AUTOS,
DIE MAN GEFAHREN HABEN
MUSS

SCHWERPUNKT. Wegweisend, faszinierend oder einfach nur schön: Lesen Sie hier einen digitalen Auszug unseres aktuellen Mobilitätsmagazins "50 Autos, die man gefahren haben muss". Ein Schwerpunkt aus Liebe zum Automobil.
Vor über 135 Jahren begann das Zeitalter des modernen Automobilbaus. Jetzt, da die Jahrhunderterfindung aufgefordert ist, sich neu zu erfinden, sind viele der hier vorgestellten Wagen – unvernünftige, brave, genügsame, atemberaubende, bescheidene, witzige, große Designstücke und kleine Flitzer – Hoffnungsträger, weil sie als Beweismittel angeführt werden können, dass sich das Auto, die Idee vom Auto, doch bewegt.
Sie sind teils von historischer Bedeutung, aber auch Modelle, die in unsere Herzen fuhren, technisch wegweisend waren, skurril oder einfach nur schön. Zugegeben, leicht war die Auswahl nicht. Und eigentlich kann man dabei auch nur verlieren, weil die Einordnung oft schwierig ist und es keinen echten Maßstab dafür gibt.

Ein Mythos, eine Sehnsucht, für immer jung
ZEITMASCHINE. Von Ferry Porsche ist das Zitat überliefert: "Das letzte Auto, das gebaut werden wird, wird ein Sportwagen sein." Wir sagen: Es könnte, nein, es wird ein Porsche 911 sein.
Von Gerhard Nöhrer
In den Vereinigten Staaten von Amerika stehen die drei Ziffern für den Notruf. In der Welt des Automobils hingegen für Sehnsucht. Wenn Auto-Schöngeister an die Zahl 911 denken, dann schlagen ihre Herzen höher. Für Millionen ist der Kult-Porsche der ewige Autotraum. Kein anderer Sportwagen hat in den letzten 60 Jahren derart begeistert, kein anderer zog Auto-Enthusiasten, Porsche-Maniacs, Reich und Schön seit 1963 so in den Bann.
Der Porsche 911 ist der Urmeter aller Sportwägen. Die Zeitmaschine. Ein Mythos. Und er ist der Porsche schlechthin. Auch wenn der Neunelfer heute bei Porsche bloß noch für 13 Prozent des Absatzes verantwortlich ist, bleibt er die Marken-Ikone – an seinem Anspruch müssen sich in Stuttgart immer noch alle orientieren.
Fest steht: Ihn einzumotten, darf sich Porsche nie leisten. Auch wenn er – schielt man auf die Anzahl der Kerzen auf der Geburtstagstorte – längst in die automobile Fossiliensammlung gehört. Könnte man zumindest glauben. Es gibt jedoch kein anderes Auto, das ein ähnlich hohes Alter auf dem Buckel hat. Und nach sechs Jahrzehnten immer noch in Bestform ist. Als schnellstes Denkmal der Welt ist und bleibt er das Rückgrat von Porsche und das ultimative Objekt der Begierde.
Vor 60 Jahren auf der Frankfurter IAA unter der Regie von Ferry Porsche noch als 901 enthüllt (man hatte übersehen, dass sich Peugeot die Rechte auf alle Autos mit einer Null in der Mitte gesichert hatte und zog zum Produktionsstart ein Jahr später zurück), ist der 911 heute mit über 1,2 Millionen gebauten Einheiten der mit Abstand erfolgreichste Sportwagen der Welt. Erst im Vorjahr schnellten die Verkäufe der Ikone wieder deutlich nach oben. 70 Prozent aller gebrauchten Neunelfer fahren übrigens immer noch. Das Geheimnis des Neunelfers ist sicher darin zu begründen, dass Porsche sein Image über den Motorsport pflegte, es gleichzeitig aber auch verstand, das gepriesene Stück bei jeder Modellpflege und jedem Generationswechsel in jede Richtung wesentlich nach vorne zu bringen, oft behutsam, oft radikal, wie es beispielsweise der sentimentale Bruch mit der Luftkühlung 1997 war. Der signifikante Sound war immer ein Thema. Dazu lieferte Porsche verlässlich zusätzliche Pulsbeschleuniger vom Schlage eines Carrera RS oder Turbo.
IN DEN USA STEHEN DIE DREI ZIFFERN 911 FÜR DEN NOTRUF. IN DER WELT DES AUTOMOBILS HINGEGEN FÜR SEHNSUCHT.
Fakt ist: Jede Neuauflage geriet stets zum besten Porsche aller Zeiten. Das galt auch immer für das Design, die vielleicht schwierigste Übung. Das vom Designer Alexander "Butzi" Porsche gestrickte Kleid trägt der Porsche 911 in den Grundschnitten heute noch. Ein krachender gestalterischer Umbruch wäre in keiner Phase weder möglich noch erwünscht gewesen. Oberster Wächter der unverkennbaren Silhouette ist seit 2004 der Schwabe Michael Mauer, der als Designchef die zielgerichteten kontinuierlichen Veränderungen und Verfeinerungen verantwortet und zuletzt mit dem Mission X auch die Reise in die Zukunft eines elektrischen Supersportwagens von Porsche wagte. Natürlich muss gesagt werden, dass der Neunelfer in den ersten Jahrgängen ein böses Tier und für ungeübte Lenker richtig gefährlich war. Porsche-Besitzer aus frühen Tagen wissen, wovon wir hier reden. "Wer mit einem Porsche 911 schnell fahren will, sollte auch wissen, wie das geht", schrieb ein Magazin. Der starke, luftgekühlte Sechszylinder- Boxer im Heck brachte zwar jede Menge Traktion auf die Hinterachse, aber auch so einige Eigenheiten mit sich – vor allem der Turbo war in den Anfangsjahren mit seiner unmittelbar auftretenden Kraft eine Herausforderung, selbst für Könner.
Schnell kam der Neunelfer in den Ruf, eine hinterfotzige Heckschleuder zu sein. In Kurven löste jede Blödheit am Gaspedal Panikattacken aus, weil das Heck schneller als sein Schatten nach vorne drängte. Dazu war der Geradeauslauf miserabel, die Lenkung gewöhnungsbedürftig und die Bremsen auch nicht das Gelbe vom Ei. Im Grenzbereich, bei regennasser Fahrbahn oder auf Eis und Schnee waren Schweißausbrüche ein ständiger Begleiter.
Der Mann, der schließlich das dramatische Missverhältnis zwischen Leistung und Fahrsicherheit auflöste, war Ferdinand Piech. Dem genialen Techniker ist es zu verdanken, dass der 911er ab 1968 ein fahrbares Auto wurde. Als Entwicklungschef verschrieb er dem Problemkind einen längeren Radstand, eine bessere Gewichtsverteilung und breitere Reifen. Danach wurde der Porsche mit jedem Jahrgang besser, sicherer und auch schneller. In dieser Ära führte Porsche 911 im Rennsport die Konkurrenz regelrecht vor, ob Rallye Monte Carlo oder Targa Florio. Modelle aus dieser Ära erfreuen sich heute einer märchenhaften Wertsteigerung, was für Porsche generell gilt. Zwischendurch waren die Preise für besonders rare Exemplare völlig überhitzt.
DER PORSCHE 911 IST EIN AUTO, DAS NIEMAND BRAUCHT, ABER JEDER WILL IHN.
Ferry Porsche
Bis heute versteht es kein anderer Hersteller, die Möglichkeiten der Individualisierung geschickter auszuspielen. Das betrifft speziell der Neunelfer, das Portfolio besteht mittlerweile aus über 25 Derivaten und Sondermodellen. Gerade geht der 911 Dakar an den Start, dann macht sich der 911 ST mit 525 PS fertig.
Und was bringt die weitere Zukunft? Fest steht: Das letzte Modell, das bei Porsche einmal vollelektrisch werden wird, ist der 911. Aber um zukunftsfähig zu bleiben, wird es die Porsche-Ikone zumindest teil-hybridisiert geben müssen. Ad multos annos.


Die Kleinen werden die Größten sein
GRÖSSENORDNUNG. Dass der Suzuki Jimny wie ein G in Schrumpfversion aussieht, soll nicht zu seinem Nachteil sein. Hätten wir ihn nicht, müssten wir ihn erfinden.
Von Christoph Jordan
Die Schlumpfhausen-Witze hat der Jimny längst locker weggesteckt. Und dass er einem Mercedes G ähnelt, den sie zu heiß gewaschen haben und von dem letztlich 3,65 Meter Länge übrig geblieben sind, auch. Bringt er doch alle Talente eines hemdsärmeligen Geländewagens mit sich: Im Unterboden wohnt ein unverzärtelter Leiterrahmen, die Achsen sind robust und starr – und: Es gibt eine echte Geländeuntersetzung an Bord.
Das G‘schau ist dabei so treuherzig, dass du ihn einfach ins Herz schließen musst, bei aller ernsthaften Gelände-Kompatibilität. Böschungs-/Rampenwinkel besitzen als Kenngrößen noch eine echte Bedeutung. Im Prinzip ist er ein Zweisitzer, im alten Viersitzermodus hatte im Kofferraum nicht einmal ein schmächtiger Jagdhund Platz. Das niedrige Gewicht wiederum macht ihn auf tiefen Geländepassagen fast unversenkbar. Er gehört zu einer aussterbenden Gattung kleiner, hochbegabter Geländeautos, die auch noch erschwinglich sind.
Das Konzept Jimny steht an der Spitze einer jahrzehntelangen Evolution, der kleine Geländekraxler ist ein witziges Statement der Lebensfreude, ein Spezialist für schwierige Aufgaben, ein Spaßgenerator auf allen Strecken. Man wird ihn nie versehentlich kaufen, damit schafft er sich seine Fans selbst.
EIN WITZIGES STATEMENT DER LEBENSFREUDE, EIN SPEZIALIST FÜR SCHWIERIGE AUFGABEN, EIN SPASS-GENERATOR.
Der Kleine setzt die Tradition des kleinen, wendigen Geländewagens aus dem Hause Suzuki fort. Jimny hießen seit 1968 alle leichten Geländewagen von Suzuki in Japan, wir mussten uns hierzulande mit lustigen Buchstabenkürzeln herumschlagen. Der LJ80, liebevoll Elliot – wie das Schmunzelmonster aus dem gleichnamigen Disney-Film – genannt, ebnete in Europa den Weg für den kleinen Offroader. So richtig auf der Welt war Suzuki dann ab 1982 mit dem Nachfolger SJ, der sich als Verkaufsschlager etablieren sollte.
Der Jäger schätzte seine Wendigkeit im Revier, der Hüttenwirt den Allradantrieb und seine Kraxel-Fähigkeiten. Und der Stadtmensch konnte endlich seinen verwegenen Lebensstil demonstrieren: Der ab 1988 eingeführte Samurai ist prinzipiell nichts anderes als ein ausführliches Facelift. 1998 wird die Modellpalette nach unten abgerundet, dadurch gibt es die Modellbezeichnung "Jimny" nun auch für Europa. Man findet ihn bis heute auf griechischen Inseln als Leihauto, besonders in der Cabrioversion. Richtig spaßig wurde danach eben die zweite Generation des Jimny, die tatsächlich aussieht wie eine Schrumpfversion des heiligen G-Modells, übrigens.






Frisch auf der Überholspur
Revolutionär. Kia erfindet sich neu. Nicht das erste und nicht das letzte Mal. Diesmal denkt man aber weit über das Auto hinaus und sieht das E-Auto als Baustein unserer komplexen Energieversorgung. Der EV6 war nur der Anfang.
Von Didi Hubmann
Zur Einordnung: Eine Autoproduktion war bei Kia zum Zeitpunkt der Firmengründung 1944 nicht einmal Thema. Man wollte lieber Hochleistungsfahrräder und Motorräder bauen. Während man in den 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts sich noch an dreirädrigen Minilastern und Pritschenwägen abarbeitete, ergötzte sich die europäische Autoindustrie an Sechs- und Achtzylindern und Luxuskisten. Davon war Kia selbst in den 80er-Jahren mit so weltfremden Autonamen wie Bongo und Pride noch weit entfernt, selbst wenn man sich mit Mazda und Honda verlinkt hatte. 1992 brachte man den ersten eigenen PKW namens Sephia auf Fertigungslinie, in diesem Jahr feierte man zehn Millionen produzierte PKW. Aber, bitte: Kia hätte es nach zwei politisch bedingten Pleiten Ende der 90er-Jahre gar nicht mehr geben dürfen, Hyundai übernahm 1998, da hatte man zwar in Amerika schon seine Nische gefunden, aber sonst?
Es passt also nix zusammen in der Geschichte, die so endet: Der EV6 wird 2022 Auto des Jahres, gewählt von einer europäischen Jury von nur 61 Mobilitätsjournalisten, auch die Kleine Zeitung ist vertreten. Begründung für den ersten Sieg eines koreanischen Herstellers? Der EV6 ist technisch betrachtet das modernste Auto seiner Klasse. 800-Volt-Architektur, hohe Ladeleistung, gute Reichweite, erstaunlicher Fahrstil, insgesamt vielleicht das beste Elektroauto seiner Generation. Wie hat Kia in nicht einmal 20 Jahren, seit man in Europa eingetroffen ist, mit den Europäern und dem Rest der Welt gleich gezogen oder sie sogar überholt?
IN EINER ERSTEN WELLE REVOLUTIONIERTE DESIGNER PETER SCHREYER GESICHT UND AUFTRETEN DER MARKE.
Die erste Antwort heißt Peter Schreyer, einer der besten Designer der Branche, wenn nicht der beste. Auf seiner Liste stehen Autos wie VW Beetle, Golf IV, Audi TT oder Audi A2. Im Volkswagenkonzern ärgert man sich heute noch, dass man ihn einst nach Korea hatte ziehen lassen.
In einer ersten Welle revolutionierte er das Gesicht und das Auftreten von Kia, seine Handschrift wurde über die Jahre unverkennbar und prägte das Image einer neuen, modernen Marke.
Kurz, bevor er sich vom Tagesgeschäft zurückzog, ließ er noch Ideen in den EV6 einfließen, das noch von Peter Schreyer entworfene Tigernasen- Gesicht wurde vom neuen Chief Creative Officer Luc Donckerwolke (arbeitete für Lamborghini, Bentley, Seat) und Gregory Guillaume (Europa-Designchef) zu einem digitalen Tiger-Gesicht uminterpretiert , samt sequenziellem Lichtmuster beim Tagfahrlicht und einem flachen Lufteinlass. Ist das noch Kia, fragt man sich. Ja, aber anders. Die Designer spielen mit kontrastierenden Elementen, das Auto ist mit dem neuen Logo und aus dem neuen Logo heraus neu erfunden und wieder revolutioniert worden. Wie die ganzen Modelle der Marke, die sich im Windschatten neu formieren.
ICH BIN EIN FREUND DES LEISEN REDENS. DAS FUNKTIONIERT IM E-AUTO BESSER ALS IN JEDEM VERBRENNER.
Gert Kollegger
Die zweite Antwort gibt die Technik. Erstens kann der EV6 bidirektional laden, also vom Fernseher bis zum E-Grill alles betreiben. Der Mediziner Gert Kollegger, ein passionierter E-Auto-Fahrer, sagt offen: "Ich hatte vorher einen Tesla. Aber der Kia ist das neuere, modernere Auto. Erstens finde ich mehr Platz als im Tesla." Dann profitiert man von der schnellen Ladetechnik dank der 800-Volt-Architektur, die bisher nur Porsche im Taycan einsetzt – in der Mittelkasse bis auf das Schwestermodell von Hyundai niemand. "In 15 Minuten lädt man an den Schnell-Ladestationen mit 150 kW Ladeleistung genug, um locker rund 170 bis rund 220 Kilometer weiter zu kommen, das dauert nicht viel länger als bei einem Benziner", lacht Kollegger. Mit seinem EV6 Long-Range-Modell mit Heckantrieb – er hat es gerade verkauft und sich das Top-Modell EV6 GT mit 585 PS gegönnt – verbraucht er nach seinen Aufzeichnungen 11,6 kWh in der Stadt, 16 bis 17 kWh im Mix und rund 22 kWh auf der Autobahn. Die Reichweite sei außerdem nicht die Problemzone eines E-Autos. "Das ist die falsche Frage, der falsche Zugang. Es geht darum, wie schnell kann das Auto laden?" Der EV6 könnte bis 240 kW laden – aber nur im optimalen Temperaturfenster der Batterie.
Und, gab‘s Probleme? "Am Anfang ein bisschen mit der Software, nach dem Update war das aber behoben. Beim 30.000-km-Service habe ich 519 Euro gezahlt." Ein Pluspunkt, den Kollegger betont: "Was mir gut gefallen hat, ist die Wärmepumpe, das funktioniert im Kia perfekt." Aber ehrlich, was gefällt am meisten? "Ich bin ein Freund des leisen Redens. Das funktioniert in der E-Mobilität besser als in jedem Verbrenner."





Und er läuft und läuft und läuft ...
VW TYP 1. Egal ob man ihn Käfer, Bugl oder Scherzl nennt – ohne den Typ 1 würde Volkswagen in der heutigen Form nicht existieren.
Von Christoph Jordan
Hand auf’s Herz: Kennen Sie jemanden in Ihrer Verwandtschaft, der kein Erlebnis mit einem Käfer hatte? Oder hatten Sie gar selbst einen? Der Käfer hat nicht nur Europa mobilisiert, er ist trotz seiner Vergangenheit zum Kult geworden. Mit 21.523.454 gebauten Stück ist er das meistgebaute Auto aller Zeiten, auch wenn das manche anders sehen: Toyota Corolla, VW Golf und Ford F-150 sind bereits in der x-ten Generation unterwegs, da zählt bestenfalls der Namen. Der Käfer hingegen ist von seinem Start 1945 bis zu seiner Einstellung 2003 in seinen Grundfesten immer gleich geblieben.
Apropos Namen: International hat sich die Bezeichnung "Käfer" ebenfalls verbreitet, so beispielsweise Beetle oder Bug (englisch), Kever (niederländisch), Coccinelle (französisch), Maggiolino (Maikäfer), Buba (serbokroatisch), Bogár (ungarisch), Escarabajo (spanisch) und Fusco (portugiesisch). Teilweise hat ihn Volkswagen in den jeweiligen Ländern auch so verkauft. Dazu kommen noch die ganzen Spitznamen: Als Buckelporsche oder nur Bugl ist er hierzulande recht gut bekannt, in Schweden heißt er Bubbla (Blase), in der Dominikanischen Republik Cepillo (Bürste), in Polen Garbus (der Bucklige), in der Türkei Kaplumbağa (Schildkröte). Man sieht schon: Nirgends geht es einfach um ein Auto – mehr um ein Familienmitglied, das nur zufällig in der Garage wohnen muss. Es muss dieses treue Wesen des Wagens gewesen sein, das die Sehnsüchte der Nachkriegsgeneration traf.
IN SCHWEDEN HEISST
DER KÄFER BLASE,
IN POLEN DER
BUCKLIGE, IN DER
TÜRKEI SCHILDKRÖTE.
Auch wenn der beauftragte Konstrukteur Ferdinand Porsche Patente anderer Hersteller zusammenführte, so muss man die Konstruktion doch als genial ansehen. Das eigentliche Konzept hatte Béla Barényi bereits in den 1920ern entworfen, die hintere Pendelachse und das Fließheck hat sich Porsche beim Standard Superior von Josef Ganz abgeschaut, die Luftkühlung sowie einige andere technische Details bei Tatra, wo Hans Ledwinka als Chefkonstrukteur wirkte. So erblickte der Käfer 1938 das Licht der Welt – und das erste Leben war nur von kurzer Dauer, denn ab dem Kriegsausbruch wurden dann in Fallersleben (erst ab 1945: Wolfsburg) vermehrt Kübelwagen produziert. Erst 1945 lief die Serienproduktion an, der Rest ist eine Erfolgsstory.
DER KÄFER HAT NICHT NUR EUROPA MOBILISIERT, ER IST TROTZ SEINER VERGANGENHEIT ZUM KULT GEWORDEN.
Der Käfer hat von da an Österreich mobilisiert, kein anderer konnte ihm das Wasser reichen. Nicht einmal das Pucherl, der "Steyr Puch 500 Modell Fiat", der 1957 als erschwingliches Auto aus heimischer Produktion auf den Markt kam, konnte ihn vom Thron stoßen. Das Pucherl schaffte 1958, im besten Verkaufsjahr, rund 12 Prozent Marktanteil, der Käfer saß mit soliden 20 Prozent ganz oben am Stockerl, in seinen besten Zeiten erreichte er bis zu 27 Prozent.
Sein Erfolgsrezept? Man muss das im zeitlichen Zusammenhang sehen: Er war günstig, sparsam, solide und technisch robust. Klar kann man heute behaupten, dass er gesoffen hat wie ein Loch, dass der dritte Zylinder öfters den Hitzetod gestorben ist und dass die legendäre Zuverlässigkeit heute vielleicht nicht viel mehr ist als eine verklärte Erinnerung. Aber ob seiner genialen Konstruktion war da nichts, was man nicht mit einem Stück Draht, einer Kombizange und einem – Achtung – Schlitzschraubendreher richten konnte. Geübte schaffen den Motortausch in 20 Minuten, hängt er doch nur an vier Schrauben im Heck. Davor gilt es noch eine Handvoll Drähte wie Zündungsplus, Vergaservorwärmung und Lichtmaschinenkabel wegzuschrauben, schon ist man bereit für den Ausbau. Seine Wintertalente waren wegen der Gewichtsverteilung und der verhältnismäßig großen Räder schlicht legendär, auch wenn man in dieser Jahreszeit meistens nix raussah. Zum Standardzubehör gehörte ein Eiskratzer für innen sowie das stets griffbereite Rehleder, wenn die Windschutzscheibe wieder mal beschlagen sollte.
IN DEN USA WURDE DER KÄFER GEHÄTSCHELT, FRISIERT UND FILME WURDEN MIT IHM ALS HAUPTDARSTELLER GEDREHT.
Der richtige Kult um den Käfer entstand in den USA, wo er ewig der erfolgreichste Kleinwagen war, dem die Amis nichts entgegenzusetzen hatten. Dort wurde er gehätschelt und frisiert, Filme wurden mit ihm als Hauptdarsteller gedreht ("Herbie") – und wer 27 Zentimeter aus der Bodenplatte rausschnitt, konnte eine Buggy-Karosserie draufsetzen. In Südamerika sollte der Käfer überhaupt noch bis 2003 gebaut werden – die Mexikaner hielten ihrem "Vocho" lange die Treue. Da waren wir hierzulande schon längst Generation Golf, aber das ist eine andere Geschichte.






Als das Leben noch ein Spiel war
UNVERGESSLICH. Ein Auto wie ein Déjà-vu. Die Angst vor der Ölkrise formte eine Ikone. Eine, die es ins neue Jahrtausend geschafft hat. Eine Nummer größer freilich. Eine Hommage.
Von Didi Hubmann
Das erste Auto, unvergesslich. Für 5000 Schilling, heute knapp 363 Euro. Dafür bekam man in den späten 80er-Jahren des vorigen Jahrhunderts einen in die Jahre gekommenen Mini Cooper, an dem so viel herumgedoktert worden war wie an den Kardashians. Aber: Liegesitze, Fetzendachl, eine rare, wie mir Experten erzählten, italienische Instrumentenleiste, die sich über die ganze Breite streckte. Liebe auf den ersten Blick. Das waren noch Zeiten, als man handelte statt nachdachte. Leider. Tellergroße Löcher unter den Fußmatten? Wurscht, das Auto ist super, der Schweißer wird‘s schon richten, das Leben war noch ein Spiel. Es pumperte bei jeder Bodenwelle, das Fetzendachl war undicht, auf der Autobahn schluckte mein Kleiner einen Liter Öl pro 200 Kilometer. Wickel ohne Ende wie bei einer toxischen Beziehung. Aber der Kleine war Grundstein meiner Liebe zum Auto. Die ersten Drifts bei Schnee, die ersten Strafen. Aber glatzerte Reifen und ein übereifriger Polizist, der mich zur technischen Prüfstelle schickte, beendeten die Liebe. Kein Pickerl mehr. Gestern hat mich das Glück verlassen, hätte Rainhard Fendrich gesungen. Die Hauptrolle in meiner und in der Geschichte des Autos hat er trotzdem, weil der Mini von seinem Grundgedanken ein Prediger der individuellen Mobilität war und ist.
1959 startete die British Motor Corporation den Motor des Projekts. Aufgrund der Suezkrise, eine Ölknappheit drohte. Achtung, Déjà-vu: Es ging um ein sehr kleines, genügsames Auto, das uns heute guttun würde. Ein Viersitzer, nur knapp über drei Meter lang, aber die Räder ans äußerste Eck geschoben. Der quergelegte 34-PS-Motor platzsparend eingebaut, mit Frontantrieb und statt Stahlfedern federten Gummiblöcke den Unbill der Straßen von anno dazumal ab. Es ging nur darum, Platz zu machen und möglichst wenig Platz zu verschenken. Nicht einmal 600 Kilogramm brachte die erst Auflage auf die Waage, völlig aberwitzig. Und dazu ein G‘schau, das an einen philanthropischen Teddybären erinnerte. Zum Verlieben.
DER MINI WAR UND IST VON SEINEM GRUNDGEDANKEN EIN PREDIGER DER INDIVIDUELLEN MOBILITÄT.
Vier Jahrzehnte wurden vom Cabrio bis zum Kombi alle Spielarten aus dem Hut gezaubert. Das Auto wurde zum Filmstar, von "Mr Bean" bis zu"Italian Job", und zum Statussymbol, ohne selbst eines zu sein. Die sportliche Cooper-Version (anfangs mit 55 PS) faszinierte Generationen. Selbst bei der Monte-Carlo-Rallye siegte man.
2001 übernahm BMW, veränderte die Genetik, aber nicht das Credo. Der Mini wurde größer, üppiger, aber man fremdelte nicht, weil die Bayern es schafften, eine Tradition, eine Geschichte, wieder zu beleben, mit einer Vielzahl von Modellen. Das Retrodesign ist zeitlos. Unser Favorit, für das Protokoll: ein 420 PS Mini Cooper mit BMW-V8 und Heckantrieb, neulich in Goodwood. Die Zukunft des elektrischen Minis liegt übrigens in China, wo er produziert werden soll. Wir werden sehen.




Es gibt sie noch, die guten Dinge
GLÜCKSBRINGER. Der Mazda MX-5 macht glücklich, das Rezept für freudvolles Autofahren ist einfach: Man nehme geringes Gewicht und Heckantrieb. Vorzugsweise bei geöffnetem Dach.
Von Christoph Jordan
Bei der Stoffdachvariante ist es kinderleicht: Du drückst den Sperrknopf, ziehst den Spannriegel und wirfst das Verdeck mit einer lässigen Handbewegung nach hinten und bist auf der Welt. Das geht unter zwei Sekunden und auch während der Fahrt, kein anderer ist da je dran gekommen, schon gar keine elektrisch betätigten Verdecke. Und überhaupt: Das sollte jeder erlebt haben, denn die Cabrios sind – wieder einmal – vom Aussterben bedroht.
Man muss traurigerweise wirklich festhalten, dass wir uns in einer ziemlich spaßbefreiten Zeit befinden, besonders was Autos angeht. Und nein, wir meinen jetzt nicht die Transformation zur Elektromobilität. Es scheint im Moment nur so, als kämen ausschließlich übermotorisierte SUVs auf den Markt. Die reuelose Leichtigkeit beim Fahren, die zierliche Eleganz beim Design gehen zusehends verschütt. Darum erfreuen wir uns am Mazda MX-5, also genau jenem, der seit 34 Jahren das hochhält, was früher eine britische Tugend war: klein, leicht, simpel, offen, leistbar, das Auto als Imageträger. Umso schöner, dass er sich in der vierten Auflage nach einer kleineren Entgleisung immer noch auf dem Gewichtslevel der ersten Generation befindet, was im Zeitalter von Digitalisierung und Assistenzsystemen bemerkenswert ist: 1076 Kilogramm stehen beim Basismodell auf der Waage. Das ist die Hälfte eines elektrischen Mittelklassewagens, egal welchen Ursprungs. Und ja, bei aller Winzigkeit ist eine Frage angebracht: Passt man noch hinein?
UND JA, BEI ALLER WINZIGKEIT IST EINE FRAGE ANGEBRACHT: PASST MAN NOCH HINEIN?
Die Japaner sind bekannt für das Tüfteln auf hohem Niveau. Da wird um Millimeter gefeilscht, dass die Türe nicht zugeht – so auch hier bei der Sitzposition. Die Sitze sind verglichen zum pummeligen Vorgänger um 25 Millimeter gen Fahrzeugmitte gerutscht, die Sitzflächen befinden sich annähernd auf der Höhe der ersten Serie (man saß im MX-5 von Generation zu Generation höher). Und man hat wieder dieses Roadstergefühl: Du setzt dich nicht hinein, du ziehst ihn dir an. Umgekehrt bedeutet das auch, dass selbst Lange bis 1,90 hineinpassen, ohne sich den Scheitel am Querspriegel des Verdecks zu ziehen – aber den MX-5 geschlossen zu fahren, ist ohnehin eine Themenverfehlung.
Der MX-5 macht einen besseren Menschen aus dir: Du sitzt nicht hinter den Schießschartenfenstern einer SUV-Trutzburg, du bist mitten im Freien. Lässt du Passanten über den Zebrastreifen, kannst du das "Danke schön!" hören. Und ja, man fühlt sich im positiven Sinne verwundbar: An der Ampel hast du Radnaben von Lkws auf Augenhöhe, alles rund um dich kommt dir wohlstandsverwöhnt zu groß vor.
DER MX-5 MACHT EINEN BESSEREN MENSCHEN AUS DIR. ALLES RUND UM DICH KOMMT DIR WOHLSTANDSVERWÖHNT ZU GROSS VOR.
Die eigentliche Show beginnt sowieso erst im kurvigen Hinterland. Durch das geringe Gewicht und die agile Lenkung kann der MX-5 agil sein wie ein Heuschreck, auch wenn die Leistung sehr überschaubar ist. Der Skyactiv-Motor röchelt im Stand schon frech und gibt sich auch nach dem Wegfahren keine Blöße. Wir erinnern uns: Eine Boden-Boden-Rakete war der MX-5 nie, auch die Motoren glänzten mehr mit Unauffällig- und Haltbarkeit denn mit Drehfreude. Der kleine 1500er liefert schon unten raus genug Drehmoment, um frech durch den Verkehr zu surfen, legt bei 5000 Touren noch eine kernige Note zu und dreht willig, bis ihm der Limiter ein Ende setzt. Eigentlich genügt der schon, für Leistungsverwöhnte gibt es die 184-PS-Variante. Die Schalterei ist genial – nirgends gibt es kürzere Schaltwege. Obwohl das Sechsganggetriebe der aktuellen Generation eine komplette Neukonstruktion darstellt, hat sich am Schaltgefühl seit 1989 nichts geändert: Mit einem leisen "Klack" ist der nächste Gang drinnen und du freust dich schon auf den nächsten Schaltvorgang.
Das Fahren selbst ist die pure Reinheit. Das Fahrwerk hat seit jeher Doppelquerlenker vorne und hinten – was für Supersportwagen gut und würdig ist, passt auch dem MX- 5. Richtig hart war er nie, was dir im täglichen Gebrauch eh lieber ist. Man muss ja beim Überfahren einer Münze nicht erkennen, ob Kopf oder Zahl. Er ist aktuell eines der wenigen Geräte, mit denen man das klassische Autofahren bestmöglich lernen kann. Du knipst das ESP aus, durchsurfst Kurven, spielst mit Lastwechseln, schaust, wie das Auto reagiert – und gelegentlich geht sich ein kleiner Power-Oversteer aus, zumindest bei Nässe.





Mehr als nur ein Glaubenskampf
ZUKUNFTSTECHNOLOGIE. Wasserstoff, der Champagner der Energiewende, gilt als umstritten. In Korea will man sich davon nicht beirren lassen. Im Gegenteil.
Von Didi Hubmann
Die Welt ist nicht genug, könnte man sich in Anlehnung an einen "James Bond"-Titel denken. Hyundai gehört zu den größten Autoproduzenten (Nummer drei hinter Toyota, Volkswagen) der Welt, das ist aber nicht die Geschichte. Wie ein Krake sind die Koreaner in alle möglichen Wirtschaftsbereiche vorgedrungen, sie verbinden und verlinken die unterschiedlichsten Wirtschaftszweige. Eine derart umfassende vertikale Wertschöpfungskette ist in Zeiten wie diesen natürlich eine Bank: Man ist in der Stahlproduktion tätig, baut Frachtschiffe und deren Motoren. Und bringt in diesen Schiffen Autos und Roboter in die ganze Welt, gelenkt von der hauseigenen Logistikfirma.
Die Autos wiederum werden mit Teilen der eigenen Zuliefererfirma bestückt. Man fertigt Wasserstoffbusse (auch für Wien und Graz) und forscht an brennstoffzellenbetriebenen Lufttaxis. Der elektrische Ioniq 5 ist heute autonom in Feldversuchen etwa in den USA unterwegs. Hyundai vertreibt in Österreich Serviceroboter genauso wie Wasserstoff- oder Elektroautos und Verbrenner. Für Österreich-Chef Roland Punzengruber ist das alles kein Widerspruch: "Bei uns gilt Wasserstoff als eine der bereits vorhandenen Antriebsarten und ist auch für die Zukunft zu sehen." Freilich schränkt er ein: "Je nach Einsatzbedarf." Hyundai setzt auf Wasserstoff- Lastkraftwägen genauso wie auf Wasserstoff- Busse, die ab 2025 großflächig starten sollen, Tests in Wien und Graz laufen ja schon.
WASSERSTOFF-LKW SIND IN DEUTSCHLAND UND DER SCHWEIZ UNTERWEGS. TESTS FÜR H2-BUSSE LAUFEN IN WIEN UND GRAZ.
Roland Punzengruber,
Hyundai-Chef Österreich
Mit dem Pkw Nexo steht ein Wasserstoff-Technologieträger, eine Brennstoffzelle produziert Strom für den E-Motor. Über 600 Kilometer Reichweite, das ist "bei diesem nicht vorhandenen Tankstellennetz auch bitter notwendig", so Punzengruber. Ganze fünf Wasserstofftankstellen gibt es derzeit in Österreich. Insgesamt besitzt der Nexo drei Wasserstofftanks, die Brennstoffzelle, die den Strom aus dem Wasserstoff gewinnt, arbeitet völlig unauffällig, das ganze System ist absolut alltagstauglich. Klar, bis auf die Tankstellen.
Punzengruber: "Das Thema Wasserstoff ist bei Hyundai mit einem klaren Plan hinterlegt. Die Anwendungen im Heavy-Duty- Bereich sind gesetzt, man sieht heute schon klar die Einsatzbereiche." Und: "Grüner Wasserstoff ist zweifelsohne ein seltenes Gut, ich gehe aber davon aus, dass Wasserstoff in unserer Gesellschaft selbstverständlich wird. Man wird es dort produzieren, wo es genügend erneuerbare Energien dafür gibt. Von dort kann man es wie Rohöl zu uns importieren", führt Punzengruber aus. "In China kommen jetzt Wasserstoffzüge. Das ist kein kurzlebiger Trend, das ist die Zukunft, weil die Technologie effizient ist."
IN CHINA KOMMEN JETZT SOGAR WASSERSTOFFZÜGE. DAS IST KEIN KURZLEBIGER TREND.
Roland Punzengruber,
Hyundai-Chef Österreich
Die Technologieoffenheit ist ein wunder Punkt in den ganzen Diskussionen, die einen feiern sie, die anderen verteufeln sie, eingefahrene Denkmuster ersetzen eine offene Diskussionskultur. Dabei ist es einleuchtend, dass der Wasserstoff Potenzial hat und längst in unserer Wirtschaft angekommen ist. Ventrex zum Beispiel baut Ventile, mechanische und und elektronische Druckregler, ein Schwerpunkt liegt auf dem Gebiet der Wasserstoffantriebe. Hier gehört in unterschiedlichen Bereichen Mercedes genauso wie BMW oder Hyundai zu den Kunden von "Made in Austria" by Ventrex in Graz. Matthias Rebernik entwickelt und baut revolutionäre Wasserstofftanks, in denen die Speicherung des Wasserstoffs verlustfrei bleibt. Freilich hört er die Zweifler, die dem Elektro- Lkw bessere Chancen einräumen. Rebernik irritiert das nicht: "Wir brauchen Technologieoffenheit. Wir müssen Lebenszyklusemissionen erfassen, dann können wir uns ein Bild machen. Wir brauchen keine Denkverbote, sondern Wettbewerb." Klar ist: Sinnstiftend in Sachen Umwelt ist ausschließlich der sogenannte grüne Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien hergestellt wird. Das Verfahren benötigt einen hohen Energieeinsatz, das macht die Sache teuer, in Folge kann man den Wasserstoff zu synthetischen Kraftstoffen – auch Benzin, Diesel, Kerosin – verarbeiten.
Grüner Wasserstoff als Energieträger oder Energielieferant ist einer der wichtigsten Hoffnungsträger der Schwerindustrie, genauso wie in der Luft- und Schifffahrt. Bei AVL geht man von Wasserstoff als Energiespeichermedium aus und dass das große Wachstum für Brennstoffzellenfahrzeuge um 2030 startet. Bis dahin sollte es auch mehr Tankstellen geben.






Kult kann man kaufen
ENTDECKER. Vom Arbeitsgerät zur Ikone. Der klassische Land Rover war der Grundstein einer ganzen Marke,
die die Welt heute mit drei Modellen erobert.
Von Christoph Jordan
Bittet man ein Kind, einen Geländewagen zu zeichnen, so wird mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Land Rover herauskommen. Beim Defender sehen wir ein Auto, wie aus der Werkzeugkiste erschaffen, den vermutlich legendärsten Wegbegleiter abseits befestigter Straßen. Dabei war eigentlich etwas völlig anderes geplant: Rover-Chef und Teilzeitfarmer Maurice Wilks denkt 1947 im Nachkriegsengland über ein einfaches und robustes Fahrzeug für die Landwirtschaft nach. Land-Rover-Fans hören es zwar nicht gerne, aber der erste Prototyp entstand tatsächlich auf einem Jeep-Chassis.
Am 30. April 1948 feiert der schlicht "Land-Rover" getaufte Wagen seine Premiere auf der Automobilausstellung in Amsterdam. Die Basis des Autos bildet ein einfacher Leiterrahmen aus Stahl, weil dieser Werkstoff nach dem Krieg jedoch schwer verfügbar ist, bekommt der Landy eine Karosserie aus Aluminium – von der man behauptet, dass sie besonders gut gegen Rost resistent sei. Unter der Haube sitzt ein braver 1,6-Liter-Vierzylinder mit 37 kW/50 PS. Der eigentliche Clou sind die vielfältigen Nebenabtriebe, schließlich wollen Holzspalter, Wasserpumpen oder Generatoren auch angetrieben werden. Beste Voraussetzungen für den landwirtschaftlichen Einsatz also.
SO MACHT MAN GESCHICHTE: SOGAR QUEEN ELIZABETH II. UND WINSTON CHURCHILL FAHREN EINEN LAND ROVER.
Aber nicht nur Farmer erkennen die Talente des Land Rovers (damals noch mit Bindestrich): Er findet bei der Zivilbevölkerung Fans bis in die höchsten Kreise, sogar Queen Elizabeth II. und Premierminister Sir Winston Churchill fahren einen. Und natürlich ist auch das Militär an dem Multitalent interessiert: 1949 bestellt die britische Armee 2000 Stück. Es soll bis 1953 dauern, bis der Landy in anderen Farben als der vom Militär geforderten olivgrünen Farbe zu haben ist. Von da an ging es steil bergauf: Es gab kaum Länder, in denen der Landy nicht anzutreffen war – besonders wenn es sich um britische Kolonien handelte. Auch Forscher und Abenteurer schätzten seine Fähigkeiten, erst recht, als das Modellangebot über die Jahre mit den unterschiedlichsten Aufbauten und Radständen erweitert wurde.
Ob als Ackerschlepper mit Raupenketten oder als sechsrädriges Feuerwehrfahrzeug, ob für’s Rote Kreuz oder gar für den Papst – es gab für jeden Einsatzzweck einen Land Rover. Für das Leben mit einem solchen sollte man eine gewisse Leidensfähigkeit mitbringen.
ABER DAS IST VERGANGENHEIT, MANCHE NENNEN ES LIEBHABEREI. NICHTS KONNTE DIE STRAHLKRAFT BRECHEN.
Nehmen wir einen alten Defender als Beispiel. Den Namen bekam der Wagen erst 1990, um ihn vom einen Jahr zuvor eingeführten Discovery differenzieren zu können. Der hatte im Vergleich zur Urversion schon eine deutlich größere Karosserie und ob durch die Schrauben- statt Blattfedern eine Art vom Komfort im Fahrwerk. Bei der Sitzposition konnte man meinen, immer noch im Ahnen zu sitzen. Das Lenkrad war verdächtig nahe an der Türe, es hatte einen Grund, warum ein Großteil der servogelenkten Modelle am Gebrauchtmarkt mit Sportlenkrädern ausgerüstet sind.
Überhaupt die Lenkung des Alten: präzise wie ein Horoskop und der Einschlag gleicht dem eines Öltankers mit defektem Bugstrahlruder. Immerhin geht das Rückwärtseinparken leicht von der Hand, denn die Übersicht aus dem ersten Stock ist genial: Man schaut würdevoll auf Touaregs hinab. Nach vorne geht es eigentlich immer, nur halt nicht besonders schnell. Egal, wie man motorisiert ist: Die Geschwindigkeit, bei der Mensch und Maschine sich auf der Straße wohlfühlen, ist etwa ein Hunderter – da ist der Lärm im Innenraum auch noch nicht unerträglich. Auf langen Strecken wird er das sowieso, da vermischen sich Motor-, Wind und sonstige abenteuerliche Geräusche. Das Fahrverhalten ist problemlos, weil man eben nicht besonders schnell ist.
Originell finden wir in dem Zusammenhang auch das Renommee des alten Land Rover in Sachen Zähigkeit und Zuverlässigkeit. Sagen wir es diplomatisch: Es gibt ständig irgendwelche Kleinigkeiten zu reparieren, aber liegen bleibt man so gut wie nie. Legendär auch seine Ölundichtigkeiten: "Ein Land Rover verliert kein Öl, er markiert sein Revier."
Aber das ist die Vergangenheit, manche nennen es auch Liebhaberei. Alle Unpässlichkeiten konnten die Strahlkraft der Marke nicht brechen, im Gegenteil. Aber sie waren wohl Grund für die Sollbruchstelle beim Defender, der völlig neu aufgelegt wurde. Neues Design, neue Technik, neues Glück.






Abrakadabra, ein Auto wie Hawara
FREUNDSCHAFTSDIENST. Oft ist es die Unauffälligkeit, die einen zu Großem qualifiziert. Es ist an der Zeit, den tschechischen Goldstandard genauer zu betrachten und zu entzaubern. Es war harte Arbeit, so weit zu kommen.
Von Christoph Jordan
Um den Verkaufsschlager Octavia zu verstehen, muss man aus zweierlei Hinsicht im Geschichtsbuch blättern. Erstens hat der Octavia, den wir heute kennen, seinen Namen von einem Modell, das bereits 1959 auf den Markt kam. Die lateinische Bezeichnung "Octavia" bedeutet "die Achte", denn es handelte sich um das achte Modell von Škoda nach dem zweiten Weltkrieg – damals schon recht modern mit Einzelradaufhängung. Auch von ihm gab es bereits eine Kombiversion. Sein Nachfolger wiederum war der Škoda 1000 MB, der Erste aus der Reihe der Heckmotor- Škodas, die vereinzelt durch den Eisernen Vorhang tröpfelten. Wo wir beim zweiten Punkt wären: Škoda war und ist eine stolze Marke, die von hohem Innovationsgeist geprägt ist, nur war seinerzeit mit den bescheidenen Mitteln im Osten recht wenig davon zu spüren.
Bis zum Typ 746, der bis 1990 (!) gebaut wurde, hielt man am Heckmotorkonzept fest. Man kann also behaupten, dass wir verwöhnten Westler damals durchaus leichte Vorurteile gegen die Tschechen pflegten. Ein Škoda war nichts Gescheites, bestenfalls was für Sparefrohs oder Ostfreunde, so der Volksmund damals, heute kaum vorstellbar.
Erst 1992, also rund ein Jahr nach der Übernahme durch den Volkswagenkonzern, begann die Entwicklung der neuen Modellreihe Octavia, die in einer Art Erweckungserlebnis endete. Niemand hatte damit gerechnet, dass die Tschechen und die Deutschen so g’schmeidig eine neue Generation entwickeln. Chefdesigner Dirk van Braeckel kreierte eine ebenso zeitlose wie unverwechselbare Octavia-Karosserieform.
EIN ŠKODA WAR NICHTS G‘SCHEITES, BESTENFALLS EIN SPAREFROH. HEUTE SIND SOLCHE SPRÜCHE KAUM VORSTELLBAR.
Ein ganz besonderes Feature des neuen Kompakten war das praktische Liftback: Die große Heckklappe des Fließheckmodells ermöglichte einen ausgezeichneten Zugang in den 528 Liter großen Kofferraum, der sich durch Umlegen der Rückbank sogar auf bis zu 1328 Liter vergrößern ließ. Das Fließheck war natürlich auch ein logischer Schachzug, wollte man doch dem ewigen Golf nicht in die Quere kommen – und Škoda hatte die Story von der neuen Größenordnung zu erzählen begonnen, die mehr Platz als die Konzerngeschwister hatte. Dazu kam ein für damalige Verhältnisse fantastischer Turbodiesel-Direkteinspritzer (90 PS) mit einem Normverbrauch von 5,1 Litern Diesel auf 100 Kilometern. Richtig auf der Welt war der Octavia dann ab Mai 1998, als der Combi auf den Markt kam. Nun ging es steil bergauf.
Das ist die Vorgeschichte zu einem der größten Comebacks in der Autoindustrie. Aber es war alles keine g‘mahte Wiesn. Škoda hatte vor 30 Jahren in Österreich einen negativen Imagewert von minus 0,8. Die Marke war bekannt, aber verschrien, für viele fast so etwas wie eine Lachnummer. Die Mitarbeitersuche gestaltete sich entsprechend schwierig, keiner wollte aus der Komfort- in Škodas Risikozone. Bei Firmenfesten konnte der legendäre österreichische Škoda-Chef Max Egger bis auf seine engsten Mitarbeiter eher auf Selbstgespräche bauen. Persönliche Beziehungen aufbauen, das starre, noch kommunistische Vertriebssystem mit Menschlichkeit aufweichen, das war nicht nur Strategie, sondern auch Eggers Überzeugung. Und erleichterte so manche Autolieferung nach Österreich.
ŠKODA HATTE VOR 30 JAHREN IN ÖSTERREICH NOCH EINEN NEGATIVEN IMAGEWERT. DANN STIESS MAN DEN GOLF VOM THRON.
"Mut kann man nicht kaufen, das war schon immer unser Familienspruch", lacht Egger, wenn er in den Rückspiegel der Geschichte schaut.
Der Octavia wurde zum Schlüsselmodel l , zum Botschafter. Zwischendurch stieß der Erfolg der Marke selbst der Konzernmutter Volkswagen sauer auf, immerhin hatte der Octavia in Ländern wie Österreich den Golf von Platz eins der Verkaufsstatistik verdrängt. Das war gut und einleuchtend erklärbar, aber die Symbolik war verheerend. Den landläufigen Spruch, dass eigentlich Škoda längst der wahre Volkswagen sei, hat man dort gründlich satt, aber gefallen lassen muss man ihn sich. Zum Golftarif gab‘s immer ein wenig mehr: mehr Leistung, mehr Platz, mehr Ausstattung.
Auch seine Vielfalt macht ihn zu einem Auto wie ein Freund: Der Fuhrparkleiter genehmigt einen A4? Danke, dann lieber einen Octavia RS, volle Hütte.





Die erträgliche Leichtigkeit des Seins
LEICHTGEWICHT. Schluss mit Diäten, sie bringen eh nichts. Wenn das Auto übernehmen kann, umso besser. Mit einem Konzept, das nicht aus, sondern in die Zeit gefallen ist – und viel über unser heutiges Verständnis vom Leben aussagt.
Von Didi Hubmann
Unsereins als Jungspund, gute 35 Jahre her. Die Dire Straits spielten noch in einem Kassettendeck Money for Nothing, die Alpine V6 turbo, gesteuert von meinem Chef, kommt nicht erst bei Mark Knopflers Gitarrensoli in Fahrt. Ein paar Tage vorher sei Gerhard Berger im Auto gesessen, der hätte ob seines Speedbedürfnisses am liebsten den Drehzahlbegrenzer ausgebaut. 185 PS, Heckantrieb, Fünfganggetriebe, uiuiuiu. "Reinrassiger Sportwagen mit kräftigem Turbo-Motor – stellt hohe Ansprüche an das Fahrkönnen des Fahrers", lese ich bei einem Test nach. Ja, die Alpine konnte ein Hund sein. Ein paar Jahre später, auf den Spuren der Monte Carlo Rallye, rauf auf den Col de Turini, hätte mein Pilot seine liebevoll gepflegte A110, Baujahr 1970, in einer Kurve fast weggeworfen. Mir wird heute noch übel, wenn ich daran denke. Der Trottel wollte mir zeigen, was er alles kann, dabei bin ich als Beifahrer nach einigen Beifahrer-Vorfällen nicht mehr zu gebrauchen. Aber das ist eine andere Geschichte. Worauf ich hinaus will: Ich bin bei meiner ersten Ausfahrt mit der neuen, aktuellen Alpine mit Respekt eingestiegen. Wie wird sie reagieren, wie kann man sie dirigieren? Das Konzept ist ja einfach wie einleuchtend. Dramatisch weniger Gewicht, deshalb brauche ich weniger Leistung, damit ich gleich viel Spaß haben kann. Dieser Ansatz fällt nicht aus, sondern genau in die richtige Zeit. Genießen trotz Verzichts, das passte in die 70er-Jahre und in die Ölkrise genauso wie ins Heute. Die Alpine aus der Renault-Markenwelt trifft wieder den Nerv der Zeit an der Wende, an der wir stehen. Immer mehr funktioniert nicht mehr.
Karl und Rudolf Obauer gehören zu den beständigsten und besten Köchen und Gastgebern des Landes. Höchste Bewertungen seit Jahrzehnten, aber die beiden sind so bodenständig, dass es eine Freude ist. Karl fährt seit Jahrzehnten eine Alpine Turbo V6, der Oldie steht in der Garage. Für den Alltag und wenn er grad nicht auf dem Radl sitzt, hat er sich eine neue A 110 gegönnt. Karl, der Nachhaltigkeit in Einkauf, Kochen und Genießen schon gelebt hat, als es noch gar nicht im Gesellschaftsvokabular vergemeinschaftet war, sagt zur Alpine 110: "Was braucht man mehr?" Recht hat er. Plattform und Karosserie zum Beispiel sind aus Aluminium, die Gewichtsersparnis geht bis ins Boxenmaterial der Soundanlage.
In der neuen A110 R wurde das Gewicht um 34 kg auf 1082 kg gesenkt, die Aerodynamik verbessert, der 1,8-Liter-Motor leistet 300 PS. Jetzt würde ich gerne wieder die Dire Straits hören, übrigens.





Der kleine Große aus dem Haifischbecken
ALLESKÖNNER. Toyota, der größte Autohersteller der Welt, geht voll ins Risiko. Wie es ausschaut, hat es sich ausgezahlt. Oder würden Sie zehn Millionen Menschen widersprechen?
Von Didi Hubmann
Es war einfach ein bisserl fad geworden in der Designabteilung. Toyota schien Opfer seines eigenen Erfolgs geworden zu sein. Was man vor wenigen Jahren noch als auffällig unauffällig bezeichnete, zog nicht mehr, dafür hatten die Japaner früh ein gutes Sensorium entwickelt. Man ließ sich vom Titel "Größter Autohersteller der Welt" nicht blenden, selbst wenn man als Seriensieger gesetzt schien. Es musste etwas passieren. Damit‘s ein bissl ein Nervenkitzel wird, nahm sich Toyota den Yaris vor. Der Kleine (aktuell mit 3,94 Metern unter der magischen 4-Meter-Grenze) galt schon immer als taugliches Einsatzgebiet neuer Technologien. Aber irgendwie hatte man im Laufe der Jahre die Linie verloren, das G‘schau des Kleinen ging ins Leere, Charakterköpfe schauen auch damals schon anders aus.
Die betont vorsichtigen Japaner gingen aber voll ins Risiko, und das war wohl die größte Überwindung. Der Yaris ist ein Bestseller, ein paar falsche Entscheidungen und der Schaden ist nicht mehr gutzumachen. Das B-Segment, in dem sich der Yaris bewegt, ist ein Haifischbecken. Nur damit man versteht, was auf dem Spiel stand. Ganz abgesehen von den Folgewirkungen, die ein Flop für die ganze Marke ausgelöst hätte.
DAS AUTO STEHT
FÜR EIN NEUES
SELBSTBEWUSSTSEIN,
DAS NICHT IM
NIEMANDSLAND DER
GESICHTSLOSIGKEIT
VERLOREN GEHT.
Der erste Auftritt, die große Überraschung: Toyota hatte sich etwas Ungewöhnliches getraut, scharfe Schnitte, markante Linien, eine herausfordernde Mimik – der Yaris stand und steht für den Aufbruch, für eine neues Selbstbewusstsein, das nicht im Niemandsland der Gesichtslosigkeit verloren geht. Und der Yaris steht für eine Bandbreite, die sonst keiner hat, vom Sparefroh bis zum Hightech-Renner. Der Hybrid deckt die eine Flanke ab und erledigt mit Real-Verbräuchen rund um vier Liter (nur auf der Autobahn sieht man einen Fünfer vor dem Komma) auch alle Diskussionen zwischen E-Auto-Liebhabern und Hybrid-Verteidigern. Dreizylinder, Hybridantrieb, kleine Batterie, eine geringe rein elektrische Reichweite (wenige Kilometer), aber der Clou liegt ganz woanders, nämlich im inzwischen perfekt aufgezogenen, nicht spürbaren Wechselspiel zwischen den einzelnen Aggregatzuständen (elektrisch, laden, entladen, Verbrenner). Toyota verspricht, dass man bis zu 80 Prozent im Stadtverkehr elektrisch unterwegs sein kann, man rollt und schwimmt normal mit dem Verkehr mit.
Gerald Killmann, Entwicklungschef von Toyota Europe, hat in dem Zusammenhang sogar eine gefinkelte Rechnung aufgestellt: "Sie haben eine 60-kWh-Batterie in einem E-Auto und legen 5000 Kilometer pro Jahr in der Stadt zurück. Sie könnten aber diese 60-kWh-Kapazität auch auf 80 Hybridautos aufteilen, die ebenso alle 5000 Kilometer in der Stadt fahren. Von diesen je 5000 Kilometern werden die Hybride mindestens rund je 2500 Kilometer elektrisch, also emissionsfrei, zurücklegen. Das heißt, bei gleichem Aufwand erreichen Sie eine wesentlich höhere Kilometerzahl, die emissionsfrei zurückgelegt wird. Das entspricht unserer Philosophie: Immer zu hinterfragen, welches ist der richtige Weg, um möglichst umweltfreundlich voranzukommen – auf eine Art und Weise, die sich der Kunde leisten kann. Wir sehen die Mobilitätszukunft auf mehreren Ebenen, mit Hybriden, mit Wasserstoff und mit Plug-in- Hybriden." Damit wäre auch diese Grundsatzdiskussion eingeordnet.
BEI GLEICHEM
AUFWAND ERREICHEN
SIE MIT DEM HYBRID
EINE HÖHERE
KILOMETERZAHL,
DIE EMISSIONSFREI
ZURÜCKGELEGT WIRD.
Gerald Killmann,
Toyota Europe
Beim Sportgerät Yaris GR wird‘s emotional, und dass die Vernunft-zentrierten Japaner sich hier drübergetraut haben, lässt einen staunend zurück. Der Yaris GR ist eine Überraschungsbox, Toyota hat den Kleinen technisch so veredelt (Allrad, Fahrwerk), dass selbst Rallyefahrer ganz narrisch drauf sind. Der Yaris GR ist etwas gewachsen, aber niedriger, die Aerodynamik wurde optimiert, dank Leichtbau bringt er nicht einmal 1300 kg auf die Waage. Er grummelt, er pfeift, ein Gänsehautmoment, wenn über 6000 U/min hochdrehen, die 261 PS verteilen sich übers Auto, der mechanische Grip ist ein Hammer, die Torsen- Sperrdifferenziale servieren Drehmoment nach Bedarf und Rad. Der Preis beschleunigt genauso schnell, man bleibt aber locker unter der 50.000-Euro-Grenze.
Inzwischen ist der Yaris der meistverkaufte Toyota in Europa. Das zehnmillionste Modell lief vom Band. Nur so ganz nebenbei, falls jemand noch übers ganze Konzept diskutieren will.






Der König der Ikonen
LEGENDE. Er gilt als Sportwagen des Jahrhunderts und ist der ultimative Mercedes. Ohne seine Strahlkraft wäre Mercedes nicht das, was es heute ist. Und schuld daran war ein Österreicher.
Von Christoph Jordan
Maximilian Hoffmann, gebürtiger Wiener, war ein umtriebiger Typ in der Autoszene der 50er-J a h re . Nach seiner Flucht vor den Nazis wird er in Amerika Importeur für zahlreiche klingende europäische Marken, unter anderem Alfa Romeo, Jaguar, Healey. Aber auch Mercedes hatte er im Programm.
Die Marke Mercedes feierte in den 50ern große Erfolge mit dem von Rudolf Uhlenhaut konstruierten W 194, genannt 300 SL. Mille Miglia, Le Mans, Nürburgring. Manche erinnern sich an den Carrera Panamericana- Wagen mit der Startnummer 4 – das war der mit den Gitterstäben vor der Windschutzscheibe, als Schutz vor Kondoren. Für die motorsportverrückten Amerikaner natürlich Beweis, dass die Deutschen hervorragende Autos bauen können – allein: Mercedes hatte keinen Sportwagen im Programm. Also drangsalierte der Importeur Max Hoffman (mittlerweile mit angliziertem Namen) den Vorstand von Daimler-Benz, endlich eine Straßenversion des siegreichen Rennautos herauszubringen. Keine sechs Monate nach dem Vorstandsbeschluss: Im Februar 1954 stand der erste Prototyp auf der International Motor Show in New York (übrigens zusammen mit dem 190 SL). Das Fahrwerk mit seiner heimtückischen Eingelenk- Pendelachse steuerte der W 194 bei, als Motor stand der M 198 Reihensechszylinder mit 3 Liter Hubraum und 215 PS zur Verfügung (240 PS mit Sportnockenwelle). Als technisches Highlight muss man die Benzindirekteinspritzung mit mechanischer Bosch-Sechsstempelpumpe erwähnen – es sollten noch einige Jahre, ja Jahrzehnte vergehen, bis diese Technologie mehrheitstauglich geworden ist. Bis zu 260 km/h konnten erreicht werden, die eher lange Übersetzung streckte die Beschleunigung 0 bis 100 auf rund 10 Sekunden.
FÜR DIE MOTORSPORTVERRÜCKTEN AMERIKANER DER BEWEIS, DASS DIE DEUTSCHEN HERVORRAGENDE AUTOS BAUEN KÖNNEN.
Die legendären Flügeltüren waren übrigens kein Gag, sondern technische Notwendigkeit: Der praktisch vom Rennwagen übernommene Rohrrahmen ließ keine regulären Türausschnitte zu. Gleichzeitig war er Namensspender: SL stand jetzt für "Super Leicht". Der Rohrrahmen, dessen Rohre nur auf Zug oder Druck belastet waren, wog nur 82 Kilogramm. Ab 1957 wurde das Coupé durch den Roadster mit veränderter Rahmengeometrie ersetzt, 1961 wurden Scheibenbremsen eingeführt. Auch dem 300 SL gelangen achtbare Motorsporterfolge: 1955 gewannen Moss/Jenkinson auf dem 300 SLR Rennsportwagen die Mille Miglia mit dem unfassbaren Schnitt von 157 km/h.
Weltkulturerbe nennen das Auto nicht nur die Fans. Damals hieß es, der Flügeltürer sei ein Fahrzeug, das den Namen Mercedes- Benz wieder vergoldet. Ob diese Worte bis heute nachhallten, als der heutige Mercedes Boss Ola Källenius seine Luxusstrategie erörterte, mit der er die Marke in ein neues Zeitalter führen möchte? So eine Idee wäre ohne den Glanz dieser glorreichen Vergangenheit gar nicht möglich. Das Auto machte Mercedes so begehrlich, so einzigartig. Starke Marken werden aus diesen Träumen geboren.
DER SL IST FÜR GARAGENGOLD- SPEKULANTEN EINE DER BESTEN ANLAGEN. REGULÄRE MODELLE? NICHT UNTER EINER MILLION.
Der Wagen war schon zu seiner Zeit richtig teuer; gern vertieft man sich in Listen der Stars, die ihn besaßen. Sie beinhalten Namen wie Juan Manuel Fangio, Romy Schneider, Clark Gable, Herbert von Karajan, Juan Perón, Porfirio Rubirosa oder Zsa Zsa Gabor. Exklusivität lag schon in der Serienzahl: Nur 1400 Exemplare wurden gebaut, davon 29 mit einer Aluminiumkarosserie, vom Roadster waren es 1858.
Und er war es auch, der die Strahlkraft des Sternes zur Geltung gebracht hat. Für Fans legendärer Sportwagen ist er das glamouröseste Supercar der 1950er-Jahre, da konnten nicht einmal die smarten Briten und chicen Italiener mithalten. Mit "The world’s finest combination of quality and high performance!" bewarb Max Hoffman damals den Roadster.
1999 kürte eine internationale Fachjury den 300 SL zum Sportwagen des Jahrhunderts. Und die Strahlkraft hält bis heute an: Der SL gehört zu einem der gesuchtesten Oldtimern und ist für Garagengold-Spekulanten eine der besten Anlagen. Reguläre Modelle bekommt man nicht unter einer Million Euro, man bewegt sich eher in Richtung der Zweimillionenmarke. Erst letztes Jahr wechselte ein rares Alukarosserie-Modell bei einer Versteigerung in Arizona um sechs Millionen Euro den Besitzer. Der Mercedes-Benz 300 SLR – das legendäre Uhlenhaut-Coupé – wurde um 135 Millionen Euro versteigert.






Es muss uns nicht jeder lieben
HERAUSFORDERER. No risk, no fun. Eine Automarke wird aus der Not heraus geboren, aber Lebensgefühl trifft Auto und alles wird gut: Die unglaubliche Geschichte von Cupra und dem erstgeborenen Formentor und wie es weitergeht.
Von Didi Hubmann
Das einstige Sorgenkind von Volkswagen ist ganz schön erwachsen geworden. Und schaut wieder gesund aus. Jahrelang verdiente die spanische Volkswagen-Tochter weder Geld noch verfügte sie über Modelle, die sonderlich Lust auf die Marke machten. Zur Verschärfung der Situation trug dann auch noch die Finanzkrise 2009 bei, als sich der spanische Markt nahezu halbierte und Seat als Wackelkandidat galt. Doch Ferdinand Piëch hielt die schützende Hand über die notleidende Tochter. "Ein Kind in der Familie verstößt man nicht, wenn es einmal krank ist", pflegte der frühere VW-Patriarch zu sagen. Und bewies mit dem Festhalten an der Einstiegsmarke des Konzerns, wie schon oft zuvor, Weitblick – auch wenn Manager weiter versuchten, Seat zu verscherbeln, weil der Spaß einfach zu viel kostete.
Die Manager, die mit Seat abrechnen wollten, sind Geschichte. Heute steht Spaniens einziger Automobilhersteller blendend da, erwirtschaftet Gewinne und wächst schneller als jede andere Volumensmarke am Markt, die Kundengruppen sind die jüngsten im Konzern. Alle Assets wie die schwarzen Zahlen, die schlaue Modellpolitik und die Kunst, alles auf eine Karte zu setzen – irgendwie haben diese Handlungsstränge zueinander gefunden. Der inzwischen bei Renault sitzende Luca de Meo, sein Nachfolger Wayne Griffiths, beides starke Typen und Charakterköpfe, die den Mut hatten zu sagen: Seat ist gut und schön, aber wir brauchen eine Exit-Strategie. Und die hieß Cupra und das Gründen einer eigenen Marke.
ES GIBT EINEN MARKT UND DEN KANN MAN NICHT EIN- UND AUSSCHALTEN. ELEKTROAUTOS UND VERBRENNER: WIR BRAUCHEN DERZEIT BEIDES.
Wayne Griffiths,
Seat- und Cupra-Chef
Der Name waberte schon früher durch spanische Rennsportszenen, man übernahm den Begriff volley. Vor wenigen Jahren wäre man für das Gründen einer neuen, eigenen Automarke noch für verrückt erklärt worden, weil in den letzten Jahren jeder Konkurrent damit gescheitert war. Infiniti, Spin-off von Nissan, verschwand sogar vom Markt, der Rest steckt ungewollt in der Nische fest. Unter der Führung und der schützenden Hand von Wayne Griffiths (und zuvor Luca de Meo) hat es Cupra geschafft, so schnell wie keine andere neue Marke Grip am Markt zu bekommen. Die Kunden sind zehn, 15 Jahre jünger als bei der Konkurrenz und an Cupra lässt sich ganz gut der Wandel der Branche ablesen: Vor drei Jahren noch als Verbrenner-Marke mit Muskel-Attitüden und feurigen Fahrwerten gestartet, soll Cupra bis 2030 vorbildhaft ganz elektrisch sein. Seat wiederum darf langsam den Verbrenner-Exodus bis 2035 begleiten. Aber der Wandel geht viel tiefer.
"Es geht uns nicht darum, dass uns jeder mag. Es geht uns darum, dass uns einige Menschen wirklich lieben. Wenn wir erreichen wollten, dass uns alle mögen, dann würden wir ein Auto für alle machen, ein Mainstream-Auto. Das wollten wir nicht. Wir wollen keine Kompromisse", erklärt etwa Chefdesigner Jorge Diez, ein Lackl von einem Mannsbild, aber wenn er das erzählt, klingt das so selbstverständlich wie ein Mittagsmenü. Solche Worte erstaunen trotzdem in einem Konzernreich wie Volkswagen, wo normalerweise die Vorgaben aus Wolfsburg in der Einbahn daher kommen – und meinungsbildender Gegenverkehr von Konzernmarken nicht eingeplant ist. Cupra, 2018 gegründet, ist innerhalb weniger Jahre aber viel zu erfolgreich geworden, um ruhig zu bleiben. Jorge Diez und sein Team haben der Marke ein unverwechselbares Profil verliehen, siehe Erfolgsmodell Formentor. Seat hat heute neben Cupra keinen leichten Stand, Cupra schöpft mit seiner Strategie auch die höheren Margen am Markt ab.
ES GEHT UNS NICHT DARUM, DASS UNS JEDER MAG, SONDERN DARUM, DASS UNS EINIGE WIRKLICH LIEBEN.
Jorge Diez,
Cupra-Chefdesigner
Der Erstgeborene Formentor ist Diesel, ist Benziner, ist Plug-in-Hybrid und er ist knochentrockener Fünfzylinder-Turbo, der gerne mit Porsche Macans spielt wie ein Australian Shepard mit einem Boxer. Das Ding fährt sich einfach gut, der VZ5 ist Favorit, so viel steht fest. 390 PS, 0 auf 100 km/h in 4,2 Sekunden: Da kommt einfach unschuldige Freude auf. Freude am Autofahren. Auch das gibt es noch.
Der Kärnten-Liebhaber Griffiths, der hier sogar seinen eigenen Gin mit Freunden braut ("Gin Wayne") und immer wieder als neuer Audi-Chef gehandelt wird, versucht sich derweil einen klaren Blick auf die E-Mobilität zu bewahren: "Energie und Energiekosten spielen eine wichtige Rolle. Ist erneuerbare Energie in dem Ausmaß vorhanden? Ist die Umstellung auf erneuerbare Energien so weit, dass wir alle anderen Kraftwerksformen abschalten können und trotzdem genug Energie auch für die Mobilitätswende haben?", fragt er kritisch.






American Way of Drive
KULT. Er gehört zu den berühmtesten Sportwägen der Welt – und er ist mehr als ein Auto: Der Mustang verkörpert ein Lebensgefühl. Und was für eines.
Von Christoph Jordan
Wenn du an den Mustang denkst, hast du sofort dieses kitschige Bild vor Augen: Eine unendliche Gerade, die in den Horizont führt, wo gerade ein glühender Feuerball versinkt. Vor dir eine lange Motorhaube, im Ohr das Blubbern des V8-Motors – aber kein Ziel im Kopf. Es zählt nur das genüssliche Unterwegssein. Managerlegende Lee Iacocca hatte in den frühen 60ern für so ein Lebensgefühl einen guten Instinkt. Die heranwachsende Autofahrergeneration wollte etwas Sportlicheres als Biedermeier, im Lastenheft stand: Sportwagen, vier Sitze, kürzer als fünf Meter, nicht schwerer als 2500 Pfund (also rund 1100 Kilo), nicht teurer als 2500 Dollar (das wären heute inflationsbereinigt etwa 20.000 Euro).
Am 17. April 1964 präsentiert Henry Ford II auf der Weltausstellung in New York den Mustang der Öffentlichkeit, ein zweitüriges Hardtop-Coupé und ein Cabrio stehen auf dem Messestand. Es müssen sich ziemlich dramatische Szenen abgespielt haben, denn gleich am Tag seiner Premiere gehen 22.000 Bestellungen ein. Im ersten Jahr werden 419.000 Exemplare verkauft. Zum Start ist der Mustang mit zwei Motoren erhältlich. Ein 2,8-Liter- Reihensechszylinder mit übersichtlichen 105 PS oder das echte Ding, den 4,3-Liter-V8 mit 166 PS. Recht rasch beginnt man an der Leistungsschraube zu drehen. 1965 erscheint die dritte Karosserieversion, der Fastback. Spätestens mit ihm wird der Mustang zum Kult. Er wurde besungen (etwa Wilson Pickett mit "Mustang Sally") und zum Filmstar: Steve McQueen scheucht als Lieutenant Frank Bullit mit seinem dunkelgrünen Fastback Verbrecher durch San Francisco. Jüngere bekommen beim Namen "Eleanor" erhöhten Pulsschlag, so hieß der Hauptdarsteller von "Gone in 60 Seconds". Im Original war es ein 1973er Mach 1, im Remake mit Nicolas Cage und Angelina Jolie übernahm die Rolle ein Shelby- GT500. Über die Jahre wurde der ursprünglich zierliche Mustang immer größer und fetter, was mit dem Muscle-Car-Wettrüsten in den späten 60ern und frühen 70ern zu tun hatte. Der Gipfel des Hubraums waren sieben Liter.
Nach der kultbildenden ersten Generation verlief die Geschichte des Mustangs etwas durchwachsen, aber stetig. Die zweite Generation, die zur Ölkrise auf den Markt gebracht wurde, hatte zum Marktstart nicht einmal einen Achtzylinder und die folgenden Generationen (Foxbody) werden nicht unbedingt als Designikonen in die Geschichte eingehen.
Einen zweiten Frühling erlebte der Mustang 2004, als mit der fünften Generation ein Modell im Retro- Design auf den Markt kommt. Seitdem wird die Form behutsam weiterentwickelt, seit 2015 ist er offiziell im europäischen Programm, Ford musste nur 50 Jahre nachdenken, ob er sich jenseits des großen Teiches verkaufen würde. Und das tut er: Der Mustang ist für Ford das Kultauto schlechthin, der Name ist zur eigenen Wortmarke geworden.




Als das Wünschen noch geholfen hat
MUTPROBE. Er traf den Nerv der Zeit wie kein anderer zuvor und brach alte, muffige Konventionen auf. Der Opel GT war wie ein Zeichen. Mutiger war Opel nie wieder.
Von Christoph Jordan
In den 60ern waren sportliche Autos das Ding schlechthin. Peugeot hatte in jeder Modellreihe ein Coupé, bei Fiat gab’s den Spider und Coupés zum kleinen Tarif, bei Ford die RS-Modelle. Opel war hingegen die blechgewordene Biederkeit, da war der Rallye-Kadett das Höchste der Gefühle. Der Verkaufsdirektor Bob Lutz stellte nüchtern fest: "Opel war zuverlässig, aber nie sportlich." Abhilfe schaffen soll eine neue Designabteilung, die mit Unterstützung der Konzernmutter aus Detroit aufgebaut wird. Designchef Erhard Schnell und sein Team liefern prompt. Auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt steht die Studie Experimental- GT, die sich nur in Nuancen von der Serienversion unterscheidet.
Das Echo vom Publikum und der Medien beim Debüt 1968 ist überwältigend. Niemand hätte sich von dieser kleinbürgerlichen Marke einen so hinreißenden Sportwagen erwartet. Opel traut sich was, Opel bewegt sich, Opel legt den Hut beim Fahren ab. Man muss das Ganze auch im zeitlichen Kontext sehen: die Studentenrevolution von 1968, das Aufbrechen alter, muffiger Konventionen. Der Opel GT war wie ein Zeichen. Die Mär besagt, dass der GT auf der IAA in Frankfurt dichter umdrängt war als der ebenfalls neu vorgestellte Porsche 911 Targa.
DIE STUDENTENREVOLUTION. DAS AUFBRECHEN ALTER, MUFFIGER STRUKTUREN. DER OPEL GT WAR WIE EIN ZEICHEN.
Von der Designstudie zum Serienauto dauert es dann noch drei Jahre, 1968 rollt der erste GT vom Band. Trotz der verwendeten Großserientechnik erweist sich Opel mutig: Durch konsequenten Leichtbau verzichtete man im Gegensatz zur Konkurrenz auf die hinteren Notsitze und auf einen separaten Kofferraum. Wer Gepäck mitführte, dem musste eine von innen zugängliche Ablage genügen – gestört hat das bis heute niemanden. Das Sportcoupé ist schon damals das Ergebnis einer deutsch-französischen Zusammenarbeit und somit ein echter Europäer: Die französischen Karosseriebauer Chausson und Brissoneau & Lotz, bei Opel aufgrund vorangegangener Projekte bekannt, übernehmen die Press- und Schweißarbeiten der Blechteile sowie Lackierung und Innenausstattung, in Deutschland findet die Montage von Fahrwerk und Motor statt.
Der Motor war zugunsten einer besseren Gewichtsverteilung im Gegensatz zum Technikspender Kadett um 30 Zentimeter nach hinten versetzt eingebaut. Auch wenn der Wagen nur 845 Kilo wog – eine rechte Freude mit der 1100er Basismotorisierung und 60 PS hatte kaum jemand. Er verschwand recht rasch aus der Preisliste. Der Großteil der GTs wurde mit dem 1900er aus dem Rekord ausgestattet, der solide 90 PS auf der Kurbelwelle lieferte. Damit lief der GT 185 Stundenkilometer, was verglichen zum damals meistverkauften Auto, dem Käfer, natürlich raketenhaft wirkte. Auch in Amerika startete der GT als "Baby-Corvette" eine tolle Karriere. Ab 1969 wurden unglaubliche 60 Prozent der deutschen Produktion in die Vereinigten Staaten geliefert.
1973 ging die Ära des GT nach 103.463 gebauten Exemplaren recht forsch zu Ende. In diesem Jahr wurde der Französische Staat Mehrheitsaktionär bei Brissoneau & Lotz, was zur Kündigung des Liefervertrages an Opel führte. Die Benzinkrise stand bereits am Horizont, was Sportwagen schlagartig unsexy aussehen ließ.
DER OPEL GT STELLTE IM JAHR 1971 ALS VERSUCHSTRÄGER MIT ELEKTROANTRIEB GLEICH SECHS WELTREKORDE AUF.
Nettes Bonmot am Rande: Der GT stellte 1971 als Versuchsträger mit Elektroantrieb sechs Weltrekorde auf. Georg von Opel unternimmt in alter Familientradition (Fritz von Opel mit dem Raketenauto, 1927) mit einem Prototypen auf dem Hockenheimring Rekordfahrten. Im GT werken statt dem Verbrenner zwei Bosch-Gleichstrommotoren mit einer Dauerleistung von 120 PS, die kurzfristig gar auf 160 PS geschalten werden können. Einen Kilometer fährt der Elektro- GT mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 188,86 km/h. Der Kilometer mit stehendem Start ist mit 115,88 km/h in 31,066 Sekunden abgehakt, weitere Rekorde fallen.
Aus heutiger Sicht originell wirkt die Batterie: Der Akku für den Langstreckenversuch verfügte über 360 Zellen und wog 740 Kilo, also fast so viel wie der GT selbst. Spezielle Reifen von Continental und verstärkte Federn hielten das Gewicht. Allein: Es half nix. Nach 44 Kilometern mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 100 km/h rollt Georg von Opel mit leerem Akku aus. Soll noch einer sagen, in Sachen Batterie wäre in den letzten Jahren nichts weitergegangen.






Aufbruch in neue Zeiten
TECHNOLOGIETRÄGER. Er machte aus dem Biedermann einen Brandstifter. Und aus der Marke für Buchhalter etwas Verwegenes. Davon zehrt die Marke heute noch.
Von Christoph Jordan
Wer hat‘s nun erfunden? Das ist gar nicht so eindimensional zu beantworten. Ja/nein, Schwarz/Weiß , das spielt es in technischen Fragen nicht. Audi gilt als Erfinder des Allradantriebes. Das ist geschichtlich nicht ganz richtig, weil sich schon andere Hersteller vor Audi mit der Idee befassten. Wir müssen den Ingolstädtern aber zugestehen, dass sie den Allradantrieb mehrheitstauglich gemacht haben und einen Kult geschaffen haben, von dem die Marke bis heute zehrt. In der Konsequenz, in der Leidenschaft, in der Umsetzungsenergie war Audi unantastbar. Es war ein beispielloser Transfer von Rennsporttechnologie in die Serie und der Quattro in der Straßenversion war der Botschafter. Rallye-Legenden wie Walter Röhrl und Michèle Mouton staubten das Audi- Image so lange ab, bis es frisch glänzte.
Aber der Reihe nach. Die Legende besagt, dass der damalige Audi-Versuchsleiter Jörg Bensinger 1977 an den damaligen Audi- Entwicklungsvorstand Ferdinand Piëch berichtet habe, dass bei Schneetests in Skandinavien ein allradgetriebener VW Iltis (ein kleines Militärfahrzeug) auf Schnee allen Audis um die Ohren gefahren sei. Er überzeugte Piëch, auf Basis eines Audi 80 einen Prototypen bauen zu dürfen mit einem Fünfzylinder- Turbo und, eben, Allradantrieb. Schon im Frühling 1978 war Bensinger so weit, der 160 PS starke Prototyp wurde dem VW-Vorstand vorgeführt – und erklomm eine Steigung, welche die VW mit Winterreifen und Schneeketten kaum schafften, problemlos. Mit Sommerreifen. Dieses Spielchen mit den Sommerreifen wiederholten die Audi-Entwickler so lange, bis der Vorstand grünes Licht gab – und auch erste Journalisten in den höchsten Tönen schwärmten.
IN DER KONSEQUENZ, IN DER LEIDENSCHAFT, IN DER UMSETZUNGSENERGIE WAR AUDI BEIM PROJEKT QUATTRO UNANTASTBAR.
1980 wurde der Audi quattro dann auf dem Genfer Salon der Öffentlichkeit vorgestellt. Die ersten quattro verfügten über einen 200 PS starken 2,1-Liter-Reihen-Fünfzylinder und den permanenten Vierradantrieb mit mittlerer und hinterer Differenzialsperre. Bis zum Modelljahr 1981 konnte man beide Sperren manuell sowie unabhängig voneinander mit zwei Klauenkupplungen über Seilzüge schalten, und ab dem Baujahr 1982 bis einschließlich Baujahr 1987 konnte man beide oder nur die hintere Sperre manuell elektropneumatisch ein- und ausschalten. Ein irrer technischer Aufwand bis ins letzte Detail, das war das Besondere.
Logisch auch, dass sich mit dieser Antriebsart der Rallyesport schlagartig ändern sollte und den Mythos quattro weiter befeuerte. Die Motorsportpremiere gelingt Franz Wittmann bei der 12. Jänner Rallye im Mühlviertel mit Bravour, er nimmt den Siegerpokal gleich mit nach Hause. Auch den ersten FIA-Titel holt ein Österreicher: Franz Wurz sichert sich 1982 in Buxtehude nach 1974 und 1976 seinen dritten Rallyecross-Europameistertitel. Audi selbst kann sich erst rund einen Monat später bei der RAC-Rallye in Großbritannien die Markenwertung der Rallye- Weltmeisterschaft sichern. Die Fahrerwertung gewinnt ein gewisser Walter Röhrl auf Opel Ascona 400.
EIN IRRER TECHNISCHER AUFWAND, BIS INS LETZTE DETAIL: DAS WAR DAS BESONDERE AM PROJEKT QUATTRO.
Dem Rallyesport haben wir auch den wildesten aller Quattros zu verdanken. Nachdem Audi mit Allradantrieb die Büchse der Pandora geöffnet hatte und Peugeot dank des liberalen "Gruppe B"-Reglements mit dem irrwitzigen 205 Turbo 16 antrat, musste auch bei Audi etwas Schärferes her, der Urquattro war schlicht zu klobig geworden.
Der Sport quattro, oder einfach "der Kurze", sollte es richten. Der Radstand wurde um 32 Zentimeter verkürzt (4,16 Meter Länge), der Wagen breiter (1,79 Meter), wodurch man sich eine höhere Wendigkeit bei gleichzeitig geringerem Gewicht erhoffte. Außerdem gab es mehr Dampf unter der Haube. Der überarbeitete 2,1-Liter-Fünfzylinder kam auf 306 PS und ein maximales Drehmoment von 350 Nm.Der Sport quattro wurde zwischen 1984 und 1985 zum horrenden Preis von fast 200.000 D-Mark angeboten (äquivalent zu drei 911 Carrera!), 220 Stück wurden gebaut.
Im Rallyesport war der umgangssprachlich "S1" genannte Sport quattro so glücklos wie legendär. Michèle Mouton und Walter Röhrl konnten wegen Ausfällen durch Kinderkrankheiten nicht um den Titel mitfahren. Seinen Höhepunkt hatte der Kurze mit dem Langen, wie sie Walter Röhrl nennen. 1987 trieb er beim "Race to the Clouds" das Flügelmonster mit Flammen speiendem Auspuff unter elf Minuten auf den Pikes Peak. Da war die Gruppe B schon längst Geschichte.






Hyper, Hyper, Hpyer!
HYPERCAR. KTM baut das einzige österreichische Auto, den X-Bow GT-XR, in Graz. Ein Hypercar. Charismatischer als alles, was wir in der Liga bisher gefahren sind. Ein Auto wie ein Antidepressivum.
Von Didi Hubmann
Geil! Unfassbar! Wahnsinn! Irre! Abgefahren! Echt phatt! Wir könnten jetzt so weitermachen. Mit einem fröhlichen Potpourri erfrischend herzhafter Reaktionen auf das Erlebnis KTM X-Bow GT-XR. Ein Auto, das viel erzählt, auch über den süßen Racer-Wahnsinn, der die oberösterreichische Motorrad-Weltmarke umgibt. Man baut in Graz das einzige österreichische Auto. Mit dem Turbo eines unerschütterlichen Selbstbewusstseins, einer bruchsicheren Zuversicht, dass eh alles zu packen ist. Man muss nur dran glauben, so einfach kann das Leben sein. Das Auto wirkt wie ein Antidepressivum, selbst mit der Neidgesellschaft scheint es kompatibel. Aha, KTM, made in Austria, ein Supersportwagen mit über 500 PS und knapp über neun Liter Verbrauch im Idealfall. Bitte lächeln, jetzt.
Der spektakuläre KTM X-Bow stellt den Urahn des X-Bow GT-XR. Entstanden aus einer Idee, das Fahr- und Lebensgefühl eines Motorrades auf vier Räder zu transferieren. Brachiales Design à la KTM-Designer Gerald Kiska, extremer Leichtbau, ohne Windschutzscheibe, das Fahren nur mit einem Sturzhelm erlaubt. Walter Röhrl durfte 2007 als einer der Ersten den Urahn fahren. "Es geht immer um wenig Masse, Radstand, Abtrieb und Steifigkeit. Das hat KTM erkannt. Mit diesem Gewicht spielt sich der X-Bow natürlich. Fantastisch, wie präzise das Auto der Lenkung folgt und auf schnelle Richtungsänderungen reagiert."
Das war eben 2007. Dann kam 2009, die Finanzkrise, die Zweifel. KTM-Boss Stefan Pierer "zuckte nicht. Da brauchst du jemanden auf der Eigentümerseite, der hält. Da darfst du nicht feig sein", wie KTM-Vorstandsmitglied Hubert Trunkenpolz es ausdrückt. Das Konzept zu einer erfolgreichen Rennserie rettet die Idee, weil sie das ausdrückte, was die Anhänger des X-Bows längst verinnerlicht hatten. Das gute Stück ist einfach das bessere Auto, nicht unbedingt das schrägere Motorrad.
ZWEIFEL GAB ES. MANCHMAL DACHTE ICH: EINE MISSION IMPOSSIBLE. ABER DU DARFST NICHT FEIG SEIN.
Hubert Trunkenpolz,
KTM
Es ist an der Zeit, sich dem Phänomen X-Bow GT-XR zu nähern. Das elektrisch zu öffnende "Jetfighter Canopy" fährt hoch, eine Kuppel, die den Zugang ins Auto weit öffnet und zu einer anderen Welt als im Ur-XBow. Eine Art Pilotenkanzel liegt vor dem Fahrer, in einem geschlossenen Rennwagen, einem Weltenwanderer zwischen Super- sportwagen und Hypercar. 1130 kg leicht, mit 500 PS im 2,5-Fünfzylinderherzen, samt Turbo als Schrittmacher und einem 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe als Taktgeber. Eine Handvoll Konstrukteure, Designer und Aerodynamiker hat zwei Jahre an dem Konzept gearbeitet. "Zweifel, die gab es", sagt Trunkenpolz, "immer wieder. Manchmal dachte ich, es ist eine Mission Impossible. Da haben sich technische Fragen aufgetürmt, die schwierig zu lösen waren, das hat die Hartnäckigkeit dieser Mannschaft gebraucht. Alleine die Arbeit Cybersecurity, um die Steuergeräte vor Außenangriffen abzuschirmen ..." Gescheitert wäre man aber fast an einem banalen Detail. In komplexen Druckkammertests wird die "Ausdünstung" eines Autos (Sprit, Kunststoffe etc.) geprüft. Dass das Material der Treibstoffleitung zu dünn war, wurde in einem dramatischen Finale geklärt. Das Zeitfenster der Homologierung hatte sich dem Ende zugeneigt.
Bitte Platz nehmen! Enge Jeans, wie ich sie zum Leidwesen meiner Umgebung trage, würde ich nicht empfehlen. Dann steigt man gefahrlos auf die Sitzfläche des Rennsitzes und zieht das zweite Bein nach, gleitet ins Auto, steckt das Lenkrad mit dem fetten Display (das Einzige, was hier fett ist) an und legt los. Startknopf drücken, durchatmen, der kultige Fünfzylinder von Audi eröffnet die Klangwolke, charakteristisch in der Tonalität einer ungeraden Zünd-Reihenfolge, ein bissl röchelnd, dann knurrend, auf alle Fälle im Gänsehautmodus.
EIN AUTO, DAS VIEL ERZÄHLT, AUCH ÜBER DEN SÜSSEN RACER-WAHNSINN, DER KTM UMGIBT.
Es ist kein Geheimnis, dass es die Audi-Ingenieure diebisch freut, was KTM mit tatkräftiger Unterstützung der AVL-Superhirne dem Triebwerk entlockt hat. 500 PS, 581 Newtonmeter Drehmoment, das Kraftdreieck heißt stärker, leichter effizienter, wie ein Credo umhüllt dieses Leitmotiv den ganzen GTXR. Carbon Monocoque, Carbon Außenhaut, 1130 Kilogramm und kein Gramm Fett. Das Auto macht quasi für unsereins die Diät und bringt ein Leistungsgewicht auf die Waage, von dem man nur träumen kann. Walter Röhrl zeigte sich in Sachen Fahrphysik, Handling oder Einlenken beeindruckt. Auch deshalb, weil das geniale Kiska-Design die Flunder in Sachen Aerodynamik an den Asphalt saugt. Air-Curtain, Ground-Effect, alles keine leeren Schlagworte, sondern Systemträger, nach denen das ganze Auto ausgerichtet ist.
Ein Kamerarückspiegelsystem wirft seine Blicke in und auf die Umwelt, weil man quasi auf dem Boden sitzt (Autohöhe 1164 mm), so schwere Extras wie ein Mitteldisplay wurde abgespeckt: Klar, wozu hat man ein Handy, das am Quadklocksystem andockt und mit dem Auto vernetzt?
So schnell der X-Bow GT-XR ist, beim Kauf ist eine Wartezeit einzurechnen. 200 Stück wurden bisher verkauft (500 sollen in der Kleinserie maximal aufgelegt werden), rund 2,5 Stück werden pro Woche in Graz handgefertigt. Eine reine Manufaktur, das Auto wird liebevoll in Handarbeit gebaut. Und man sollte bei den aktuellen Zinsen schon etwas auf der Kante liegen haben: Knapp unter 300.000 Euro ist der Basispreis, die ersten Käufer jazzten den Preis mit diversen Sonderwünschen (Lackierung etc.) aber bis zu rund 400.000 Euro hoch.





Fotos: Porsche, Porsche/Richard Monning Photography, Suzuki, Oliver Wolf, Adobe Stock, Mazda, Hyundai, Land Rover, Škoda, Alpine, Toyota, Philipp Rupprecht, Cupra, Adobe Stock/Ivan Kurmyshov, Adobe Stock/Mike Van Schoonderwalt, Audi, KTM/Joel Kernasenko
Design: Erich Repe, Carina Steinegger, Robert Szekely
Digitale Aufbereitung: Jonas Binder