael/Obersteiermark und Niederöblarn). 32 Hubschrauber sind dabei in allen Bundesländern im Einsatz. In den Wintermonaten werden vier weitere saisonale Stützpunkte betrieben, wobei es nicht zwangsläufig in dieser Zeit die meisten Einsätze der Hubschrauber gibt, wie der Öamtc erklärt. Die meisten Einsätze fliegt dabei der Christophorus 6 in Salzburg, dicht gefolgt vom Christophorus 9 in Wien und dem Christophorus Europa 3 in Oberösterreich.
36.600
Einsätze pro Jahr fliegen
die verschiedenen Betreiber
gemeinsam in etwa.
Neben der Öamtc Flugrettung sind in Österreich auch die ARA Flugrettung, die Bergrettung Vorarlberg, die Martin Flugrettung, Schenk Air, die SHS Flugrettung und Wucher Helicopter im Einsatz. Vor allem im Westen des Landes dominieren die Schenk Air und die SHS Flugrettung, während der Osten größtenteils vom Öamtc abgedeckt wird. Gemeinsam fliegen diese Betreiber rund 36.600 Einsätze pro Jahr.
Text: Livia Steiner
Fotos: KLZ/Carmen Oster, Franz Weber (Rendering), KLZ/Thomas Pilch (Eröffnung)
Videos: KLZ/Carmen Oster
Digitale Aufbereitung: Jonas Binder